Darum gehts
- Benjamin Kololli glänzt als mit acht Abschlüssen für Sion im Spiel gegen GC
- Kololli perfektioniert Freistösse und übernimmt Führungsrolle im Team
- In zehn Einsätzen für Sion erzielt der Schweiz-Kosovare fünf Tore
Eines der wichtigsten Spiele in dieser Saison ist für den FC Sion eben zu Ende gegangen. 1:1 im Letzigrund. Die Affiche hiess: GC gegen FC Kololli. Denn zumindest offensiv ist Benjamin Kololli (32) quasi Alleinunterhalter im Team der Walliser. Sieben Abschlüsse in Halbzeit eins sind einsamer Spitzenwert. Dazu ein weiterer nach der Pause. Darunter dieser zauberhafte Freistoss zur Gäste-Führung.
«Leider gibts heute keinen wie Juninho mehr»
Damit einem solche Freistösse gelingen, mit dieser einzigartigen Schusstechnik, die den Ball gegen Ende der Flugbahn senken lässt wie eine Bleikugel, braucht es Trainingsdrill bis zum Gehtnichtmehr. Die gegnerischen Goalies sehen dann uralt aus, obwohl die Dinger kaum zu berechnen sind. Aber steh mal selbst ins Tor. Dann weisst du, wovon die Rede ist.
Perfektioniert hatte das der Brasilianer Juninho, der in Lyon mit sieben Meistertiteln Anfang des Jahrtausends zur Legende wurde. In der Seleçao, für die er 40-mal auflief, war er trotz Konkurrenz von Ronaldinho, Kaka oder Roberto Carlos der Freistoss-Schütze Nummer eins. Insgesamt sind 77 Freistosstore überliefert. 44 seiner 100 Tore für Lyon waren Freistösse! «Leider gibts heute keinen wie Juninho mehr», bedauert Kololli. Aber er arbeite daran, auf dessen Spuren zu wandeln.
Slapstick-Eigentor und Ausgangseskapaden vergessen
Doch es sind nicht nur die Freistösse, welche Kololli derart aufblühen lassen und sowohl das Slapstick-Eigentor gegen den FC Basel als auch die Ausgangseskapaden in Basel vergessen machen. Gegen Servette zum Beispiel, in seinem dritten Spiel für Sion, glänzt er mit zwei verwandelten Penaltys. Viel Zeit hatte er nicht dafür. Er war Reservist, wie in seinen beiden ersten Spielen zuvor und kam erst in der 81. Minute rein. Die Penaltytore bucht er in Minute 85 und 89. Der zweite Elfer war ein lupenreiner Panenka. «Ich hätte ihm den Kopf abgerissen, hätte er da nicht getroffen», sagt Trainer Didier Tholot. Denn Kololli war als Elferschütze nicht vorgesehen gewesen. Er hatte sich den Ball einfach geschnappt. Zweimal als Ersatzspieler derartige Verantwortung übernehmen: Überheblichkeit – oder einfach Charakter?
Schaut man dem aktuellen Kololli zu, wie er sich ins Spiel einbringt. Wie er rackert, wie er antreibt, dirigiert – ganz klar Letzteres. Er ist zum Leader geworden in einem Team, das seinen Leader verloren hatte, als Joël Schmied zu Köln wechselte. «Mag sein», sagt der Schweiz-Kosovare im Lokalblatt «Nouvelliste», «aber das ist nicht so wichtig. Was zählt, ist das Kollektiv.»
Kolollis erste zwei Sion-Jahre waren ein Reinfall
Und doch ist man als Verbund nur so gut, wie die kumulierte Leistung aller Einzelspieler. Und jene von Kololli ist derzeit aussergewöhnlich. Doch weder die Wege in Sion noch in diesem Jahr waren einfach. Das heisst? Kololli ist zum zweiten Mal in Wallis. Die erste Passage von 2012 bis 2014 war die logische, denn das Riesentalent kommt aus Aigle im Chablais, der östlichsten Ecke des Genfersees, die sich Waadt und Wallis teilen. Dort spielt er beim FC Monthey, bevor er nach Sion geht.
Zuerst in die U21, dann ruft die erste Mannschaft. Es ist eine Zeit, in der sich im Wallis die Trainer die Klinke in die Hand geben. Einer aus dieser Zeit heisst … Tholot. Doch Kololli gelingen gerade mal zwei Tore in gut zwei Jahren. Frustriert wechselt er zu Le Mont und später zu Biel, wo er seine Karriere neu lanciert, die später bei Lausanne und dem FCZ ihre Höhepunkte erreichen sollte.
Kololli überzeugt Tholot im Gespräch
Nun also mit 32 das zweite Walliser Abenteuer. Und auch da ist der Start holprig. Denn Tholot sieht «Benji» als Rechtsverteidiger, als Backup für Numa Lavanchy. Kololli nicht. «Ich bringe der Mannschaft viel mehr in einer offensiveren Rolle. Das habe ich dem Coach in mehreren Gesprächen auch zu vermitteln versucht.» Tholot hört genau zu. Keine Selbstverständlichkeit für den Waadtländer. «Viele Coaches vernachlässigen Diskussionen», denkt Kololli.
Nicht Tholot. Und der Franzose reagiert. Der Künstler zahlt es mit Leistung zurück. In seinen zehn Einsätzen macht er fünf Tore. Dazu kommt eines zuvor für Basel. Er braucht 126 Minuten für ein Tor. Damit ist er der zweiteffektivste Spieler (die mindestens auf fünf Einsätze kommen) nach Chris Bedia von YB. Der braucht nur 100 Minuten.
Comeback im Kosovo-Dress gegen die Schweiz?
Zahlen, die ihn eigentlich für die Nati interessant machen müssten. Doch Kosovo-Trainer Franco Foda lässt ihn bisher links liegen. «Ich habe noch nie etwas von ihm gehört. Mir bleibt also nichts anderes, als in Sion derart aufzufallen, dass ich automatisch in den Fokus gerate.»
Wer weiss? Vielleicht kommts ausgerechnet in der WM-Qualifikation zum Comeback des 24-fachen Internationalen, der zuletzt 2022 aufgeboten worden ist. Das wäre dann ziemlich brisant, denn das erste Spiel für den Kosovo ist jenes in … der Schweiz.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Servette FC | 29 | 10 | 51 | |
2 | FC Basel | 29 | 28 | 49 | |
3 | FC Luzern | 29 | 8 | 47 | |
4 | BSC Young Boys | 29 | 10 | 46 | |
5 | FC Lugano | 29 | 3 | 45 | |
6 | FC Zürich | 29 | 1 | 45 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 29 | 5 | 40 | |
8 | FC St. Gallen | 29 | 1 | 39 | |
9 | FC Sion | 29 | -6 | 35 | |
10 | Yverdon Sport FC | 29 | -16 | 32 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 29 | -12 | 27 | |
12 | FC Winterthur | 29 | -32 | 20 |