Eine rassistische Hassnachricht müsste doch bestraft werden, dachte sich der russische Botschafter in der Schweiz Sergei Garmonin. Doch das Bundesstrafgericht urteilt nicht zugunsten des Geschädigten – allerdings wegen einer Formfrage, berichtet die «BZ Basel».
Was war passiert? Rund drei Monate nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine schickt ein Zürcher der Botschaft in Bern eine Mail. «Nur ein toter Russe ist ein guter Russe – das gilt auch für den Botschafter», steht drin.
Die Botschaft kontaktiert daraufhin das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Die Rede ist von «Morddrohungen gegen Herrn Botschafter Sergei Garmonin». Am Ende des Schreibens mit der Bitte, den Urheber der Hassnachricht ausfindig zu machen, prangt der Stempel der Botschaft. Unterschrieben ist der Brief von keiner konkreten Person.
«Aus Emotion gehandelt»
Der Russlandhasser wird schnell gefunden und von der Bundesanwaltschaft wegen Drohung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Doch der Mann erhebt Einsprache. Er habe «aus der Emotion heraus gehandelt», weil er Freunde in der Ukraine habe, sagt er. Er habe sich zwar gewünscht, dass der Botschafter tot sei, aber er habe nicht explizit geschrieben, dass er ihn umbringen wolle.
Mit dieser Rechtfertigung kommt der Mann tatsächlich durch. Die Bundesanwaltschaft stellt den Fall ein. Die Begründung: Es sei kein Straftatbestand erfüllt.
Dieser Entscheid überrascht. Denn in einem ähnlichen Fall hatten die Justiz-Behörden anders entschieden. Ein Rentner hatte dem SVP-Nationalrat Franz Grüter (60) wegen seiner Position zum Ukraine-Krieg geschrieben: «Leute wie dich sollte man am nächsten Baum aufhängen.» Infolge wurde er von der Bundesanwaltschaft unter anderem wegen Drohung zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.
Strafanzeige muss persönlich eingereicht werden
Im Fall von Sergei Garmonin will auch die russische Botschaft den Zürcher verurteilt sehen. Sie lässt das Urteil der Bundesanwaltschaft nicht auf sich sitzen und reicht Beschwerde beim Bundesstrafgericht ein. Ohne Erfolg. Allerdings bleibt das Verfahren nicht etwa wegen Mangel an Straftatbestand eingestellt.
Vielmehr wird Garmonin eine Formsache zum Verhängnis. Er hätte persönlich eine Strafanzeige einreichen müssen. Weil das Ursprungsschreiben an das Aussendepartement nicht unterschrieben war, sei diese Voraussetzung nicht erfüllt. Zwar habe die Bundesanwaltschaft versäumt, Garmonin darauf hinzuweisen. Das ändere dennoch nichts an den aktuellen Umständen, heisst es.
Garmonin argumentiert, er sei als Botschafter und nicht als Privatperson bedroht worden. Laut Strafgesetz könne aber nur eine Person und nicht eine Institution «in Angst oder Schrecken versetzt» werden – was dem Tatbestand einer Drohung entspricht. Und weil die dreimonatige Frist, innerhalb der eine Strafanzeige eingereicht werden muss, längst vorbei ist, könne Garmonin auch keine weiteren Schritte unternehmen.
Drohungen gegen Journalisten
Garmonin selbst geriet zuletzt ins Visier der Öffentlichkeit, nachdem die Botschaft einem «NZZ»-Journalisten wegen dessen Berichterstattung über den Ukraine-Krieg mit rechtlichen Massnahmen in Russland gedroht hatte. Garmonin wurde beim EDA einbestellt.
«Bei dieser Gelegenheit wurde dem russischen Botschafter mitgeteilt, dass die Äusserungen inakzeptabel sind und diese Art der Einschüchterung von Medienschaffenden nicht toleriert werde», teilte ein Sprecher des EDA im April mit. (man)
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