Der Mann gilt als Instanz. Mark Pieth (67), der Basler Strafrechtsprofessor, ist so etwas wie der Liebling der Journalisten. Wer Pieth anruft, der bekommt Klartext – und offene Angriffe.
Ein paar Beispiele aus den letzten Wochen:
- Im «Tages-Anzeiger» über Michael Lauber: «Meine Sorge ist, dass Lauber weiter den Zugang zum Haus hat und seine Gehilfen die Macht übernehmen.»
- In «20 Minuten» über die Gerichtskommission: «Die Gerichtskommission hat ängstlich gehandelt, und Präsident Andrea Caroni (FDP-Ständerat, die Red.) ist alles andere als über alle Zweifel erhaben.»
- In der «Schweiz am Wochenende» über das Bundesstrafgericht: «Wir haben am Bundesstrafgericht einen Alltag von Mobbing und Sexismus. Und wir haben die Aufsicht über das Bundesstrafgericht, die selber nicht funktioniert und im gleichen Spital krank ist.»
- In der «NZZ» über Amerika: «Da muss man aufpassen – grundsätzlich halte ich nicht viel von der US-Justiz.»
- In der «Süddeutschen»: «Lauber und Infantino haben sich aneinandergekettet wie Wärter und Sträfling beim Gefangenentransport.»
- Im «Walliser Boten» über Gianni Infantinos Freund Rinaldo Arnold: «Die Walliserinnen und Walliser sollten sich überlegen, ob sie Oberstaatsanwalt Arnold nicht suspendieren lassen wollen.»
Pieth ist gefragt in der Medienszene. Auch, weil der Strafrechtsprofessor und Korruptions-Experte fast zwei Jahre lang für die Fifa arbeitete. Von 2011 bis 2013 ist er Vorsitzender der Fifa-Reformkommission (IGC) mit der Aufgabe, dem Weltverband zu mehr Glaubwürdigkeit zu verhelfen. Er übernimmt diese Aufgabe mit seinem Basel Institute on Governance, das sich auf seiner Webseite «independent not-for-profit competence center», also unabhängiges und gemeinnütziges Kompetenzzentrum, nennt.
Die Krux mit der Unabhängigkeit
SonntagsBlick enthüllt nun, welche Beträge die damalige Fifa-Führung um Sepp Blatter an Pieth und sein Unternehmen überwies. So rechnete Mark Pieth einen Stundenansatz von 650 Franken ab. Für einen Tag Arbeit wurden 5000 Franken fällig – auch für alle anderen Mitglieder seiner Reformkommission (IGC). Das Ergebnis: Pieth allein hat von der Fifa 214'380 Franken erhalten. Sein gemeinnütziges Institut bekam von der Fifa zwischen 2012 und 2014 rund 2,5 Millionen Franken. Die genaue Zahl: 2'487'908.82 Franken.
Gebracht hats wenig: Pieth sagte im Oktober 2013, man habe nun «unabhängige Strukturen gepflanzt, die funktionieren können». 18 Monate nach dieser Aussage ist es zu den Verhaftungen im Baur au Lac gekommen. Und Sylvia Schenk von Transparency International zählte Mark Pieth schon in der Vergangenheit an: «Alle Mitglieder der Kommission sollen unabhängig sein. Sie können nicht unabhängig sein, wenn sie von der Fifa bezahlt werden.»
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Auch Pieths Mitarbeiter Damien Heller (500 Franken pro Stunde) wird in den Rechnungen immer wieder genannt, mit Details wie «Dinner mit IGC (Independent Governance Committee)» oder «Publizieren von IGC-Dokumenten auf der Institut-Webseite». Auch Gespräche mit Journalisten finden immer wieder Eingang in die Rechnungen, Medium und Namen der Reporter werden genau aufgelistet.
Kostenpunkt für Meetings: 200'000 Franken
Zu sehen ist in den Papieren auch, dass jedes Mitglied der Reformkommission (IGC) 5000 Franken pro Tag kassierte, plus Reisespesen in der Business-Klasse (8000 Franken pro Flug). Insgesamt hat jedes Meeting so in etwa 200'000 Franken gekostet.
So ist einer Rechnung für drei IGC-Meetings zu entnehmen: 13 Mitglieder, 6 volle Tage in Zürich, 2 Tage Vorbereitung. 520'000 Franken Meeting-Zulagen. 120'000 Franken Reisekosten. 45'000 Franken Unterkunft. 9000 Franken Essen. «Lieber Markus, für die Überweisung von 694'000 Franken bedanken wir uns», schreibt Heller an Markus Kattner, den damaligen Fifa-Finanzchef.
SonntagsBlick fragt Pieth: Ihre Organisation hat von der Fifa rund 2,5 Millionen Franken bekommen, Sie über 214'000 Franken. Wie passt das zusammen mit «independent not-to-profit competence center»?
Was bleibt, ist Papier
Er schreibt aus den Ferien: «Ich habe hier in Spanien den Zugriff auf die Akten zwar nicht, allerdings sind Sie hier von der Fifa (böswillig?) falsch informiert worden: Ich selbst habe als Lohn gar kein Geld genommen. Für meine persönliche Zeit habe ich ein Entgelt in die Unikasse entrichtet. Das Basel Institute hat den Sekretär und die Medienexpertin unserer Kommission bezahlen müssen. Einen Gewinn hat es mit der Fifa-Reform nicht gemacht.»
Und weiter: «‹Not-for-profit› heisst aber nicht, dass man einer reichen Sportorganisation Geschenke macht. Was Sie in Ihrer Frage als ‹Ihre Organisation› bezeichnen, umfasst die gesamte Expertenkommission, d.h. Personen aus verschiedenen Weltgegenden, und enthält neben deren Salär auch Reisespesen etc. Da kommen gesamthaft grössere Unkosten zusammen.»
So oder so: Die Fifa gab aus heutiger Sicht 2,5 Millionen Franken für nichts aus. Denn auch Pieth sagt: «Leider ist von den Reformbemühungen nur noch die Papierform übrig.»