BLICK: Wie wird Russland reagieren, wenn US-Präsident Donald Trump Syrien angreift?
Sergej Garmonin: Jede unbedachte Äusserung kann schlimme Folgen haben. Wir bauen auf die Vernunft der Amerikaner, dass dieser Point of no Return nicht überschritten wird.
Wie will Russland verhindern, dass sich dieser Konflikt ausweitet?
Wir haben den Uno-Sicherheitsrat einberufen lassen, damit alle Seiten ihre Sicht der Dinge darlegen können.
Diese Positionen sind doch klar: Es geht darum, dass Assad unschuldige Zivilisten mit Giftgas umgebracht hat.
Es könnte eine Inszenierung der Terroristen gewesen sein. Es wäre nicht das erste Mal. Mehr noch: An dieser Inszenierung beteiligten sich Geheimdienste eines Landes, das nun die russophobe Kampagne anführt.
Sie glauben wirklich, dass es gar keinen Giftgas-Angriff gegeben hat?
Viele Zeugen, Ärzte und Krankenschwestern, sagen aus, sie hätten nichts von einem Giftgaseinsatz bemerkt. Unsere Militärs haben Proben genommen und nichts festgestellt. Seltsamerweise hat man bisher auch noch keine Bilder von Beerdigungs-Zeremonien oder Gräbern der angeblichen Opfer gesehen.
Sie sagen, Russland will Krieg verhindern. Aber ist es nicht gerade Russland, das in Syrien den Krieg immer wieder anfacht?
Als unsere Luftwaffe begonnen hat, syrische Truppen im Kampf gegen Terroristen zu unterstützen, lag der grösste Teil des Landes in den Händen des Islamischen Staates. Inzwischen ist Syrien praktisch von diesen Dschihadisten befreit. Vorher hatte dies die westliche Koalition versucht – ohne Erfolg.
Wie lange soll der russische Einsatz noch dauern, und was ist das Ziel in Syrien?
Im Dezember 2017 hat unser Präsident Wladimir Putin angekündigt, mit dem Abzug des wesentlichen Teils der in Syrien stationierten Streitkräfte zu beginnen. Er ist bereits am Laufen.
Die Russen werden sich kaum ganz zurückziehen. Es geht doch auch um den Zugang zum Mittelmeer...
Es sind zwei Stützpunkte geblieben: In Tartus gibt es einen Marinestützpunkt, in Hmeimim eine Basis für die Luftwaffe. Wir haben eine Vereinbarung mit Syrien – im Gegensatz zu unseren amerikanischen Partnern, die nicht eingeladen wurden. Solange dieser Vertrag gültig ist, haben wir das Recht, zu bleiben.
Wie schätzen Sie Assad ein?
Wir unterstützen den legitimen Präsidenten eines souveränen Staates. Er hat sich offiziell an uns gewendet und uns um Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus gebeten. Wir können beobachten, welche tragischen Folgen die von den USA betriebene Regierungswechsel-Politik im Nahen Osten hat.
Vor kurzem hat Präsident Putin neue Atomraketen und Hyperschall-Waffen vorgestellt. Was hat Russland vor?
In seiner Rede sagte Putin, dass es eine Antwort auf den Ausstieg der USA aus dem Vertrag zur Begrenzung von Raketenabwehrsystemen sei. Wenn wir nicht antworten können, ist unsere Sicherheit nicht gewährleistet. So wird ein Gleichgewicht hergestellt.
Muss man Angst vor einer Ausdehnung Russlands haben?
Wir betreiben keine Expansionspolitik im Gegensatz zu einigen andern Ländern.
Was war denn mit der Krim?
Die Krim ist per Abstimmung wieder zu Russland zurückgekommen, nachdem sie vor 60 Jahren unrechtmässig verschenkt worden war. Es war ein deutlicher demokratischer Entscheid der absoluten Mehrheit der Halbinsel.
Die baltischen Staaten gehörten vor knapp 30 Jahren auch noch zur Sowjetunion, Finnland war bis vor 100 Jahren russisch. Holt sich Russland auch diese Territorien wieder zurück?
Russland hat kein Interesse an einer gewaltsamen Ausdehnung. Eine Gebietserweiterung kommt nur in Frage, wenn sich ein Volk demokratisch für eine Angliederung an Russland entscheiden würde.
Donald Trump hat diese Woche gesagt, dass das aktuelle Verhältnis zwischen den USA und Russland schlechter sei als im Kalten Krieg. Wie schätzen Sie dieses Verhältnis ein?
Unser Präsident verhält sich zurückhaltend. Er zeigt Bereitschaft zur Entwicklung der bilateralen Beziehung. Mein Lieblingssprichwort dazu: Es braucht zwei zum Tango tanzen. Während des Wahlkampfs hatte auch Trump solche Bereitschaft gezeigt. Aber wegen der innenpolitischen Lage ist er offenbar nicht immer in der Lage, seine Versprechen zu halten.
Müsste Russland bessere Werbung für sich machen, um sein Image zu ändern?
Wie, wenn in Amerika russische Sender geschlossen werden? Ich bin aber davon überzeugt, dass uns die Fussball-WM Gelegenheit geben wird, unsere Gastfreundlichkeit zu zeigen und unser Ansehen zu verbessern.
Sie sind seit Januar 2017 Botschafter in der Schweiz. Welchen Eindruck macht die Schweiz auf Sie?
Als Gott die Länder verteilte, hob er sich einen kleinen Flecken auf. Da kamen die Schweizer zu ihm, weil sie nichts hatten. Gott gab ihnen jenes kleine Stück, das er eigentlich für sich behalten wollte. Es ist ein schönes Land mit fleissigen und zielstrebigen Menschen. Ihre Entscheide sind immer wohlüberlegt. Ich geniesse auch das erstklassige Kulturangebot.
Was erwarten Sie von der Schweiz im politischen Bereich?
Ich schätze ihre vermittelnde Rolle, so etwa für Russland in Georgien. In Genf gibt es mehr Treffen von internationalen Organisationen als in New York! Diesen Trumpf soll die Schweiz unbedingt weiter ausspielen sowie ihre unabhängige, souveräne Aussenpolitik weiter betreiben.
Wann wird Putin die Schweiz besuchen?
Es wäre mein grosser Stolz, wenn es mir gelänge, ihn in die Schweiz zu bringen. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, etwa das WEF in Davos. Zurzeit ist er beschäftigt mit der Bildung einer neuen Regierung. Aber ich bemühe mich darum!
Sergei Garmonin (65) ist seit Januar 2017 russischer Botschafter in der Schweiz. Seine diplomatischen Stationen führten von Moskau über Burma, Neuseeland, die Türkei und New York nach Bern. Garmonin – sein Name bedeutet «Harmonie» – lebt mit seiner Frau Elena (65) in Bern. Das Paar hat einen Sohn (38) und eine Tochter (30) sowie zwei Enkelinnen. Garmonins Hobbys sind Lesen und Reisen. Garmonin sagt stolz: «Wir sind 45 Jahre verheiratet. Eine Saphirhochzeit!»
Sergei Garmonin (65) ist seit Januar 2017 russischer Botschafter in der Schweiz. Seine diplomatischen Stationen führten von Moskau über Burma, Neuseeland, die Türkei und New York nach Bern. Garmonin – sein Name bedeutet «Harmonie» – lebt mit seiner Frau Elena (65) in Bern. Das Paar hat einen Sohn (38) und eine Tochter (30) sowie zwei Enkelinnen. Garmonins Hobbys sind Lesen und Reisen. Garmonin sagt stolz: «Wir sind 45 Jahre verheiratet. Eine Saphirhochzeit!»
Washington – Wird es einen Vergeltungsschlag gegen das Assad-Regime geben wegen der Giftgas-Attacke in Duma? Der Westen ringt um seine Linie. Nach anfänglichem Auftrumpfen zögert US-Präsident Donald Trump. «Es wurde keine endgültige Entscheidung getroffen», sagte seine Sprecherin gestern nach einem Treffen Trumps mit seinen Sicherheitsberatern: Man werte weitere Geheimdienstberichte aus. Trump bekräftigte allerdings in einem Telefonat mit der britischen Regierungschefin Theresa May, dass es eine Reaktion geben müsse. Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss vorsorglich aus, dass Deutschland sich an einem Militärschlag beteiligen würde. Ihr Aussenminister Heiko Maas forderte trotzdem in Brüssel eine einheitliche Reaktion des Westens auf Assads Giftgas-Bomben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron appellierte per Telefonat an seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin, dieser möge nicht weiter eine Uno-Resolution blockieren.
Washington – Wird es einen Vergeltungsschlag gegen das Assad-Regime geben wegen der Giftgas-Attacke in Duma? Der Westen ringt um seine Linie. Nach anfänglichem Auftrumpfen zögert US-Präsident Donald Trump. «Es wurde keine endgültige Entscheidung getroffen», sagte seine Sprecherin gestern nach einem Treffen Trumps mit seinen Sicherheitsberatern: Man werte weitere Geheimdienstberichte aus. Trump bekräftigte allerdings in einem Telefonat mit der britischen Regierungschefin Theresa May, dass es eine Reaktion geben müsse. Bundeskanzlerin Angela Merkel schloss vorsorglich aus, dass Deutschland sich an einem Militärschlag beteiligen würde. Ihr Aussenminister Heiko Maas forderte trotzdem in Brüssel eine einheitliche Reaktion des Westens auf Assads Giftgas-Bomben. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron appellierte per Telefonat an seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin, dieser möge nicht weiter eine Uno-Resolution blockieren.