«Man hat ein Ungeheuer erschaffen, das Fifa heisst»
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Blick-Sportchefin Buchli:«Man hat ein Ungeheuer erschaffen, das Fifa heisst»

Kommentar zum Captainbändeli-Gate
NO LOVE für die Fifa

Keine «One Love»-Bändeli bei der WM in Katar. Ein weiteres düsteres Kapitel Fifa-Geschichte, findet Steffi Buchli, die Sportchefin der Blick-Gruppe.
Publiziert: 21.11.2022 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 22.11.2022 um 13:30 Uhr
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Diese Captainbinde sorgt aktuell in Katar und weltweit für Diskussionen.
Foto: imago/Bildbyran
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Steffi BuchliChief Content Officer Blick

Es ist absurd. Es ist beschämend. Es ist der Gipfel einer Verbandsallmachtsfantasie: Die Fifa erklärt «One Love» zu einem politischen Statement, das sanktioniert wird. Das ist kein Akt der Stärke. Im Gegenteil. Der Fussball-Weltverband kuscht damit abermals vor Katar.

Da war dieses Bierverbot aus dem Nichts. Und nun, wenige Tage später, geht es um eine harmlose Captainbinde, die an sich schon ein Kompromiss ist: Sie ist nämlich nicht regenbogenfarben, das wäre zu viel des Guten gewesen für Gastgeber Katar, wo Liebe eben unfrei ist.

Es ist ein Herz in irgendwelchen Farben, das ein Statement Europas für Toleranz und freie Liebe hätte sein sollen. Harmlos unpolitisch. Das Tragen dieses Armbands wäre ein kleines, schüchternes Räuspern gewesen in Richtung Fifa, die diese WM nach Katar vergeben hat.

Nun ist es schon vor Anpfiff abgewürgt worden. Weil die Fifa einmal kurz den Bizeps angespannt hat. Sie hat den Teams «harte Sanktionen» angedroht. Eine Gelbe Karte? Man weiss es nicht genau. Die europäischen Verbände, Schweiz inklusive, sind frustriert eingeknickt. Sie laufen kleinlaut mit der offiziellen Captainbinde auf und wünschen sich die freie Liebe vom «Christchindli».

Fifa wurde zum Ungeheuer

Ist das schwach? Ist das enttäuschend? Ist das überraschend? Ja und nein. Vor allem zeigt es uns die Realität auf: Die Fussballwelt kuscht vor der Fifa und die Fifa wiederum vor Katar. Die Fifa ist über die letzten Jahrzehnte zu einem immer grösser werdenden Ungeheuer geworden. Milliardenschwer und gnadenlos.

Die Fifa kuscht erneut vor Katar
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«One Love»-Binde verboten:Die Fifa kuscht erneut vor Katar

Es geht schon lange nicht mehr um unser aller «Füessball». Es geht um viel mehr. Um ein gefährlich eng gewebtes Netz von Macht, Geld und Weltpolitik. Ein Stoff-Bändeli, auf dem «One Love» draufsteht, sollte, wenn wir über die Fifa sprechen, unser kleinstes Problem sein.

An der Spitze der Fifa steht mit Gianni Infantino ein Präsident, der sich bisweilen «behindert» und «homosexuell» fühlt. Dies hat er am Wochenende der Welt erzählt und damit Millionen Menschen vor den Kopf gestossen. Der Walliser ist untragbar geworden.

Das System Fifa ist ausser Kontrolle geraten, das haben die letzten Tage eindrücklich gezeigt. In Katar ist das Ungeheuer von der Leine. Fifa ist Politik. In der Politik, zumindest der demokratischen, kann man wählen. Zum Beispiel einen neuen Präsidenten. Es wäre ein erster Schritt auf einem mühsamen Weg zurück zur Vernunft.

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