Sion ist zurück im Oberhaus – eine Ode an CC
Der Teufel trägt Prada – oder auch mal Armani

«The Devil Wears Prada». Ja, aber ist er ein Teufel? Und trägt er wirklich Prada? Gäbe es diesen fantastischen Filmtitel aus dem Jahr 2006 nicht – man hätte ihn für Christian Constantin erfinden müssen.
Publiziert: 21.07.2024 um 11:01 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2024 um 17:12 Uhr
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Die Bierdusche zum Aufstieg am 20. Mai nach dem Sieg gegen Schaffhausen.
Foto: keystone-sda.ch
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Alain KunzReporter Fussball

Ist er nicht ein kleines Teufelchen, manchmal? Ein bisschen maliziös, hie und da? Oder sogar mehr? Wirklich teuflisch nervig? Ist er.

Und trägt er Prada? Nun, es muss nicht Prada sein. Es muss auch nicht Armani sein. Nicht Gucci. Nicht Versace. Aber ganz sicher eines dieser italienischen Toplabels. 

Und nun ist dieser kleine Teufel, der im realen Leben alles andere als klein ist, 1,84 Meter gross. Logisch, als ehemaliger zweitklassiger Fussball-Goalie. Imposant. Massig. Betritt er einen Raum, nimmt man ihn wahr. Ob man will oder nicht.

Fertig Landpartien

Jetzt ist er also zurück im Grossraum Super League. Nach einem Jahr Läuterung im Fegefeuer der Challenge League. Fertig die Landpartien in Baden, Nyon oder Wil. Es geht wieder nach Zürich, Genf und Bern. Es sei aber, versichert er, im Unterhaus alles andere als schlimm gewesen. Er habe die Zeit sogar genossen. Einmal neue Stadien zu sehen, das habe gutgetan.

Tempi passati. Jetzt kann er wieder im Oberhaus nerven, wüten, prozessieren. Dabei denkt er zuerst an ganz andere, kleine, profane Dinge, wenn er von der Rückkehr in den grossen Fussball spricht. Er sagt, er freue sich auf die Olma-Bratwurst in St. Gallen. Auf den Risotto im Cornaredo. Auf das Wiedersehen mit den Securitas-Mitarbeitern in Zürich, denen er immer die Hand gebe. «Die haben mir mal gesagt, Canepa würde das nie tun. Also mache ich das …» Oder auf den Steward Mabillard in Bern, einem emigrierten Walliser. Er zolle den Menschen, die in den Stadien arbeiten, höchsten Respekt.

Dr. Jekyll and Mister Hyde

CC ein Romantiker? Sie werden es vielleicht nicht glauben. Aber CC führt in der Tat ein Doppelleben, wie es die «Handelszeitung» 2021 trefflich schrieb. Da ging es zwar nur um die beiden grossen Constantinschen Betätigungsfelder: Immobilienmogul und Fussball-Impresario. Nicht um den Menschen. Denn auch den gibt es zweimal. Nochmals ein Film: «Dr. Jekyll and Mr. Hyde». Ein Doppel-Ich. Persönlichkeitsspaltung. In dem bei Stevenson das Böse droht Überhand zu gewinnen.

Ist es bei CC auch so? Nach dreissig Jahren Bekanntschaft ist die Antwort ein klares Nein. Es gibt sie nach wie vor, diese einnehmende, romantisierende, charismatische, selbstlose Seite, welche CC, den Menschen auszeichnet, der für Menschen in Not sein letztes Hemd gibt. Und da ist die Seite des Präsidenten-Nerds, das Gesicht mit dem gefärbten schwarzen Haupthaar darüber zu einer Fratze verzogen, wenn der Schiri mal wieder nicht nach seinem Gusto pfeift; das Kommandopult direkt hinter der Trainerbank einnehmend, wenn sein Klub zurückliegt; oder einem Ex-Nationaltrainer eine Ohrfeige verpassend, nur weil der ein bisschen zu oft schlecht über den FC Sion gesprochen hatte.

Die dunkle Seite

Das ist dann diese dunkle, maliziöse Seite, welche die zweifelhafte Seite des «Ruhms» von CC mitbegründet hat. Auch wenn es am Ende meisterhaft war, wie er sich medienwirksam mit Rolf Fringer versöhnte, in einem Walliser Châlet mitten in Kloten bei Fondue und Fendant. Gut, da hatten noch ein paar andere mitgewirkt, dass dieser Zwist in einem Kitsch-Showdown mit Gabel und Weinglas endete ...

Nein, diese Seite müssen wir nicht zurückhaben. Nicht, dass wir wollen, dass er komplett ruhig werden würde, das dann doch wieder nicht. Paradiesvogel ja. Unbedingt wieder eine Sauerkraut-Gala im Jahr 2025, ja. Entertainment ja. Aber im Rahmen. Sicher ein bisschen mehr als in der Challenge League. Aber nur ein bisschen. Das Gezeter mit anschliessender Klage wegen des fehlenden VAR nach dem verlorenen Cup-Halbfinal gegen Lugano inklusive Klage beim Internationalen Sportgerichtshof war die Rückkehr zu Mister Hyde. Des Mühsamen schon wieder zu viel.

Kein Gattuso, kein Balo, kein Behrami – Djokic!

In einer Saison in Minne, trotz drei Niederlagen gegen Thun, hatte CC gezeigt, dass es auch ohne Gezeter und Gejaule geht. Wenn man die aktuellen Transfers anschaut, droht es so weiterzugehen. Kein Gattuso. Kein Mpenza. Kein Behrami. Kein Balotelli. Der Balo 2024 heisst Dejan Djokic und kommt vom unterklassigen FC Vaduz. Dazu ein Bekannter von Trainer Didier Tholot. Echt jetzt? Ist das alles? Zum Glück darf man noch bis 9. September transferieren.

Und dann der Trainer, dieser Tholot. Die Ikone. Der Rekordhalter. Der absolute Liebling von CC. Zum vierten Mal am Ruder. Nie entlassen. Da gibt es schon starke Indizien, dass es viel ruhiger zu- und hergehen könnte als bei anderen Übungsleitern. Keine Taktikkritik nach der ersten Niederlage. Mit Tholot könnte das Trainer-Powerplay ausbleiben oder maximal ein «Mensch ärgere dich nicht» werden statt eines saftigen Paintball-Spiels.

Mischung zwischen Wembley und Sphere

So oder so: Ich freue mich auf die CC-Rückkehr 2024. Und ich denke bereits ein bisschen weiter. Ins Jahr 2029, wenn das neuste und mondänste Schweizer Fussballstadion eröffnet wird. Wobei: Es wird weder nur für Fussball sein, noch genügt das Wort Stadion CCschen Ansprüchen. Nicht mal Arena. Cervin Coliseum heisst die Multifunktionsanlage mit schliessbarem Dach. Eine Mischung aus Wembley und Sphere in Las Vegas. Grössenwahn? CC hat schon immer gross gedacht. Sein grosser Traum ist es, dass der FC Sion als erster Romandie-Klub die Champions League erreicht.

Vorerst aber ist er Gast in der aktuellen Schweizer Champions-League-Bühne, dem Berner Wankdorf. Er wird sich das Spiel heute Sonntag wieder nicht in einer Loge ansehen, sondern weiter unten, näher beim Rasen, auf ganz normalen Plätzen. Und wieder werden die Fans zu ihm kommen und ihn um eine Unterschrift bitten, um ein Selfie. Hat das YB-Verwaltungsratspräsident Hanspeter Kienberger schon mal erlebt. Sorry, Hampi, aber die Antwort ist wohl ein … Nein. 

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