Erste Frau an einer Männer-WM
Hockey-Pionierin Campbell muss sich deplatzierte Fragen gefallen lassen

Wenn die Nati heute auf Deutschland trifft, steht beim Gegner auch eine Frau an der Bande: Die Kanadierin Jessica Campbell (29).
Publiziert: 24.05.2022 um 07:55 Uhr
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Aktualisiert: 24.05.2022 um 11:21 Uhr
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Jessica Campbell ist die erste Frau, die bei einer Männer-Eishockey-WM coacht.
Foto: imago/ActionPictures
Grégory Beaud

Die Frage einer slowakischen Journalistin liess Jessica Campbell sprachlos zurück. «Wie fühlen Sie sich als hübsche Frau, wenn Sie von einer ganzen Reihe von Männern umgeben sind? Vielleicht gefällt Ihnen der eine oder andere Mann besser als die anderen.» Was sollte man auf eine solche Frage antworten?

Die Kanadierin ist seit Beginn des Turniers als Assistenztrainerin von Toni Söderholm (44) auf der Bank der Deutschen. Und weil die ehemalige Nationalstürmerin die erste Frau ist, die auf dieser Ebene tätig ist, zieht sie viel Aufmerksamkeit auf sich. Doch seit der unpassenden Frage gibt sie nun keine Interviews mehr.

«Ich sehe nicht wirklich Hürden, ich sehe nur Ziele», sagte die erst 29-Jährige, die mit ihrer Kompetenz und ihrer klaren Ansprache die Spieler schnell überzeugt hat. «Mein Ziel als Trainerin war es immer, auf dem höchsten Level zu arbeiten. Es geht nicht unbedingt um Männer- oder Frauen-Sport.»

Campbell ist nicht überrascht, dass sie den Job bekam

Söderholm und sie hätten «ähnliche Vorstellungen davon, wie das Spiel gespielt werden sollte», sagte Campbell, die während der Saison als Technik- und Assistenz-Trainerin bei den Nürnberg Ice Tiger angeheuert hatte, gegenüber IIHF.com. «Ich bin nicht überrascht, dass ich diesen Posten bekommen habe, denn ich bin selbstbewusst. Andererseits bin ich dankbar, dass man mir diese Möglichkeit gegeben hat.»

Campbell arbeitet am Unterzahlspiel und an der Entwicklung der Spieler. «Ich habe eine Ausbildung im Eislaufen und in der Entwicklung technischer Fähigkeiten, aber ich helfe dem Staff auch mit meinem Wissen und einer anderen Perspektive, die ich einbringen kann. Ich versuche, den Spielern zu zeigen, wie sie mehr Erfolg haben können, wenn sie ihre Technik verbessern.»

Söderholm, der 2005 bis 2007 für den SCB verteidigte, erklärte: «Sie hat eine Vision, die mir gefällt, und sie ist jemand, der sehr lernwillig ist und sehr hart arbeitet. Die Rückmeldungen, die ich von meinen Spielern bekomme, sind übrigens hervorragend.» Für die Geschlechter-Frage hat der Finne kein Verständnis. «Man dreht sich im Flieger auch nicht um, wenn man merkt, dass die Kapitänin eine Frau ist.»

Deutschland hat zuletzt fünfmal in Folge gewonnen und könnte sich gar noch den Gruppensieg schnappen.

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