In Schweden ist er der gefeierte Mann: Am Montag schoss Lian Bichsel (19) in Skelleftea das einzige Tor des Abends, womit Rögle die Finalserie zum 1:1 ausgleichen konnte. Der Solothurner feierte den Treffer ausgelassen, provozierte auch die Fans ein wenig, indem er eine Hand hinters Ohr legte und dann auch noch die Zunge rausstreckte. «Ich kann nicht erklären, was mir durch den Kopf ging. Ich war einfach froh, dass wir ein Tor erzielt haben», sagte er darauf, wie der «Expressen» schreibt. «Es macht Spass, den Final zu spielen, es gibt viele Emotionen, also hat es Spass gemacht, das Publikum in Schwung zu bringen.»
Neben seiner sportlichen Klasse hat das Riesen-Talent eben auch die Fähigkeit, Leute vor den Kopf zu stossen. So auch Nati-Coach Patrick Fischer. Der sagte am Wochenende über den Verteidiger, der am Montag mit über 24 Minuten mehr als jeder andere auf dem Eis stand, gegenüber hockeyfans.ch: «Wir haben mit ihm kommuniziert, dass es, nachdem er uns bei der U20-WM zum zweiten Mal in Stich gelassen hat, Konsequenzen haben wird. Er wird daher nicht zu uns stossen.» Die WM in Prag wird also ohne Bichsel über die Bühne gehen.
Der Erstrunden-Draft der Dallas Stars will sich nicht zur WM-Ausbootung äussern und sich voll auf den Final konzentrieren, wie sein Management ausrichten lässt.
Der damalige U20-Coach Bayer beendete ersten Zwist
Dass die Nati-Bosse den 1,96-Meter-Riesen zumindest für dieses Jahr zur Persona non grata erklärten, hat Gründe. Der Zwist begann schon vor bald zwei Jahren. Damals wollte Bichsel nach einem harten Sommer mit zusätzlichen Einheiten vor den Draft-Fitnesstests später zur Vorbereitung einrücken, worauf die wegen Covid auf August verschobene U20-WM ohne ihn stattfand.
Erst als der damalige U20-Nati-Coach Marco Bayer nach Schweden reiste und persönlich mit dem Talent sprach, wurde die Eiszeit beendet. Der Verteidiger spielte darauf an der nächsten, regulären U20-WM und gab später auch sein Nati-Debüt. Bichsel zog sich vor einem Jahr aber kurz vor der WM in einem Vorbereitungsspiel in Schweden einen Knöchelbruch zu.
Bichsel behielt sein grosses Ziel, sich in der NHL zu etablieren, im Auge. Und ging seinen eigenen Weg. Nachdem er den Sprung ins Team der Dallas Stars noch nicht geschafft hatte und in der AHL zum Einsatz gekommen war, entschied er sich, wie geplant, Anfang Dezember zurück nach Schweden zu Rögle zu wechseln. Und weil dort Roger Hansson (ex EVZ Accademy) Cam Abbott als Trainer ersetzte, gab Bichsel der U20-Nati einen Korb für die WM, um seinen Platz bei seinem neuen Team nicht zu gefährden.
Nach Playoff-Final noch einmal nach Texas?
Beim Verband hiess es, dass man den Entscheid akzeptiere, und liess zunächst offen, ob er Konsequenzen nach sich ziehen würde. Nach der Nordamerika-Reise zu den NHL-Stars fiel dann der Entscheid: Bichsel ist bei dieser WM nicht erwünscht. Offenkundig will man nicht, dass jeder zur Nati oder U20 kommt, wie es ihm gerade passt. Gefragt ist ein klares «Commitment», ein Bekenntnis zur Nati. Damit scheint auch der Sohn des ehemaligen Handball-Nationalspielers André Bichsel leben zu können. Schon im Januar sagte er zu Blick: «Es kommt, wie es kommt.»
Man kann nur hoffen, dass sich die Nati-Tür für Bichsel nicht komplett schliesst. Talente wie ihn gibt es im Schweizer Hockey nur sehr wenige. Die Zukunft des Verteidiger-Kolosses liegt in der NHL.
Ob Bichsel überhaupt an die WM in Prag hätte kommen können, steht auf einem anderen Blatt. Sobald der Final mit Rögle zu Ende ist, wird er wieder in den USA erwartet. Entweder bei den Texas Stars in der AHL oder als Joker bei Dallas – je nach Verlauf der Playoffs.