Fischenthal im Zürcher Oberland. Etwas mehr als 2000 Einwohner zählt die Gemeinde, die bei Wahlen regelmässig konservativer als der restliche Kanton abstimmt. Entsprechend gross ist die Skepsis gegenüber Corona-Massnahmen.
Emilia B.* führt dort einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb, hält Schafe und Hühner. Seit Montag unterrichten sie und ihr Mann zudem ihre Tochter im Homeschooling. Denn seit Montag gilt im Kanton Zürich Maskenpflicht ab der vierten Klasse.
11 von 21 Kindern gehen noch zur Schule
Sie wollte nicht, dass die Neunjährige in der Schule den ganzen Tag mit Maske herumlaufen muss, erklärt B. «Das macht für mich einfach keinen Sinn, wenn ich die Corona-Zahlen anschaue. Die gehen runter, gleichzeitig werden die Massnahmen verschärft und mit der Maskenpflicht für Schulkinder eine eingeführt, deren Nutzen überhaupt nicht erwiesen ist.» Deshalb habe sie ihre Tochter ins Homeschooling geholt.
So wie die Schafzüchterin machen es auch diverse andere Menschen in Fischenthal. In dieselbe Klasse wie die Tochter gehen nur noch 11 von 21 Kindern, der Rest wird zu Hause unterrichtet. Und im gesamten Kanton hat sich die Zahl des sogenannten kurzfristigen Privatunterrichts von 100 auf rund 200 Schülerinnen und Schüler verdoppelt. Im Vergleich mit den insgesamt 160'000 Schülern, die es im Kanton gibt, sind das wenige. Aber die Tendenz ist steigend. Gesamtschweizerische Zahlen gibt es keine.
«Mir geht es um ein politisches Statement»
Die promovierte Politikwissenschaftlerin Emilia B. will festhalten, dass sie keineswegs grundsätzlich gegen Corona-Regeln ist. Öffentliche Kritik an den Massnahmen vernehme sie bisher lediglich aus der rechten Ecke.
«Damit identifiziere ich mich in keinster Art und Weise», hält B. fest. Sie befolge alle Massnahmen und hätte diese bis Weihnachten auch stets nachvollziehen können. Bis jetzt: «Mir geht es dabei nur um ein politisches Statement. Ich glaube nicht, dass die Maske für meine Tochter direkte gesundheitsschädigende Auswirkungen hätte.»
«Müssen uns nicht unserem Schicksal ergeben»
Apropos Behörden: Mit diesen ist B., zumindest was das Homeschooling angeht, zufrieden. Die Anmeldung sei überhaupt kein Problem gewesen und die Lehrer hätten vollstes Verständnis gehabt. Auch jetzt würde sie von der Schule Unterstützung in Form von Arbeitsblättern erhalten, obwohl diese nicht mehr dazu verpflichtet ist. «Ich freue mich, dass wir Handlungsspielraum haben und uns nicht unserem Schicksal ergeben zu müssen», sagt sie.
Ein Jahr lang können sie und ihr Mann ihre Tochter nun maximal zu Hause unterrichten. Gewisse Regeln muss sie dazu befolgen, beispielsweise bestimmte Pflichtfächer und eine gewisse Anzahl von Stunden berücksichtigen. Diese beträgt laut Gesetz bei Einzelunterricht übrigens nur 13,5 Stunden pro Woche, statt wie in der Schule 27 Stunden. «Das ist natürlich auch super. So können mein Mann und ich mit unserer Tochter jeden Morgen drei Stunden konzentriert lernen und am Nachmittag andere Dinge mit ihr unternehmen.»
Kanton sieht die Entwicklung locker
Was hält der Kanton vom Homeschooling? Myriam Ziegler, Chefin des Zürcher Volksschulamts lässt ausrichten, dass es Sache der Eltern sei, wie sie die gesetzliche Schulpflicht erfüllen möchten.
B. freut sich bereits, ihre Tochter wieder in die Schule zu schicken – wenn die Maskenpflicht wegfällt. Und falls sie sich irrt und die Zahlen bald steigen werden? «Das ist mir wichtig: Mit unserer Entscheidung gefährden wir niemanden. Anders als Leute, die bewusst in der Öffentlichkeit auf Masken verzichten oder andere Massnahmen boykottieren.»
*Name geändert