Es ist ein wunderschöner Tag im Wallis. Ob Diego Armando Maradona oder Ronaldo, alle kommen im Juli 2017 nach Brig, wegen Gianni Infantino. Ein Mann, verschwitzt, spielt sich rund um den Apéro der Stars mächtig auf. Wie ein Sheriff weist er im Kasernenton die Leute zurecht, packt auch mal Journalisten am Ärmel, um sie wegzuweisen.
Der verkappte Sicherheitsmann ist Rinaldo Arnold (45), schwer als Walliser Staatsanwalt zu erkennen. Leichter zu sehen: Der Mann fühlt sich wichtig. Und er spielt nun die zentrale Rolle bei der Strafanzeige gegen Fifa-Präsident Gianni Infantino (50).
Amtsmissbrauch, Verletzung des Amtsgeheimnisses, Begünstigung und die Anstiftung zu diesen Straftaten, so ist es formuliert.
Alles beginnt in Brig. Infantino und Arnold sind schon als Kinder Fussballfans und dem FC Brig verbunden. Sie studieren beide Jura und bleiben Freunde. Sie tauschen sich aus und als Infantino Fifa-Präsident ist, organisiert Arnold die Treffen mit Lauber über einen weiteren Walliser: André Marty, der die Medienstelle der Bundesanwaltschaft leitet.
Infantino danach im SonntagsBlick: «Rinaldo konnte einen Kontakt herstellen, da ich vorher nie mit Herrn Lauber zu tun hatte. Wir sind heute eine offene Organisation, verstehen uns als Teil der Schweizer Gesellschaft, der Austausch mit den Behörden ist elementar und mir ein persönliches Anliegen.»
Gut möglich, dass Infantinos nicht suspendiert wird
Diese Meinung besteht bei der Fifa bis heute, wie sie im Communiqué abends noch mal betont. Und doch war es Infantinos grösster Fehler, dass er seinen Freund mitgenommen hatte. Denn als Fifa-Boss hätte er auch ohne Arnold einen Termin bei Lauber bekommen. «Rinaldo ist ein Super-Amigo, er ist ein Jugendfreund von mir aus Brig. Und dazu ist er als Präsident vom FC Brig-Glis auch ‹mein› Präsident», begründete er.
Naiv war auch, dass er Arnold Tickets für die WM 2018 gab. Arnold sagt, die Reisen selbst bezahlt zu haben. Infantinos Begründung: «Rinaldo ist der Präsident ‹meines› Fussballklubs. Dieses Amt übt er mit Leidenschaft aus. Er arbeitet hart in diesem Freiwilligenamt. Ich bin stolz auf die Arbeit, die geleistet wird für Jugendliche in meiner Heimatstadt. Deshalb habe ich ihn mit Freude eingeladen als einen Jugendfreund von mir, als Vertreter der Freiwilligenarbeit im Fussball und sicherlich nicht als Staatsanwalt – in dieser Funktion hatte er zu keinem Zeitpunkt mit der Fifa oder mit mir als Fifa-Präsident zu tun.»
Infantino lässt sich am Abend in einem Fifa-Communiqué zitieren: «Die Treffen mit dem Bundesanwalt sollten zur lückenlosen Aufklärung beitragen. Zum damaligen Zeitpunkt waren über zwanzig Verfahren gegen ehemalige Fifa-Mitglieder anhängig.» Und weiter: «Ein Treffen mit dem Bundesanwalt der Schweiz ist völlig legitim und völlig legal. Es ist keine Verletzung von irgendetwas. Im Gegenteil, es gehört auch zu den treuhänderischen Pflichten des Fifa-Präsidenten.»
Ob dies die Justiz überzeugt? In der Fifa wird sich die Ethikkommission mit dem Fall beschäftigen. Erst die ermittelnde, dann die richterliche Kammer. Einen Passus in den Statuten, von dem verschiedene Medien berichten, wonach Infantino wegen der Ermittlungen automatisch suspendiert werden muss, gibt es so nicht. Nur die Möglichkeit ist gegeben. So ist es auch gut möglich, dass der Fifa-Präsident nicht suspendiert wird – ausser er wird am Ende schuldig gesprochen.