In wenigen Tagen findet das sogenannte Closing statt, dann kann die UBS die Credit Suisse formell übernehmen. Viel Klarheit wird es dann aber noch nicht geben. Zwar hat UBS-Chef Sergio Ermotti (63) angekündigt, alle internationalen Bereiche der beiden Banken zusammenzulegen. Was aber in der Schweiz geschehen soll, bleibt offen.
Die UBS will sich bis nach den Sommerferien Zeit nehmen, um die Optionen zu analysieren. Für Kenner des Finanzplatzes lässt sich Ermotti zu viel Zeit: «Er müsste gleich nach dem Closing sagen, was er vorhat», sagt ein Insider. Konkret: «Er müsste jetzt reinen Wein einschenken und sagen, dass von der CS nichts mehr übrig bleibt. Dass die UBS ihr Basisszenario einer Vollintegration durchziehen wird.»
Das Kalkül der UBS, dass sich der politische Pulverdampf verzieht, wenn man nur lange genug wartet, könnte scheitern. Kurz nach dem denkwürdigen 19. März, als die Zwangsheirat der Grossbanken beschlossen wurde, exponierte sich FDP-Präsident Thierry Burkart (47) im Blick mit der Aussage, das Schweizer Geschäft der Credit Suisse müsse vom Rest getrennt werden.
Zweite Grossbank für den Wettbewerb
«Heute bin ich immer noch dieser Meinung», sagt Burkart zweieinhalb Monate später. «Eine separate Credit Suisse Schweiz ist besser für die Schweiz, für die KMU und für die Mitarbeitenden der Bank», sagt er. Die Unternehmen bräuchten eine zweite Geschäftsbank, die international vernetzt ist. Nur so sei der Wettbewerb gewährleistet, der mit einer einzigen Grossbank nicht mehr gegeben sei. Eine andere Bank, die in die Bresche springen könnte, gibt es laut Burkart nicht.
«Wenn es weiterhin eine CS Schweiz gibt, bleiben auch Tausende von Arbeitsplätzen erhalten», gibt er zu bedenken. Auch für den Staat sei eine ausgegliederte CS Schweiz besser, weil die systemischen Risiken bei einem Konkurs der UBS geringer wären, sagt der Aargauer Ständerat.
Für Burkart hat sich an der Ausgangslage seit der Fusionsankündigung nichts geändert: «Eine kombinierte Grossbank UBS/CS ist für die Schweiz zu gross.» Der Politiker setzt darauf, dass die UBS von sich aus einlenkt und die CS Schweiz abspaltet. Tut die UBS dies nicht, droht der Grossbank der Regulierungshammer: «Es ist zu befürchten, dass die Politik den Finanzplatz umso härter regulieren wird, wenn die UBS die CS Schweiz nicht abspaltet.»
Der Druck ist gross: Am Dienstag machte CH Media ein SP-Papier publik, das eine massive Reduktion der Bilanzsumme um über 70 Prozent auf 400 Milliarden Franken fordert. Die Partei argumentiert, die fusionierte Grossbank sei viel zu gross für die Schweiz. Mitte-Chef Gerhard Pfister setzt beim Eigenkapital an und fordert eine Vervierfachung der ungewichteten Eigenkapitalquote auf 20 Prozent.
CS-Schweiz-Chef lobbyiert für Abspaltung
Kenner des Finanzplatzes wenden ein, dass eine selbständige CS Schweiz eine zu kleine Bilanz hätte, um grosse Firmenkredite zu vergeben. Auch fehle der CS Schweiz die nötige internationale Vernetzung. Dazu sagt Burkart: «Natürlich kenne ich diese Bedenken. Ich bin aber überzeugt, dass sich dafür die richtigen Lösungen finden lassen.
Ähnlich sehen das auch die Spitzenvertreter der CS Schweiz. CS-Schweiz-Chef André Helfenstein (56) und Firmenkundenchef Andreas Gerber (54) führen hinter den Kulissen intensive Gespräche mit Unternehmern und Managern, wie ein kontaktierter Firmenchef gegenüber dem SonntagsBlick sagt. «Sie versuchen uns zu überzeugen, dass ein Alleingang der CS Schweiz das Beste für die Schweiz ist.»
Helfenstein und Gerber würden damit den Deal und die Interessen der UBS torpedieren, sagt der Firmenlenker, der den Sinn einer eigenständigen CS Schweiz anzweifelt. Helfenstein und Gerber standen für ein Gespräch nicht zur Verfügung. Eine CS-Sprecherin lehnte eine Stellungnahme ab.
Sergio Ermotti sagte in einer seiner ersten Stellungnahmen nach seiner Rückkehr an die Spitze der UBS, man müsse die Fusion auf der Basis von Fakten analysieren – und nicht auf der Basis von Emotionen. Inzwischen muss man feststellen, dass die Emotionen in der Frage der Eigenständigkeit der Credit Suisse auf allen Seiten hochkochen.