Die Partie von Weltmeister Frankreich gegen Deutschland gehört zu den Leckerbissen dieser Europameisterschaft. Die unberechenbare Löw-Elf gegen den Turnier-Favoriten, der seinem Ruf auch am Dienstagabend gerecht wird. Obwohl der Siegtreffer ein Eigentor von Hummels war, gewinnen die Franzosen verdient. Dennoch hätten auch die Deutschen ein gutes Spiel gezeigt, findet Markus Babbel im Blick Kick am Mittwochvormittag: «Die Deutschen haben mir gut gefallen. Mir ist es etwas zu negativ, was jetzt auf die Deutschen einprasselt.» Auch Ciriaco Sforza hat der Auftritt der Löw-Elf gefallen. Mehr noch: «Mich überrascht enorm, wie Deutschland gespielt hat. Einen ruhigen, gepflegten Fussball», so der Ex-FCB-Coach, der neben seinem früheren Bayern-Kollegen Babbel im Blick-Kick-Studio sitzt.
Man of the Match ist allerdings ein Franzose: Paul Pogba. Er dominiert das Geschehen massgeblich. Sein genialer Pass in Richtung Lucas Hernandez leitet auch das entscheidende Tor ein.
«Als würde Pogba gegen Kinder spielen»
Der deutsche Ex-Nationalspieler Christoph Kramer lobt Pogba im «ZDF» in den höchsten Tönen: «Wie der heute spielt, das sieht so aus, als würde er gegen Kinder spielen. Wenn er seinen Körper drin hat, das ist unfassbar, was er für eine Qualität hat offensiv und defensiv.»
Bei Manchester United, wo Pogba aktuell unter Vertrag ist, lassen seine Leistungen eher zu wünschen übrig. Kein Wunder fügt Kramer an: «Aber was er bei Manchester United manchmal macht, da frage ich wirklich: Wo ist er das ganze Jahr ? Wenn ich das mit heute vergleiche ... er war einfach Weltklasse, also wirklich. Wenn er diese Spielfreude hat und bei Frankreich spielt, dann ist er deren bester Mann.»
Und dann wird Pogba auch noch von Antonio Rüdiger gebissen. Oder auch angeknabbert. «Ich glaube, er hat seinen Mund abgeputzt», scherzt Markus Babbel. In einem Interview sagte Rüdiger vor dem Spiel, man müsse «ekelhaft» sein. Babbel: «Und das hat er in einer Art und Weise angewendet, die sehr grenzwertig ist.» Für Andreas Böni, stellvertretender Chefredaktor Blick Sport, hätte Rüdiger dafür Rot sehen müssen.
«Das sieht unglücklich aus»
Das Biss-Opfer aber macht daraus kein Drama. Pogba sagt nach der Partie: «Ich bin da keiner, der nach einer Karte schreit. Ich glaube, er hat mich ein wenig gebissen, das ist freundschaftlich, wir kennen uns gut.» Auch Rüdiger meldet sich zu Wort: «Da darf ich mit dem Mund nicht so an seinen Rücken hingehen – gar keine Frage. Das sieht unglücklich aus», so der Profi von Champions-League-Sieger Chelsea nach dem Spiel. Die beiden hätten sich nach Abpfiff «freundschaftlich ausgesprochen».
Diese Wogen sind geglättet. Im Gegensatz zum Eigentor von Mats Hummels, der, nachdem ihn Jogi Löw 2019 im Rahmen eines angestrebten Generationenwechsel ausgemustert hat, nun doch wieder ran darf. Und was macht er? Er entscheidet das Spiel mit einem Eigentor. «Um Hummels Willen» titelte die Bildzeitung. Noch in der Nacht auf Mittwoch meldet sich Hummels über Instagram bei seinen Fans: «Die Niederlage schmerzt uns sehr und mich besonders, weil mein Eigentor das Spiel am Ende entschieden hat». Und weiter: «Wir haben alles reingeworfen und einen tollen Kampf geliefert. Dass wir spielerisch noch Luft nach oben haben, wissen wir natürlich auch. Aber man hat gesehen, dass wir uns zerreissen wollen bei diesem Turnier, dass wir euch wieder begeistern und erfolgreich sein wollen.»
Die Deutschen stehen jetzt mächtig unter Druck. Das nächste Spiel ist am Samstag (18.00 Uhr in München) gegen den amtierenden Europameister Portugal mit Ronaldo. Doch Markus Babbel ist überzeugt: «Mit der Performance vom Dienstag können sie Portugal schlagen.» Auch Sforza glaubt daran, dass neben den Franzosen auch Deutschland «noch ziemlich weit kommen wird.» (ebo)