Sommer 2022 in Luzern. Samstagnachmittag, eines der einzigen Wochenenden, an denen die 34-Jährige nicht arbeiten muss. Zusammen mit ihren Freunden geht sie auf der Hundewiese beim Lido feiern. Sie stellt ihr Auto in einem Halteverbot ab. Danach lässt sie die Korken knallen, da ihr Freund sie später nach Hause fahren soll. Sie hat zwei Promille intus. Kurz darauf sieht sie die Polizei neben ihrem Auto. Sie erklärt ihnen, dass ihr Partner jeden Moment kommen wird, um das Auto wegzufahren. Doch die Polizei drängt sie, dies gleich selbst zu tun. Die Frau gibt letztlich dem Druck der Behörden nach, rollt ein paar Zentimeter rückwärts und wird verhaftet, wie die «Neue Luzerner Zeitung» berichtet.
So absurd das Ganze klingt, so real fühlt es sich nun für die Angeklagte vor dem Luzerner Bezirksgericht an. Die Staatsanwaltschaft verlangt eine Busse von 24'000 Franken, da sie vermutet, dass sie längere Zeit betrunken gefahren ist. Die junge Frau betont jedoch immer wieder, dass die Polizei sie unter Druck gesetzt habe. Ihre Version der Geschichte: Von Anfang an seien die Polizisten unhöflich und aggressiv ihr gegenüber gewesen. «Können sie etwa nicht mehr fahren? Jetzt tun Sie nicht so», soll einer der beiden Beamten zu ihr gesagt haben.
«Ich habe mich vorgeführt gefühlt»
Danach will sie ihren Führerausweis holen, setzt sich dafür in ihr Auto und lässt die Scheibe runter. Erneut soll der Polizist sie gedrängt haben, das Auto doch gleich selbst wegzufahren. Und das tut sie. Im Rückwärtsgang rollt sie wenige Zentimeter, hält jedoch wieder an und gesteht, dass sie nicht mehr in der Verfassung ist, um Auto zu fahren. Den beiden Beamten ist dies egal. Die Situation eskaliert, sie wollen die Frau sofort mitnehmen. Die Angeklagte will aber nicht ohne ihren Hund gehen, der immer noch auf der Wiese spielt. Daraufhin rufen die Polizisten Verstärkung – diese marschieren auf, in Vollmontur. «Ich habe mich vorgeführt gefühlt», gibt sie gegenüber dem zuständigen Richter an. Man könne doch nicht «solch ein Unmensch» sein. Das sieht auch der Richter so. Er glaubt der Angeklagten, dass die Beamten sie unter Druck gesetzt hätten und dass sie ihr Auto lediglich aus dem Halteverbot fahren wollte.
Die Frau wird dennoch zu einer Strafe von 10'000 Franken verurteilt. Denn so ungewöhnlich der Fall auch sein mag, ihr betrunkenes Verhalten ist den Behörden bekannt. Das Strafregister der Angeklagten zeigt: Sie ist kein unbeschriebenes Blatt. Neben fahrlässiger Körperverletzung ist es auch nicht das erste Mal, dass sie mit zwei Promille hinter dem Steuer sass. (mgf)