Schwarze Zahlen, Fabian Schär im Verwaltungsrat
Der FC Wil – vom Chaos-Klub zum Musterschüler?

Die Challenge League ist für Schweizer Fussballklubs ein schwieriges Pflaster, um finanziell über die Runden zu kommen. Der FC Wil zeigt, wie schwarze Zahlen möglich sind. Ausgerechnet der Klub, der vor sieben Jahren vor einem Scherbenhaufen stand.
Publiziert: 29.12.2023 um 22:07 Uhr
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Der Jonglierakt, in der Challenge League schwarze Zahlen zu erzielen, gelingt aktuell beim FC Wil: Nico Maier hält den Ball hoch.
Foto: freshfocus
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Simon StrimerReporter & Redaktor Sport

Durchatmen auf der Geschäftsstelle des FC Wil im Sportpark Bergholz. Nach einer sportlich mittelmässigen Vorrunde (Platz 5) haben sich die Spieler in die Ferien verabschiedet. Jetzt herrscht erstaunliche Stille beim Ostschweizer Challenge-League-Klub, der in den letzten Jahrzehnten viele Turbulenzen durchmachte und mehrmals fast Konkurs ging.

Vor einem Monat konnten allerdings zwei Erfolgsmeldungen die positive Entwicklung des Klubs in den letzten Jahren untermalen: 18'000 Franken Gewinn im Geschäftsjahr 2022/23 und zwei neue Verwaltungsräte, darunter Nati- und Newcastle-Star Fabian Schär (32). Was hat es damit auf sich?

Das ist der Plan mit Fabian Schär

Die Rolle von Fabian Schär bei seinem Heimatklub ist geklärt. «Er wird im Verwaltungsrat im sportlichen Aufgabenbereich tätig sein, wo es auch eine Sportkommission mit Präsident, Sportchef, CEO, Cheftrainer und Assistenztrainer gibt – dort kommt jetzt Fabian noch dazu», erklärt Wil-Präsident Maurice Weber (61) gegenüber Blick. Er freut sich: «Er ist eine Integrationsfigur, einen Steinwurf von hier aufgewachsen, bringt im sportlichen Bereich und in Sachen Netzwerk viel mit. Mit Newcastle hat er zuerst alles sauber abgeklärt.»

Ebenfalls Freude bereitet der kleine Gewinn, «erstmals seit über einem Jahrzehnt ohne das Zutun von ausländischen Investoren». Mit durchschnittlich 1700 Fans bei Heimspielen, Rang 6 im Liga-Vergleich bei den Zuschauern, gelingt, was so viele Klubs auf dem schwierigen Pflaster in der Challenge League nicht schaffen: schwarze Zahlen zu erzielen. Dahinter steckt das Geschäftsmodell, jungen Talenten viel Vertrauen zu geben und dafür in Kauf zu nehmen, sportlich nicht jedes Jahr vorne mitzumischen.

Sogar bei einem Leihtransfer generierte Wil Geld

Mit einem der kleinsten Budgets der Liga, rund zwei Millionen Franken für die erste Mannschaft, exportiert Wil Jahr für Jahr Spieler in die Super League oder ins Ausland (Beka, Keller, Duah, Stojilkovic, Heule, Lukembila, etc.) oder ist eine Adresse für erfolgreiche Leihtransfers (Köhn, Krasniqi, Wallner, etc.). Durch ausgehandelte Klauseln erhielt man sogar nach der Leihrückkehr von Goalie Philipp Köhn zu Salzburg (jetzt Monaco) regelmässig Geld für dessen Einsätze.

Aber greift der Co-Hauptsponsor «W+P Weber und Partner AG», die Firma von Präsident Weber, für eine positive Rechnung nicht doch kräftig unter die Arme, quasi durch die Hintertür? Weber dementiert: «Der Betrag ist in normalem Challenge-League-Rahmen und seit Jahren der gleiche.» Das war auch so, als Wil letztes Jahr 340'000 Franken Verlust schrieb. Vielmehr seien neben den Transfereinnahmen der grosse Zuwachs im Business-Club und mehrere neue Sponsoren die Hauptfaktoren für den diesjährigen Gewinn, der auch nur dank viel ehrenamtlicher Arbeit möglich ist.

Die vielen Skandale sind nicht allzu lange her

Der FC Wil, ein solider Klub, bei dem man in Ruhe arbeiten kann? Noch vor ein paar Jahren nicht auszumalen. Da war die türkische Ära mit Skandal-Ende und fetten laufenden Verträgen im Februar 2017 – aber auch Eklats wie der Millionen-Klau, die Bankräuber-Flucht oder andere dubiose Investoren um die Jahrtausendwende herum. In jüngerer Vergangenheit sorgte die rassistische Entgleisung von Präsident Weber in einem hitzigen Spiel im Jahr 2021 für Turbulenzen, worauf dieser sich entschuldigte, aus dem Liga-Komitee austrat, aber als Klub-Präsident weiterhin den Rückhalt hatte.

Obwohl jetzt Ruhe eingekehrt ist auf dem Bergholz und die regionale Verbundenheit wächst, Baustellen gibt es weiterhin genug beim FC Wil: Covid-Gelder, die noch zurückgezahlt werden müssen oder die Anzahl Fans bei Heimspielen zum Beispiel. Aber es scheint, als hätte der Klub aus der Vergangenheit gelernt. «Demütig bleiben und ehrlich arbeiten» wird fast gebetsmühlenartig betont. Auch jetzt, wo der Glanz eines Premier-League-Fussballers im Vorstand des Challenge-League-Klubs Einzug hält.

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Challenge League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Thun
FC Thun
14
14
28
2
FC Etoile Carouge
FC Etoile Carouge
14
6
26
3
Neuchatel Xamax FCS
Neuchatel Xamax FCS
14
-3
22
4
FC Aarau
FC Aarau
14
5
21
5
FC Vaduz
FC Vaduz
14
-2
20
6
FC Wil
FC Wil
14
4
18
7
FC Stade-Lausanne-Ouchy
FC Stade-Lausanne-Ouchy
14
6
16
8
AC Bellinzona
AC Bellinzona
14
-7
16
9
FC Schaffhausen
FC Schaffhausen
14
-5
15
10
FC Stade Nyonnais
FC Stade Nyonnais
14
-18
10
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