Es fing mit einem Treffen mit Kindheits-Idol an
Veredelt Kambundji ihre vier Olympia-Episoden?

Jetzt steigt Mujinga Kambundji (32) in Paris ins Olympia-Rennen. Am Freitag gehts mit den Vorläufen über 100 m los. Auf die Bernerin werden im Stade de France die Augen gerichtet sein. Das war 2012, bei ihren Anfängen, noch ganz anders. Für Blick geht sie auf Zeitreise.
Publiziert: 02.08.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 03.08.2024 um 21:31 Uhr
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Mujinga Kambundji blickt als renommierte Athletin auf ihre vierten Olympischen Spiele.
Foto: keystone-sda.ch
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Simon StrimerReporter & Redaktor Sport

Als Sprint-Königin von Europa nach Paris! Mujinga Kambundji (32) tritt als ganz grosse Nummer auf die olympische Bühne. Über 200 m holte sie im Juni an der EM in Rom Gold. Über 100 m wurde sie im Final zwar achte. Doch in dieser Disziplin führt sie nach ihrer neusten Top-Zeit die aktuelle Bestenliste des Kontinents an.

Den Status der Sprint-Königin hat sie sich über viele Jahre erarbeitet. Vor zwölf Jahren, als ihre olympische Reise beginnt, sieht das noch anders aus. Kambundji reist als internationaler Nobody nach London. Weil es für die Einzelwettkämpfe noch nicht ganz reicht, startet die damals 20-Jährige einzig in der Staffel. Dafür bleibt ein Treffen mit ihrem Idol in bester Erinnerung. Im Gespräch mit Blick geht Kambundji auf Zeitreise durch ihre vier olympischen Episoden.

London 2012 – Plötzlich steht das Idol da

Foto: KEY

«Im olympischen Dorf habe ich Allyson Felix (38) getroffen», blickt Kambundji zurück. Das bedeutet der jungen Bernerin damals enorm viel. War die mittlerweile zurückgetretene US-Sprinterin ihr Idol? «Ja, auf jeden Fall», sagt Kambundji über die dreifache London-Olympiasiegerin (einmal Einzel, zweimal Staffel). «Sie hat eine unglaubliche Karriere gemacht und war immer sympathisch. Durch die Art, wie sie sich stets gab, war sie ein grosses Vorbild.»

«Das waren mitunter die besten Spiele», erzählt Kambundji. «Das ganze Dorf, die Organisation, das Stadion, die Stimmung – wirklich krass.» Mit der Staffel scheidet die damals 20-Jährige im Vorlauf aus. «Und dann hatten wir noch zwei Tage, um uns umzusehen. Und die Schlussfeier, was ebenfalls eine sehr schöne Erinnerung war.»

Rio 2016 – Familiensache

Foto: Sven Thomann/Blicksport

«Am meisten herausgestochen ist in Rio, dass die ganze Familie mitgekommen ist. Das waren sicher 13 Leute, Familie, Freunde, Tante.» Blick fotografiert den Kambundji-Clan auf der berühmten Treppe «Escadaria Selaron». Mittendrin: die jüngste Schwester, Ditaji Kambundji, damals 14 Jahre alt und Zuschauerin. Jetzt rennt die 22-Jährige in Paris über 100 m Hürden selber um eine Medaille.

«Sportlich waren die beiden Halbfinal-Qualifikationen über 100 m und 200 m eine gute Leistung, aber kein grosser Ausweis.» Die Familie in Brasilien dabei zu haben und viel vom olympischen Geist mitzubekommen, imponiert Kambundji mehr. «Wir reisten für die Eröffnungsfeier hin, obwohl wir erst in der zweiten Woche an der Reihe waren – auch für das Akklimatisieren.» Sie sieht beispielsweise den Fechtern zu und besucht oft den Aufenthaltsraum im Schweizer Haus.

Tokio 2021 – Drei Finals

Foto: Anadolu Agency via Getty Images

Es passiert etwas, das in der Schweizer Leichtathletik eigentlich unvorstellbar war: Zwei Schweizerinnen starten im olympischen 100-m-Final. Neben Kambundji auch Ajla Del Ponte (28). Die Bernerin wird Sechste, die Tessinerin reiht sich direkt davor ein.

Auch über 200 m läuft Kambundji dank zweimaligem Egalisieren des Schweizer Rekords in den Final, wo sie Siebte wird. «Es fällt mir nun leichter, einen Vorlauf zu gewinnen und locker laufen zu können. Das war vor zwei Jahren nicht so. Mittlerweile werde ich von den Spitzenläuferinnen als Konkurrenz wahrgenommen», sagt sie damals in Japan zu Blick.

Den dritten Final-Auftritt hat sie mit der Staffel. Fast gelingt der Medaillen-Coup. Die Schweizerinnen werden Vierte. Ein Spektakel. Nur schade, dass da wegen der immer noch strengen Corona-Massahmen kein Publikum ist. «Das wäre sicher speziell geworden», sagt Kambundji jetzt. «Ich war zuvor zwar noch nie in Tokio an einem Wettkampf, aber man merkt es von der Art und Weise, wie gut sie es organisieren.»

So bleibt von Tokio das Sportliche. Und dass Kambundji als Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier, zusammen mit Fechter Max Heinzer, im Vordergrund steht. «Eine mega Ehre», meint sie.

Paris 2024 – Krönung?

Foto: AFP

Als Europas Sprint-Königin reist Kambundji nun also nach Paris. «Dieses Mal freue ich mich, dass es wieder etwas normaler ist», sagt sie. Ohne die vielen Schutzmassnahmen. Aber was heisst schon «normal». 77'000 Plätze fasst das Stade de France, die neue Leichtathletikbahn erstrahlt in Violett. Ein Spektakel steht vor der Tür.

Im Einzelwettkampf startet Kambundji über 100 m und 200 m. Sie will bei beiden Disziplinen glänzen. «Einen Hauptfokus habe ich nicht», sagte sie vor ihrer Hauptprobe Mitte Juli in Luzern. Zuversicht gibt Kambundji die neue Top-Zeit über 100 m, die sie kurz davor in La Chaux-de-Fonds aufgestellt hat und die sie zur aktuell schnellsten Europäerin macht: 10,90 s, nur ein Hundertstel über ihrem Schweizer Rekord.

Diese Top-Zeit liefen sie und Salomé Kora (die Ostschweizerin ist mit 10,95 die zweitschnellste Europäerin!) unter den günstigen, regulären Bedingungen in der Neuenburger Uhrenstadt (schnelle Bahn, 1,4 m/s Rückenwind, Höhenlage).

Auch ohne die Hilfe solcher Faktoren will Kambundji auf der grossen Bühne einen draufsetzen. Eine neue Bestleistung in Paris? «Das ist auf jeden Fall das Ziel. Es ist realistisch. Aber das heisst noch nicht, dass es klappt.» Es würde ihre vierteilige Olympia-Geschichte veredeln und sie – wer weiss – in der versammelten Weltelite vielleicht weit nach vorne tragen.

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