Auf der Homepage der NHL hiess es unlängst mit Pathos: «Die Zukunft ist weiblich. Die Zukunft hat begonnen.» Jüngstes Beispiel dafür: Die Seattle Kraken haben Analytics-Spezialistin Alexandra Mandrycky (31) zum Assistant General Manager befördert.
Diese Position hatten in diesem Jahr bereits vier weitere NHL-Klubs mit Frauen besetzt: Vancouver mit der vormaligen Spieleragentin Émilie Castonguay (38) und US-Legende Cammi Granato (51), Chicago mit Ex-Spielerin Meghan Hunter (41), Toronto mit der vierfachen Olympiasiegerin Hayley Wickenheiser (44) und New Jersey mit Kate Madigan (29), die seit sechs Jahren in verschiedenen Rollen für den Klub tätig war.
Auch in vielen anderen Positionen sind Frauen im nordamerikanischen Männer-Hockey im Vormarsch. So wird mit Jessica Campbell (30), die an der WM im Staff der Deutschen mitwirkte, bei den Coachella Valley Firebirds erstmals eine Frau in der AHL (als Assistenzcoach) an der Bande stehen. Die Kanadierin war in diesem Sommer auch bei Kloten ein Thema, als der Aufsteiger Unterstützung für Coach Jeff Tomlinson suchte.
«Manchmal braucht es nur einen Dominostein, der fallen muss», sagt Castonguay. In der Schweiz blieb der Domino-Effekt zunächst aus, was auch mit Florence Schelling zu tun haben könnte. Als die ehemalige Top-Torhüterin 2020 als Sportchefin beim SC Bern vorgestellt wurde, sorgte dies weltweit für Schlagzeilen. Doch die Zürcherin scheiterte.
Ex-SCB-Sportchefin Schelling referiert in Malmö
Auf Anfrage wollte sich die 33-Jährige nicht zum Thema äussern. Anfang Oktober wird sie allerdings auf Einladung der europäischen Klub-Vereinigung E.H.C., die von SCB-Boss Marc Lüthi präsidiert wird, in Malmö darüber referieren, «warum die Klubs in Nordamerika beim Anheuern von Frauen im Hockey-Management viel besser sind als jene in Europa».
Frauen im Eishockey
Die Schweizer Verhältnisse sind schwer mit jenen in der NHL vergleichbar. Die NL-Sportchefs haben in der Regel keinen Assistenten und zahlreiche Mitarbeiter, während Vancouver-GM Patrick Allvin neben Castonguay und Granato noch zwei weitere Assistant General Manager zur Seite stehen. Schellings Karriere hätte es kaum geschadet, wenn sie nicht gleich auf dem heissesten Stuhl des Schweizer Hockeys begonnen hätte.
In den Organigrammen der 14 NL-Klubs findet man zwar gegen 100 Frauen. Doch die meisten haben nicht mit dem Sport-Management zu tun und sind im Rechnungswesen, Ticketing, in der Administration, im Catering oder als Masseurinnen tätig. Die grossen Ausnahmen: Vicky Mantegazza (am Montag 57), seit 2011 Präsidentin des HC Lugano. Und Stéphanie Mérillat (53), seit 2019 Co-Präsidentin des EHC Biel.
Lehmann und Zimmermann-Burgerstein gewählt
Neu ist auch bei den SCRJ Lakers eine Frau im Verwaltungsrat: Tanja Zimmermann-Burgerstein (53). Und diese Woche wurde Kathrin Lehmann (42) in den siebenköpfigen Verwaltungsrat des Verbands gewählt. Von der umstrittenen Frauen-Quote von 40 Prozent, die Bundesrätin und Sportministerin Viola Amherd verlangt, ist Swiss Ice Hockey damit aber immer noch weit entfernt.
Mehr zur Frauen-Quote
«Nur für die Frauen-Quote würde ich mich nicht wählen lassen. Denn ich möchte etwas beitragen können», sagt Zimmermann-Burgerstein. «Eine Frau soll eine Bereicherung für den VR sein wegen ihrer Perspektive, doch die Kompetenz muss Priorität haben. Alles andere wäre verantwortungslos.»
Frau Zimmermann-Burgerstein, warum engagieren sich nicht mehr Frauen im Eishockey?
Tanja Zimmermann-Burgerstein: Frauen haben vielleicht nicht immer einen starken Bezug zu einem Klub. Und sind eher eingeschüchtert, weil sie die Regeln nicht kennen.
Wie wurden Sie VR-Mitglied bei den SCRJ Lakers?
Bei mir kam es nicht ganz unerwartet und hat sich so ergeben. Schon als kleines Kind besuchte ich mit meinem Vater die SCRJ-Spiele, er wurde später Präsident. Schon lange bin ich engagiert im Klub, unser Unternehmen Burgerstein Vitamine unterstützt die Lakers schon seit über vierzig Jahren. Ich habe eine enge Verbundenheit mit diesem Verein. So wurde ich zur Kandidatin. Dass ich eine Frau bin, stand nicht im Vordergrund. Ich habe als Unternehmerin ja nicht gerade wenig zu tun in meinem Leben, und nur für die Frauen-Quote würde ich mich nicht wählen lassen. Denn ich möchte etwas beitragen können. Eine Frau soll eine Bereicherung für den VR sein wegen ihrer Perspektive, doch die Kompetenz muss Priorität haben. Alles andere wäre verantwortungslos.
Was sind Ihre Beweggründe?
Ich mache es, um meine Perspektive einbringen zu können. Um etwas zu bewegen in diesem Klub, der in den letzten Jahren schon so viel geschaffen hat. Gutes möchte ich festigen und den weiteren Weg weiter begleiten. Dafür kann ich Historie im Klub mitbringen.
Ist es bei einer Frau auch eine Geldfrage?
Nein, man muss nicht reich sein, das sucht man hier bei den Lakers auch nicht. Der SCRJ hat diese Unabhängigkeit von einem Mäzen geschaffen.
Was braucht es, um als Frau im einem Klub-VR in dieser Männerdomäne Hockey bestehen zu können?
Man muss die Akzeptanz finden. Und das gelingt meiner Meinung nach nur, wenn man authentisch und ehrlich ist – egal ob als Frau oder Mann. Ich hatte vielleicht einen kleinen Bonus, weil wir uns mit Burgerstein Vitamine in guten wie aber auch in schlechten Zeiten für den Klub eingesetzt haben. Die Lakers sind für uns eine Herzensangelegenheit. (N.V.)
Frau Zimmermann-Burgerstein, warum engagieren sich nicht mehr Frauen im Eishockey?
Tanja Zimmermann-Burgerstein: Frauen haben vielleicht nicht immer einen starken Bezug zu einem Klub. Und sind eher eingeschüchtert, weil sie die Regeln nicht kennen.
Wie wurden Sie VR-Mitglied bei den SCRJ Lakers?
Bei mir kam es nicht ganz unerwartet und hat sich so ergeben. Schon als kleines Kind besuchte ich mit meinem Vater die SCRJ-Spiele, er wurde später Präsident. Schon lange bin ich engagiert im Klub, unser Unternehmen Burgerstein Vitamine unterstützt die Lakers schon seit über vierzig Jahren. Ich habe eine enge Verbundenheit mit diesem Verein. So wurde ich zur Kandidatin. Dass ich eine Frau bin, stand nicht im Vordergrund. Ich habe als Unternehmerin ja nicht gerade wenig zu tun in meinem Leben, und nur für die Frauen-Quote würde ich mich nicht wählen lassen. Denn ich möchte etwas beitragen können. Eine Frau soll eine Bereicherung für den VR sein wegen ihrer Perspektive, doch die Kompetenz muss Priorität haben. Alles andere wäre verantwortungslos.
Was sind Ihre Beweggründe?
Ich mache es, um meine Perspektive einbringen zu können. Um etwas zu bewegen in diesem Klub, der in den letzten Jahren schon so viel geschaffen hat. Gutes möchte ich festigen und den weiteren Weg weiter begleiten. Dafür kann ich Historie im Klub mitbringen.
Ist es bei einer Frau auch eine Geldfrage?
Nein, man muss nicht reich sein, das sucht man hier bei den Lakers auch nicht. Der SCRJ hat diese Unabhängigkeit von einem Mäzen geschaffen.
Was braucht es, um als Frau im einem Klub-VR in dieser Männerdomäne Hockey bestehen zu können?
Man muss die Akzeptanz finden. Und das gelingt meiner Meinung nach nur, wenn man authentisch und ehrlich ist – egal ob als Frau oder Mann. Ich hatte vielleicht einen kleinen Bonus, weil wir uns mit Burgerstein Vitamine in guten wie aber auch in schlechten Zeiten für den Klub eingesetzt haben. Die Lakers sind für uns eine Herzensangelegenheit. (N.V.)
Ein flammendes Plädoyer für mehr Frauen in Sport-Gremien gibt Lehmann ab. «Es ging ein Ruck durch die Gesellschaft, auch in der Männerdomäne Hockey», sagt die ehemalige Eishockey- und Fussballnationalspielerin. «Es geht ja um strategisches Management. Es ist erwiesen, dass Teams erfolgreicher sind, wenn die Boards divers zusammengesetzt sind. Um in Zukunft vorwärtszukommen, muss man sich auch für die Zukunft aufstellen. Denn es kommen schwere Zeiten auf den Sport, vor allem den Amateursport zu. Da braucht es alle Perspektiven.»
Den Männern an den Schalthebeln der Macht ist die Frage nach Jobs für Frauen im Schweizer Hockey meist unangenehm, weil man da schnell in ein Fettnäpfchen treten kann.
Einer, der sich zum Thema äussert, ist Raeto Raffainer (40). «In der Schweiz haben wir insgesamt 30’000 Lizenzierte, davon sind aber nur 1800 Frauen. Da ist es logisch, dass es nicht so viele Kandidatinnen gibt, wenn man eine Stelle im Sport-Management besetzt», sagt der neue SCB-CEO, der auch Mitglied des Councils des internationalen Verbands und SIHF-VR ist.
Verbands-CEO Bloch: «Erzwingen bringt nichts»
Und Patrick Bloch (37), der CEO des Verbands, sagt, dass man sich auf allen Ebenen der Frauenförderung verschrieben habe. So sei die zurückgetretene Schiedsrichterin Anna Wiegand eingestellt worden, um Frauen als Unparteiische zu gewinnen und zu fördern. Von einer Frauen-Quote hält er wenig: «Erzwingen bringt nichts. Es sollten die richtigen Personen in der richtigen Position sein, sonst wird man der Frauenförderung auch nicht gerecht.»
Zum oft vorgebrachten Einwurf, es sei schwierig, geeignete Kandidatinnen zu finden, sagt Lehmann: «Suchen und Finden sind zwei unterschiedliche Dinge. In zwei Tagen liste ich zehn Topkandidatinnen für einen Sportverband auf. Das Frauen-Netzwerk ist grösser und stärker geworden. Aber es braucht Zeit, bis Frauen in einem Sportklub oder -verband zur Normalität gehören.»
Mit ihrer Kandidatur bei der Swiss Football League war Lehmann noch knapp gescheitert. Doch sie ist voller Tatendrang: «Es ist kein Geheimnis, dass das nicht mein letztes VR-Amt im Sport sein könnte.»
Vielleicht bringt sie ja die Domino-Steine in der Schweiz ins Rollen. «Mir liegt am Herzen, dass Frauen in Führungspositionen genauso Fehler machen dürfen wie Männer und sich davon nicht beirren lassen», sagt sie. «Wir lösen jetzt hoffentlich in vielen Frauen aus: Das kann und will ich auch.»