Alena Marx (23, Kajak) – die Ehrgeizige
Achte im Slalom, Sechste im Cross: Kanutin Alena Marx (23) zeigte im Wildwasserkanal von Vaires-sur-Marne ihre Klasse. Sie fuhr technisch stark, aggressiv und liess sich auch vor 15’000 Zuschauern nicht nervös machen. «Als ich vor einigen Wochen nach Paris reiste, hatte ich Angst», verriet sie danach. Angst wovor? «Dass ich in den entscheidenden Momenten mental nicht parat sein würde.» Diese Zweifel sind ausgeräumt. Einen geeigneten Wildwasserkanal fürs Training hat Marx in der Schweiz übrigens nicht, sie übt meistens im Elsass. Im Winter gehts nach Neuseeland. Und in Los Angeles? Da will sie als Favoritin an den Start gehen.
Noemi Rüegg (23, Rad Strasse) – die Lottosechserin
Vor dem Strassenrennen der Frauen prophezeiten nicht wenige ein Schweizer Desaster. Schliesslich war Marlen Reusser (32), die designierte Teamleaderin, krank daheimgeblieben. Und als dann Elise Chabbey (31) unverschuldet stürzte, drohte in Paris ein Waterloo. Doch Noemi Rüegg zeigte sich unbeeindruckt, hielt lange mit der Spitze mit und nahm in den Rampen hinauf zum Sacré-Coeur ihr Herz in die Hand. Am Ende wurde es Platz 7. Keine Frage: Der Transfer von Jumbo-Visma zu EF Education vor der Saison war ein Lottosechser. «Ich konnte endlich zeigen, wie stark ich bin», so Rüegg. In vier Jahren wird die Zürcherin im besten Radfahrerinnen-Alter sein.
Mehr zu den Olympia-Hoffnungen
Annik Kälin (24, Siebenkampf) – die Kämpferische
Sie hat in Paris ein Versprechen abgegeben. In sportlicher Hinsicht, ganz klar, aber auch verbal. Nach ihrem starken vierten Rang mit neuem Schweizer Punkterekord (6639 Zähler) meinte sie kämpferisch: «Ich kann noch mehr. Ich bin noch nicht fertig.» Es ist eine klare Ansage in Richtung Los Angeles 2028. Angekommen an der Weltspitze ist sie ohnehin längst. Ihre beeindruckenden (Best-)Leistungen im Stade de France haben aber gezeigt: Legt die Prättigauerin noch ein Schippchen drauf, muss sich die Konkurrenz ganz warm anziehen.
Ditaji Kambundji (22, Hürdenlauf) – die Sprungbereite
Schweizweit ist sie über 100 m Hürden unangefochten, international hat sie mit EM-Bronze in München 2022 und EM-Silber in Rom 2024 auch bewiesen, dass sie auf dem Sprung zum ganz grossen Coup ist. An den Sommerspielen in Paris wurde ihr zum Verhängnis, dass sie sich in den letzten Wochen vor dem Olympia-Start mit Oberschenkelproblemen herumschlagen musste – und ihr die «schnellen Rennen», sprich die Wettkampfpraxis, fehlte. Ditaji Kambundji zahlte in Paris Lehrgeld, schied im Halbfinal aus. Im Wissen aber, dass sie schon jetzt das Zeug gehabt hätte, bei den Allerbesten im Final mitzulaufen. In vier Jahren wird die Bernerin 26 sein – und sportlich in ihrer Blüte stehen.
5, Antonio Djakovic (21, Schwimmen) – der Jetzt-erst-recht-Typ
Der Hochtalentierte vom Schwimm Club Uster hat enttäuschende Spiele hinter sich. Als Doppel-Vize-Europameister, der auch schon eine WM-Bronzemedaille gewonnen hat, ist er in Paris sowohl über 400 Meter Freistil als auch über 200 Meter weit unter seinen Möglichkeiten geblieben. Aber der Thurgauer ist erst 21. Er weiss jetzt, dass Olympia nicht mit EM und WM vergleichbar sind. Der Druck und die mediale Beachtung sind viel grösser. Manchmal braucht es einen Knacks, einen Rückschlag in der Karriere, um neuen Anlauf zu holen. Djakovic hat erstens das Talent, um in vier Jahren in LA um die Top-Plätze mitzuschwingen und zweitens den Willen, diesen schmerzvollen, trainingsintensiven Weg zu gehen. Er wird seine Lehren aus Paris ziehen, sich neue Ziele setzen und den Fokus neu ausrichten.