Fabio Leimer (31) zieht diesen Monat um – irgendwann beim Zügeln wird er einen exklusiven Gegenstand verpacken: den Pokal für den GP2-Meistertitel von 2013. Die GP2 ist die Vorgänger-Meisterschaft der heutigen Formel 2, das Sprungbrett für die künftigen Formel-1-Stars.
Zuletzt schaffte es Mick Schumacher als Formel-2-Meister in die Königsklasse. Leimer war genauso wie Schumacher Champion. Doch der Aargauer kam über den grössten Erfolg seiner Karriere nicht hinaus, derweil Schumi mit viel demnächst in der Königsklasse debütiert.
Um Leimer ist es ruhig geworden. «Meine Karriere ist beendet», sagt er. Er fährt zwar keinen Träumen mehr hinterher, aber dem Motorsport ist er treu geblieben. Leimer arbeitet als Teamchef in Altishofen LU beim Kartteam von Daniel Meier. Dort schraubt er in der Werkstatt an den kleinen Boliden, er betreut die Team-Piloten und gibt Anfängern Fahrkurse. Und er sitzt im Büro und erledigt den Papierkram.
Sponsor finanzierte Karriere mit 20 Mio.
Leimer sagt offen: «Ich bereue nichts. Es ist sehr schön, dass hier meine Arbeit geschätzt wird und ich auch noch einen Lohn dafür bekomme.»
Damit spricht er das Dilemma der meisten Rennfahrer an – das grosse Geld verdient man nicht selber, man muss es hinblättern. «Es dreht sich alles ums Geld. Für die Arbeit, die man leistet, interessiert sich kaum jemand», sagt er. Sein langjähriger Sponsor Ray Gantenbein (Firma «Bautro») bezahlte jahrelang diversen Nachwuchsteams rund 20 Millionen Franken, um ihn starten zu lassen.
«Mit 26, 27 Jahren stand ich da wie ein 20-Jähriger, der aus der Lehre kommt», sagt Leimer. «Da entschied ich: Es bringt nichts, weiter irgendwo zu fahren und habe aufgehört.»
Doch sein Einstieg ins normale Berufsleben verläuft holprig. Er arbeitet zunächst in einem Tourenwagen-Rennteam aus Wallisellen ZH als KV-Kraft im Büro und als Rennfahrer, pendelt täglich durch den Gubrist. Aber nur ein Jahr. «Mich hats komplett zusammengelegt, ich hatte ein Burnout», sagt Leimer offen. Der Aargauer krempelt sein Leben um. Er findet seine heutige Stelle, kann wieder mehr schrauben als am PC sitzen und schätzt die familiäre Atmosphäre im Kartteam von Ex-Sauber-Mechaniker Meier.
Leimer ist mit sich im Reinen. Heute kann er entspannt über die vielen gescheiterten Versuche reden, seine Karriere voranzubringen. Nach seinem GP2-Triumph hatte er Kontakt zu den F1-Teams von Manor-Marussia, Sauber, Renault und Williams. Bei Manor ist Leimer 2015 dritter Pilot, steht kurz vor einem GP-Einsatz, ehe das Team plötzlich auf Alexander Rossi setzt.
Immer wieder der Geld-Frust
Bei Williams liegt ein Plan vor, eine Saison Freitagsfahrer an den GPs zu sein und das Jahr drauf Felipe Massa als Stammpilot zu ersetzen. Kostenpunkt: 35 Mio. Euro. «Die erste Frage war immer: Wieviel Geld bringt ihr mit? Das war frustrierend.» Bei Sauber blitzt Leimer-Sponsor Bautro mit 10 Millionen ab, die Hinwiler wollen das Doppelte.
Irgendwann schliesst die Tür zur Formel 1 still und leise. Leimer fährt in Le Mans, probiert die Formel E aus, redet in den USA über ein Indycar-Cockpit und steht in Japan vor dem Einstieg in die F2-ähnliche Super Formula. Meistens scheitert er am Geld. 2017 gewinnt er den letzten Titel: Leimer wird Weltmeister der Ferrari Challenge. Zuletzt ist er Teil eines Tourenwagen-Projekts, er fährt auf der Nordschleife erste Rennen. Doch bald zieht er sich zurück. «Ich hatte Motivationsschwierigkeiten», sagt er ehrlich.
Zum Spass Schweizer Kart-Meister
So richtig passte es nirgends mehr. Bei den Langstrecken-Rennen empfand er es als zermürbend, das Auto mit zwei Piloten zu teilen, die eine andere Abstimmung bevorzugen. Bei den Tourenwagen hatte er als Ex-Formel-Fahrer keinen Namen, so dass trotz starken Rundenzeiten wieder Mitgift verlangt wurde. Aber sein Sponsor Bautro hatte sich zurückgezogen, als der gemeinsame F1-Traum geplatzt war.
Also machte Leimer Schluss. Und fand sein neues Glück in der Werkstatt vom Kartteam Meier, für das er 2016 nach seinem F1-Frust ein spontanes Gastspiel als Pilot gab – und Kart-Schweizermeister wurde.