BLICK: Ancillo Canepa, seit der Trennung von Ludovic Magnin haben Sie bis auf zwei kurze TV-Interviews an den Spieltagen öffentlich geschwiegen. Warum?
Ancillo Canepa: Ich wollte, dass schnell Ruhe einkehrt und Trainer und Mannschaft ohne grosses Aufsehen weiterarbeiten konnten. In solchen Situationen braucht ein Klub auch Ruhe und Gelassenheit.
Nach einem solch gewichtigen Personalentscheid sollte man doch hinstehen.
Das meinen Sie als Journalist. Man muss nicht immer alles und jedes öffentlich kommentieren. Wichtig war für mich, dass die interne Kommunikation funktioniert hat.
Kurz vor der Trennung haben Sie Magnin noch gelobt. Sie nannten ihn als fleissig und intelligent.
Diese Attribute stimmen nach wie vor. Aber es gibt eben doch noch eine andere Dimension: Da ist noch die Mannschaft. Zwischen Trainer und Spieler sind gewisse Abnutzungserscheinungen entstanden. Deshalb haben wir mit Ludo einvernehmlich festgestellt, dass eine Veränderung unausweichlich geworden war.
Kann es sein, dass Magnin zu stur an seiner Spielidee festgehalten hat und in jeder Situation gepflegt hinten raus spielen lassen wollte?
Es war seine erste Stelle als Cheftrainer bei den Profis. Natürlich musste auch Ludo lernen und Erfahrungen sammeln.
Sie weichen aus. War Magnin zu wenig flexibel?
Es war sicher so, dass er gewisse Vorstellungen hatte, wie seine Mannschaft spielen sollte. Und ja, vielleicht hätte mehr Flexibilität schon gutgetan. Defensiv standen wir ja länger nicht mehr stabil, da hätte man die Taktik vielleicht schon früher ein wenig anpassen können. Aber das ist am Ende immer eine Frage des Temperaments eines Trainers. Die einen ändern ihre Spielphilosophien wie eine Wetterfahne. Andere warten vielleicht zu lange.
Sie sollen kein grosser Fan vom gepflegten Hinten-raus-Spielen sein. Stimmt das?
Sie haben recht: Ich bin wirklich erstaunt, dass so viele Klubs und Nationalmannschaften diese Taktik so penetrant – ja fast schon esoterisch – umsetzen wollen. Das Fehlerrisiko ist extrem hoch. Gefühlt landet in sieben von zehn Fällen der Ball innerhalb von drei Sekunden beim Gegner. Ausserdem geht mit diesem riskanten Ball-hin-und-her-Geschiebe viel an Offensivpower verloren. Ich verfolge den Fussball intensiv nun seit mehr als 50 Jahren und habe schon viele Systemänderungen miterlebt. Aber dieses «Von-hinten-heraus-Spielen» ist für mich unerklärlich. Irgendjemand hat damit begonnen, und die halbe Fussballwelt kopiert dieses System. Vielleicht funktioniert es ja mit elf Messis im Team.
Hat es Sie eigentlich verärgert, dass der FCZ im BLICK vor einigen Wochen als Transferverlierer bezeichnet wurde?
Ich möchte die Fachkompetenz der Redaktion nicht in Frage stellen. Die damalige Beurteilung hat mich aber schon erstaunt: Wir haben mit Sobiech, Aliti, Gnonto und Doumbia die richtigen Spieler geholt und konnten zwei selbst ausgebildete Spieler, Rüegg und Sohm, in eine Topliga transferieren. Ich bin mit der Transferbilanz durchaus zufrieden.
Vor drei Monaten haben Sie einen neuen Sportchef und einen Chef Ausbildung installiert. Zufrieden?
Ja, sehr. Es bewegt sich viel beim FC Zürich. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, unsere Strategie konsequent und zielorientiert umzusetzen. Konkret wollen wir uns als Top-Ausbildungsverein mit Ambitionen in Richtung nationaler Spitze etablieren. Dazu braucht es die richtigen Mitarbeiter. Gemeinsam mit den neuen Funktionsträgern Marinko Jurendic und Heinz Moser wollen wir diesen Weg gehen. Und nun auch mit einem neuen Trainer.
Magnin wurde als Ihr Ziehsohn bezeichnet. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Massimo Rizzo beschreiben?
Wenn Ludo mein Ziehsohn gewesen sein soll, dann ist Massimo mein Adoptivsohn. Wir kennen uns seit Beginn meiner Tätigkeit für den FCZ, also seit über 15 Jahren, und pflegen eine vertrauensvolle Beziehung. Er hatte so viele Funktionen beim FCZ. Er war schon Assistent, Teamchef, Sportchef. Er arbeitete auf der Geschäftsstelle. Irgendwann haben wir gemeinsam entschieden, dass er auf die Schiene Trainer setzen soll. Nun ist er Trainer der 1. Mannschaft.
Sie haben Rizzo vorerst nur bis Weihnachten im Amt bestätigt. Tönt noch immer nach Übergangslösung?
Nein. Massimo soll jetzt in Ruhe die nächsten Spiele absolvieren können. Ganz ohne Druck. Und dann setzen wir uns vor der Winterpause zusammen. Das kommt schon gut.
Wie viele Trainer haben sich bei Ihnen beworben?
Das waren wohl so gegen 75. Darunter auch grosse Namen. Etliche ehemalige Bundesliga-Trainer. Aber auch Trainer aus ganz Europa.
Rizzo ist vom Typ her ein Anti-Magnin, oder?
Er hat ein anderes Temperament.
Rizzo wirkt extrem zurückhaltend, fast scheu.
Es ist doch wohltuend, dass es im Fussballbusiness noch Leute gibt, die erst liefern und erst dann lafern wollen. Finden Sie nicht?
Sie sind weniger zurückhaltend. Nach dem 2:0 gegen Luzern sollen Sie einem Journalisten den Stinkefinger gezeigt haben. Stimmt das?
Den Stinkefinger? Echt? Daran kann ich mich nicht erinnern. Der besagte Journalist hatte gleichentags in seinem Artikel absurderweise eine schlechte Beziehung zwischen Massimo und mir konstruiert. Deshalb habe ich ein Interview mit ihm abgelehnt.
Sie sollen beleidigend geworden sein. Bereuen Sie es manchmal im Nachhinein, wenn Sie so geradeaus direkt waren?
Nie. Auch wenn ich ein wenig temperamentvoll bin, sage ich alle Dinge in vollem Bewusstsein. Ich bin kein Choleriker, der sich nicht kontrollieren kann. Ich bin nur direkt.
Sie wären kein guter Politiker.
Wahrscheinlich nicht. Ich hätte Mühe, aus politischer Korrektheit mit meiner persönlichen Meinung zurückzuhalten. Ein konstruktiver Meinungsaustausch kann nur stattfinden, wenn persönliche Meinungen auch deutlich geäussert werden. Das hilft auch, seine eigene Position gegebenenfalls zu hinterfragen. Auch wenn es bei Sitzungen mal etwas lauter werden kann.
Werden wir trotzdem noch kurz politisch. Die Fifa will die Arbeit der Agenten regulieren. Wie stehen Sie dazu?
Dass Agenten bei erfolgreicher Vermittlung eines Transfers eine Kommission erhalten, ist gerechtfertigt. Die Forderung nach einer Betreuungspauschale ist aufgrund meiner Erfahrung allerdings nicht in allen Fällen gerechtfertigt. Die Berater, welche sich auch nach Vertragsunterzeichnung und Kassieren weiter aktiv um ihre Spieler kümmern, sind eher selten. Die Betreuungsarbeit leisten oft die Vereine. Auch was den privaten Bereich betrifft. Wenn also jemand eine Betreuungspauschale erhalten müsste, dann wären das meistens die Vereine.
Bundesbern hat verlangt, dass «Klubs ihre Hosen runterlassen müssen», bevor sie Kredite vom Bund beziehen können. Wie stehen Sie dazu?
Solche Äusserungen sind weder respektvoll noch vertrauensbildend. Wenn es um sachlich eingeforderte Transparenz geht, bin ich selbstverständlich gerne bereit, gegenüber den zuständigen Entscheidungsträgern die Bücher offenzulegen.
Die Quarantäne-Praxis der einzelnen Kantone ist sehr unterschiedlich. Wie belastend ist das?
Für uns wäre wichtig, wenn schweizweit eine gültige Quarantäne-Praxis existieren würde. Die Corona-Fälle werden von Kanton zu Kanton unterschiedlich behandelt. Eine ordnungsgemässe Durchführung der Meisterschaft wird dadurch erheblich erschwert.
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Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |