Paris und Alena Marx (23), das ist eine spezielle Beziehung. Als Mädchen, Marx war gerade einmal acht Jahre alt, lernte sie die Stadt an der Seine mit ihrer Familie kennen. Damals träumte sie nicht einmal davon, Spitzensportlerin zu werden und schon gar nicht bei Olympischen Spielen anzutreten.
«Unsere Eltern sind Lehrer und haben uns damals für eine dreimonatige Reise mit einem umgebauten VW-Bus aus der Schule genommen. Es war eine tolle Zeit.» Der Marx-Trip führte quer durch Frankreich über Spanien nach Marokko. Alena planschte gerne im Meer, paddelte auch immer wieder in Kanus. «Aber gepackt hat mich der Sport erst später, als Teenager.»
Auf 276 Metern blickt Marx zurück
Alenas Bruder Dimitri (25) ist beim Eiffelturm-Besuch auch dabei. Er ist ebenfalls Kajak-Fahrer und im Wildwasserkanal die Weltnummer 2. Er schaffte die Quali für Paris hauchdünn nicht, fieberte aber mit seiner Schwester mit und gab ihr wertvolle Tipps. «Ich bin sehr stolz auf Alena», sagt er.
Zurecht, fuhr seine Schwester doch bei ihren zweiten Sommerspielen im Kajak-Cross gleich auf Rang 6. Die Tränen wegen der verpassten Medaille trockneten rasch. «Wir hatten danach einen schönen Abend mit der Familie, gingen essen», erzählt Alena und lässt aus 276 Metern über dem Boden ihren Blick über Paris schweifen.
Sie führt aus: «Als ich vor einigen Wochen nach Paris reiste, hatte ich Angst», sagt sie. Wovor? «Dass ich in den entscheidenden Momenten mental nicht parat sein würde. Ich war nervös, habe es aber geschafft, alles zu geniessen und meine beste Leistung zu zeigen.»
Dazu muss man wissen: Wer wie die Marx-Geschwister als Profi im Wildwasserkanal unterwegs ist, fährt mit Ausnahme von Weltmeisterschaften vor einigen hundert Zuschauern – die meisten sind Freunde, Angehörige oder Betreuer. Am vergangenen Montag füllten dagegen 15'000 Zuschauer die riesigen Freiluft-Tribünen – eine ganz neue Erfahrung. «Es war genial, ich hatte Gänsehaut», so Alena.
2028 will sie Favoritin sein
Zurück auf den Eiffelturm. Wir fahren runter und machen Halt auf der zweiten Etage, wo es etwas mehr Platz gibt. Aber nicht für Alena! Sie wird von US-Touristen belagert und ausgefragt. «Normalerweise lebe ich sehr anonym. Es ist schön, wenn sich zwischendurch Menschen für das interessieren, was ich mache.» Es folgen unzählige Fotos – mehrmals lächeln, bitte!
Kurz darauf lassen wir das Zehntausend-Tonnen-Ungetüm endgültig hinter uns. Mit festem Boden unter den Füssen verraten Alena und Dimitri, dass sie mindestens bis Los Angeles 2028 weitermachen wollen. «Dann bin ich hoffentlich so gut, dass ich nicht mehr als Aussenseiterin, sondern als eine der Favoritinnen an den Start gehen werde», so Alena.
Wetten, dass man künftig noch viel von den Marx-Geschwistern hören wird?