Es sind die vielleicht härtesten Meter, die Noemi Rüegg (23) in ihrer noch jungen Karriere zurücklegen muss. Beim Aufstieg zum Cote de la butte Montmartre weiss sie: «Will ich eine Medaille holen, muss ich jetzt dranbleiben!» Sie ist in einer Verfolgergruppe hinter der Spitze und nur noch zehn Kilometer fehlen bis ins Ziel.
Die Zürcherin leidet, kämpft, atmet schwer – und verliert den Kontakt. «Es war brutal hart, ich war in den Sternen und konnte mich im Moment nicht mehr richtig konzentrieren. Ich war am Träumen.» Rüegg korrigiert sich sofort: «Nicht am Träumen, es war etwas anderes. Ich konnte dem Druck von mir selber nicht mehr standhalten.» Beine und Kopf, beide sind komplett am Anschlag.
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Immerhin: Rüegg fängt sich nach der Kuppe wieder und wird am Ende starke Siebte. Keine Frage: Die nur 1,58 m grosse Zürcherin ist bei Olympia eine der ganz Grossen. «So ein verrücktes Rennen habe ich noch nie erlebt. Es war so laut, dass ich nicht mal mehr meine Atmung hörte.»
Erst seit zweieinhalb Jahren ist Rüegg Profi. Zu Beginn zweifelte sie, ob sie überhaupt gut genug sei für die World Tour. Erst der Teamwechsel von Jumbo zu EF brachte die Wende. «Ich konnte endlich zeigen, wie stark ich bin.»
Gold-Frau wäre gar nicht dabei gewesen
Und sonst? Elise Chabbey (31), die Schweizer Leaderin, kommt unverschuldet zu Fall. «Das nervt, aber es ist halt so», sagt die Genferin.
Gold geht an Rüeggs World-Tour-Teamkollegin Kristen Faulkner (31, USA): Die Frau aus Alaska schlägt eiskalt zu, als andere sich belauern. Dabei wäre sie um ein Haar gar nicht bei Olympia dabei gewesen! Nur weil Taylor Knibb (26, USA) sich gegen das Strassenrennen und für den Paris-Triathlon entschied, rückte Faulkner nach. Ein goldener Entscheid.