Christian Constantin über sein Megaprojekt und den Tod des Kunstmäzens
«Gianadda dankte mir fast, dass er im Spital landete»

Christian Constantin will das Wallis mit einem Mega-Stadionprojekt in die Moderne führen. Und er spricht über intime Momente kurz vor dem Tod von Kunstmäzen Léonard Gianadda.
Publiziert: 17.12.2023 um 12:19 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2023 um 13:54 Uhr
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Sion-Boss Christian Constantin (l.) redet offen über seine Pläne im Wallis.
Foto: keystone-sda.ch
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Alain KunzReporter Fussball

Blick: Christian Constantin, Ihre Drohung, Ende 2024 den Bettel hinzuschmeissen, war doch nur politisches Kalkül, um der Stadt Sion Beine zu machen.

Christian Constantin: Sagen wir es so: Es war meine feste Absicht aufzuhören. Aber nun haben wir ein konkretes Stadionprojekt.

Sie unternehmen alles, um wieder aufzusteigen. Das macht nicht einer, der Weltuntergangsgedanken hat.
Als Besitzer des Klubs bin ich doch verpflichtet, alles korrekt zu machen, die Dinge in Ordnung zu halten. Wenn es ein Ja zum neuen Stadionprojekt gibt, kann ich doch nicht einen Klub in der Promotion League präsentieren.

Sie machen also weiter?
Ja.

Auch wenn es mit dem Stadion nicht klappen sollte?
Dann ist die Ausgangslage wieder eine ganz andere.

Inwiefern?
Mein Vertrag mit der Stadt für die Miete des Tourbillons endet am 1. Dezember 2024. Der Klub stünde also ohne Stadion da.

Das wäre das Ende des Profifussballs im Wallis.
Ja. Dann hören wir auf mit Profifussball hier. Selbst wenn wir zurück in der Super League wären. Das Budget ginge auf rund 1,2 Millionen zurück. Aber ich würde auch in diesem Fall bleiben. Der FC Sion gehört mir schliesslich.

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«Als es um Geld ging, war schnell Schluss»
CC über das Vorhaben «Collectif Tourbillon»
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Gab es Interessenten, den Klub zu übernehmen?
Das «Collectif Tourbillon» wurde gegründet, um den Übergang zu einem neuen Besitzer in Angriff zu nehmen und den Profifussball zu retten.

Und?
Deren Idee mag hehr sein. Aber als es um Geld ging, war schnell Schluss. Die Initianten verkennen die Realitäten des Profibusiness. Den Klub gibts nicht umsonst. Aber ich will weder vom Worst-Case-Szenario reden noch von sogenannten Interessenten, sondern vom Aufbruch, der spürbar ist.

Der Wille der Stadt zum Bau eines neuen Stadions ist also wirklich da? Und auch Sie haben in der Vergangenheit auch schon das eine oder andere Stadionprojekt vorgestellt, das sich nie realisierte.
Es braucht dazu den Willen von Exekutive und Legislative. Die Verhandlungen mit dem Stadtrat sind schon weit fortgeschritten. Das Parlament ist noch nicht involviert in das Projekt.

Nochmals: Es ist also ein konkreter Wille vorhanden, nachdem die Stadt nach ihrer Ankündigung aufzuhören, ziemlich gleichgültig gewirkt hatte.
Der Wille zum Finden einer Lösung ist da. Der Wille zu einer modernen Infrastruktur und zum Beibehalt des Profifussballs. Dieser Sport hat im Wallis doch eine gewisse Bedeutung. Das haben Stadt und Kanton auch gespürt.

Stadt Sion und Kanton Wallis schweigen

Was sagen Stadt und Kanton Wallis zum Projekt von CC? Das Gleiche. Nämlich … nichts. Weder Staatsrat Frédéric Favre, Sicherheits- und Sportminister des Kantons Wallis, noch Stadtpräsident Philippe Varone wollen sich gemäss «L’illustré» vor Abschluss der Analyse zum Projekt äussern.

Was sagen Stadt und Kanton Wallis zum Projekt von CC? Das Gleiche. Nämlich … nichts. Weder Staatsrat Frédéric Favre, Sicherheits- und Sportminister des Kantons Wallis, noch Stadtpräsident Philippe Varone wollen sich gemäss «L’illustré» vor Abschluss der Analyse zum Projekt äussern.

Sie werden nicht mehr der Grossmäzen sein wie bisher.
Nein. Die Stiftung, die das Stadion bauen soll, alimentiert den Klub mit 10 Millionen Franken jährlich. Zusammen mit den übrigen Einkünften wie Eintritten, Sponsorengeldern, Marketing, Merchandising und Gastro-Einnahmen kann man ein Super-League-taugliches Budget von rund 30 Millionen stemmen.

Woher sollen diese 10 Millionen kommen?
Zum Projekt gehört ein Wohnkomplex. Eigentums- und Mietwohnungen. Die Stiftung kauft diese, und von den Mieteinnahmen gehen 10 Millionen an den Klub.

Wie viele Sitzungen hat es schon gegeben?
Drei, vielleicht vier. Ich weiss nicht mehr genau.

Wer war dabei?
Vertreter von Stadt, Kanton und ich.

Bis wann fällt der definitive Entscheid?
Innerhalb der nächsten Wochen. Es dürfte Januar werden.

Ohne positiven Ausgang wird der FC Sion keine Lizenz erhalten können.
Das ist so.

Reicht das zeitlich?
Der Lizenzantrag muss bis 2. März bei der Liga sein. Ich gehe davon aus, dass unser unvollständig sein wird.

Dann verzichten Sie also auf die erste Instanz.
Einreichen muss man den Antrag in jedem Fall. Auch wenn die Unterlagen unvollständig sind. Sonst hat man kein Rekursrecht.

Und den Rekurs schaffen Sie zeitlich?
Da hat man bis Ende April Zeit. Das reicht.

War dieses Stadionprojekt Ihre eigene Idee oder hat Sie die Stadt gebeten, ein solches auszuarbeiten?
Das war meine Idee.

Erläutern Sie es bitte.
Nun, vorgesehen ist eine Academy, die auch auf Stadtboden zu stehen kommt. Im Quartier Châteauneuf. Das Land gehört der Armee und der Gemeinde. Geplant sind acht Fussballfelder und zwei Gebäude für Garderoben sowohl für die Junioren wie auch die Profis sowie Büros. Dafür sind 27 Millionen Franken veranschlagt.

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«Wir müssen im Wallis aufhören damit, immer nur zu basteln»
Constantin über das neue Stadion-Projekt für den FC Sion
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Und das Stadion?
Dieses soll gleich neben dem alten Tourbillon zu stehen kommen. Es soll multifunktional sein. Für ein Fussballspiel liegt die Kapazität bei 15'000, für Konzerte bei 25'000. Hier beträgt das Budget 180 Millionen. Es soll eine permanente 10'000-Quadratmeter-Bühne in Kugelform beinhalten. Ganz nach dem Vorbild der Sphere in Las Vegas.

Ist das nicht ein bisschen grössenwahnsinnig für das Wallis?
Wir müssen im Wallis aufhören damit, immer nur zu basteln oder aus Altem Neues machen zu wollen. Auch das Wallis verdient urbane Strukturen.

Wem wird das Stadion gehören?
Das Land gehört der Gemeinde Sion. Aber die Stiftung ist Bauherrin, wofür sie eine Betriebskonzession für 60 Jahre erhält. Die Stadt überlässt die Arena dem Klub zum Gebrauch.

Christian Constantin persönlich

Christian Constantin, ebenso bekannt als CC, wird am 17. Januar 1957 in Martigny VS geboren. Seine Familie stammt aus Ayent VS, einem Dorf nahe der Skiregion Anzère. Er macht eine Lehre als Bauzeichner. Mit 22 gründet er sein eigenes Architekturbüro. Von 1978 bis 1980 ist er Fussballprofi von Xamax und dann Lugano, als Goalie, doch zu mehr als gut 20 Einsätzen reicht es ihm nicht, meistens ist er Ersatz). Seine ersten 50'000 Franken investiert er clever in Immobilien. Seine Firma wächst schnell und wird zum Imperium. Heute baut er Riesenprojekte in der ganzen Schweiz. Er selber gibt an, weit über eine Milliarde Franken Vermögen zu haben. Gleichzeitig präsidiert er zweimal den FC Sion. Von 1992 bis 1997 und seit 2003, als er den Klub kauft. Er holt einen Meistertitel und sieben Cupsiege. Legendär sind sein Trainerverschleiss, seine Streitlust und seine Eskapaden. So als er einen Schiri-Assistenten im Kabinengang umgrätscht oder Ex-Nati-Coach Rolf Fringer ein paar Ohrfeigen verpasst.

Christian Constantin, ebenso bekannt als CC, wird am 17. Januar 1957 in Martigny VS geboren. Seine Familie stammt aus Ayent VS, einem Dorf nahe der Skiregion Anzère. Er macht eine Lehre als Bauzeichner. Mit 22 gründet er sein eigenes Architekturbüro. Von 1978 bis 1980 ist er Fussballprofi von Xamax und dann Lugano, als Goalie, doch zu mehr als gut 20 Einsätzen reicht es ihm nicht, meistens ist er Ersatz). Seine ersten 50'000 Franken investiert er clever in Immobilien. Seine Firma wächst schnell und wird zum Imperium. Heute baut er Riesenprojekte in der ganzen Schweiz. Er selber gibt an, weit über eine Milliarde Franken Vermögen zu haben. Gleichzeitig präsidiert er zweimal den FC Sion. Von 1992 bis 1997 und seit 2003, als er den Klub kauft. Er holt einen Meistertitel und sieben Cupsiege. Legendär sind sein Trainerverschleiss, seine Streitlust und seine Eskapaden. So als er einen Schiri-Assistenten im Kabinengang umgrätscht oder Ex-Nati-Coach Rolf Fringer ein paar Ohrfeigen verpasst.

Was kostet das Ganze?
Alles in allem, also mit dem Wohnkomplex, beträgt das Budget 510 Millionen Franken.

Auch das: enorm viel Geld …
Das sind 20 Prozent der Summe all meiner Projekte, die derzeit im Entstehen begriffen sind.

Was passiert mit dem alten Stadion?
Es ist vorgesehen, es 2032 abzureissen und dort einen Mix aus Wohnungs- und Firmenlokalitäten zu erstellen, deren Mieteinkünfte auch zur Unterstützung des Klubs dienen.

Wie viel schiesst CC ein?
55 Millionen.

Themenwechsel. Der Tag dieses Interviews ist der Tag, an dem Léonard Gianadda beerdigt wurde. Haben Sie kein schlechtes Gewissen wegen seines Todes? Sie haben ihn ins Spital gebracht, aus welchem er nicht mehr lebend zurückkam …
Ich habe mir schreckliche Vorwürfe gemacht, doch. Aber Léo hat mir gesagt, ich solle mir ja keine Vorwürfe machen.

Constantin und Gianadda

Die Vorgeschichte: Ende Oktober besucht CC mit seinem Freund Léonard Gianadda (†88) – er war einer der bedeutendsten Kunstmäzene der Schweiz, dessen Museum in Martigny weltberühmt ist – eine Vorstellung des Circus Knie. «Für die Rückfahrt wollte Léo hinten Platz nehmen, weil er Mühe habe, den Gurt anzuschnallen», schildert CC die dramatischen Minuten. «Ich fragte meine Beifahrerin, ob Léo drin sei und ich abfahren könne. Sie sagte Ja, sah aber nicht, dass Léo derart Mühe hatte, sein zweites Bein in den Lamborghini Urus zu hieven, sodass er mit diesem immer noch auf dem Boden stand.» CC aber fuhr los und mit dem Hinterrad über den Fuss von Gianadda. Dieser wird aus dem Auto geschleudert und zieht sich einen offenen Bruch von Wadenbein und Knöchel zu.

Die Vorgeschichte: Ende Oktober besucht CC mit seinem Freund Léonard Gianadda (†88) – er war einer der bedeutendsten Kunstmäzene der Schweiz, dessen Museum in Martigny weltberühmt ist – eine Vorstellung des Circus Knie. «Für die Rückfahrt wollte Léo hinten Platz nehmen, weil er Mühe habe, den Gurt anzuschnallen», schildert CC die dramatischen Minuten. «Ich fragte meine Beifahrerin, ob Léo drin sei und ich abfahren könne. Sie sagte Ja, sah aber nicht, dass Léo derart Mühe hatte, sein zweites Bein in den Lamborghini Urus zu hieven, sodass er mit diesem immer noch auf dem Boden stand.» CC aber fuhr los und mit dem Hinterrad über den Fuss von Gianadda. Dieser wird aus dem Auto geschleudert und zieht sich einen offenen Bruch von Wadenbein und Knöchel zu.

Warum?
Ich solle seinen Spitalaufenthalt als Zeichen des Himmels sehen. Für ihn sei das eine einmalige Gelegenheit.

Wie denn das?
Er schuftete immer noch wie ein Verrückter. Er hatte mir gesagt, dass er nie so viel gearbeitet habe wie zwischen 80 und 88. Er war ja schwer krank, hatte Krebs im Endstadium, ass nicht mehr. Die Ärzte hatten ihm vor fünf Jahren noch fünf Jahre gegeben. Erstens habe er so ganz viele Botschaften von Freunden erhalten, die er sonst nie erhalten hätte. Zweitens hatte er im Spital die Zeit, alles noch zu regeln, bevor er ging. So zum Beispiel das Verhältnis zu seinen beiden Söhnen. Er konnte sich von allen verabschieden. Er sagte sogar: Dieser Spitalaufenthalt war ein Glücksfall für mich.

Sie selber: Wie lange wollen Sie noch arbeiten?
Ich halte es da wie die Werbung für die Tim-und-Struppi-Geschichten. Da heisst es, die Comics seien für alle Jungen von 7 bis 77 Jahre.

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