Der grosse Check vor dem EM-Final
Auf drei Positionen sticht Spanien die Engländer aus

Wer krönt sich zum Europameister? Die Schönspieler aus Spanien? Oder die Pragmatiker von der Insel? Diese Schlüsselduelle werden entscheiden. Und da haben die Iberer die Nase hauchdünn vorn.
Publiziert: 14.07.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 15.07.2024 um 07:55 Uhr
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Eines der ganz heissen Finalduelle im EM-Final, hier auf Klubebene: Arsenals Declan Rice gegen ManCitys Rodri (r.).
Foto: imago
Alain Kunz, Berlin
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Die Goalies

Jordan Pickford (30, Everton) vs. Unai Simon (27, Athletic Bilbao)

Eloquenz ist nicht das Ding des ewigen Everton-Goalies Jordan Pickford, der bis zu seinem 23. Geburtstag in unteren Ligen herumgetingelt war. Von ihm kommen nur Plattitüden. Lieber lässt er Taten folgen. Erst als unfaire Nervensäge beim Elferschiessen gegen uns. Dann als Volksheld, indem er als einziger einen Penalty pariert. Und auch im Halbfinal wartet er mit starken Paraden auf. Sein Stil ist wie er: roh und nicht speziell ästhetisch. Unai Simon war die grosse Überraschung an der EM 2021, als plötzlich weder David de Gea (ManUtd) noch Kepa Arrizabalaga (Chelsea) im Tor standen, sondern der junge Baske. Diesen Platz als Nummer eins gab er nicht wieder her. Was aktuell nicht überrascht, stand er doch im Kader von Trainer Luis de la Fuente, als die Iberer U19- und U21-Europameister wurden. Simon agiert nicht immer fehlerfrei, verschätzte sich zum Beispiel gegen Deutschland böse.

Prognose: unentschieden 

2

Die Abwehrbosse

John Stones (30, Manchester City) vs. Aymeric Laporte (30, Al-Nassr FC)

John Stones – das ist Routine pur! Gareth Southgates Adjutant war schon Abwehrchef an der WM 2018, der EM 2021 und der WM 2022. Nun ist er es auch in Deutschland, auch wenn sein Sekundant nicht mehr wie jahrelang Harry Maguire heisst, sondern Marc Guéhi. Stones hatte an diesem Turnier eine schwache Stunde gegen die Slowakei. Sonst war der ManCity-Verteidiger die Zuverlässigkeit in Person. Was 2024 nicht selbstverständlich ist, kam er doch bei den Skyblues diese Saison auf nur etwas mehr als 1000 Einsatzminuten. Manuel Akanji zum Vergleich: über 2500! Aymeric Laporte war beim Team von Pep Guardiola sowas wie Akanjis Vorgänger, bis er vor einem Jahr dem Lockruf des Geldes erlag und mit 29 zu Ronaldo-Klub Al-Nassr nach Saudi-Arabien wechselte. Sein Jahressalär soll dort fast schon obszöne 25 Millionen betragen! Der im südfranzösischen Agen geborene Laporte machte fast 50 Spiele für französische Juniorenauswahlen, wartete jahrelang vergebens auf einen Anruf von Didier Deschamps, weshalb er seit der EM 2021 für das Land seiner zweiten Nationalität kickt.

Prognose: Punkt für England. 1:0 

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3

Die Taktgeber

Declan Rice (25, Arsenal) vs. Rodri (28, Manchester City)

Rodri ist der Mann, der bei Spanien das Tempo vorgibt. Sein Pendant ist Declan Rice, der Nachfolger von Granit Xhaka bei Arsenal, der im Sommer 2023 für die Wahnsinnssumme von 120 Millionen Euro von West Ham United zu den Gunners wechselte. Der vom jungen Kobbie Mainoo sekundierte Rice macht praktisch keine Fehler – bis er sich im Halbfinal von Hollands Xavi Simons den Ball abluchsen liess und dann nur noch zuschauen konnte, wie der Ex-Leipziger herrlich traf. Rice könnte für Jahre ein Fixpunkt bei den Three Lions im zentralen Mittelfeld werden, nachdem er noch in allen Juniorenauswahlen für Irland aufgelaufen war.

Prognose: Punkt für Spanien. 1:1 

4

Die Halbstürmer

Jude Bellingham (21, Real Madrid) vs. Dani Olmo (26, RB Leipzig)

Was wurde an dieser EM nicht alles über Jude Bellingham geschrieben, den besten Spieler der abgelaufenen LaLiga-Saison! Über seine nervtötenden Schnösel-Auftritte in den Gruppenspielen bis hin zu seinem Wunder-Fallrückzieher gegen die Slowakei, der England 86 Sekunden vor Ultimo vom letzten Halleluja in Deutschland bewahrte. Dabei hat der Junge diese Arroganz gar nicht nötig. Seine Medienauftritte sind für einen 21-Jährigen total reif und intelligent. Und auch volksnah kann er sein, was er zeigte, als er mit seinen Eltern in Erfurt Pizza essen ging. Aber: Bellingham wirkt matt und überspielt. Ganz anders Dani Olmo. Der Leipziger spielt frisch und fröhlich auf. Dabei war er in den ersten vier Spielen bloss dreimal Edeljoker, weil ihm Barças Jungstar Pedri vor der Sonne stand, bis Toni Kroos diesen aus dem Turnier foulte. Dass man sich diesen Wahnsinns-Fussballer auf der Bank leisten konnte, sagt alles über Spaniens Stärke. Nun buhlen ManCity, Bayern, Barcelona und Liverpool um den Katalanen, der bei RB eine Ausstiegsklausel über 60 Millionen haben soll.

Prognose: Punkt für Spanien. 1:2

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5

Die Flitzer

Bukayo Saka (22, Arsenal) vs. Lamine Yamal (17, Barcelona)

Der hat uns schon sehr, sehr weh getan mit diesem blöden Ausgleich in der 80. Minute, der uns schliesslich ins Elfmeterschiessen – und ins Verderben stürzte. Auch, weil ein gewisser Bukayo Saka diesmal die Nerven behält. Anders als im EM-Final 2021, wo er, Rashford und Sancho verschossen und sich üblen rassistischen Beleidigungen ausgesetzt sahen, die der Verbandspräsident kommentierte. «Ich bin angewidert», twitterte Prinz William. Sakas Counterpart seinerseits schlägt derzeit alle Rekorde als jüngster Spieler. Vor allem aber hat Lamine Yamal unserem Johan Vonlanthen den Titel des jüngsten EM-Torschützen mit seinem Prachtstreffer gegen Frankreich abgeluchst. Der Teenie, der am Samstag 17 geworden ist, wird mittlerweile auf 150 Millionen geschätzt. Es wird sich sicher ein englisches Team finden, das 200 zahlt. Vor allem, wenn er den Final entscheiden sollte.

Punkt für Spanien: 1:3 

6

Die Stossstürmer/Kapitäne

Harry Kane (30, Bayern München) vs. Álvaro Morata (31, Atlético Madrid)

Zum Schluss das Duell der Schlachtrosse. Weder Harry Kane noch Álvaro Morata tänzeln sich durch Abwehrreihen. Vielmehr gehören sie zu jener Spezies klassischer Mittelstürmer, die den Job haben, auch mal schlicht vorne zu lauern – und dann ein Teamwork zu Ende zu bringen. Kane hats bislang dreimal geschafft, auch dank zwei Penaltys. Damit ist er einer der sechs EM-Spitzenreiter. Und doch: Der Mann mit 56 Torbeteiligungen in seiner Bayern-Premieren-Saison wirkt schwerfällig und müde. Wie ein angeschlagener Boxer. Aber eben: Er trifft dennoch ins Eckige. Auch Morata ist permanent Kritik ausgesetzt, wurde sogar als Heulsuse abgetan, als er mangelnden Respekt beklagte. Dabei ist er Spaniens zweitbester Torschütze der Geschichte hinter David Villa. Dennoch ist Kane eine Schuhnummer grösser. Ausser in Sachen Titel: Kane: 0. Morata: 15, darunter zweimal die Champions League.

Punkt für England: 2:3 

Unter dem Strich: 3:2 für Spanien!

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