Van Gogh wird mit Tomatensuppe besudelt, Monet mit Kartoffelstock. Klima-Aktivisten haben mit ihren jüngsten Aktionen in diversen Kunstmuseen für Aufsehen gesorgt. So schütteten zwei Aktivistinnen Tomatensuppe auf ein Gemälde von Vincent Van Gogh (1853–1890) in London. Ein Bild von Claude Monet (1840–1926) in Potsdam bekam Kartoffelstock ab.
Auch in der Schweiz kam es zu ähnlichen Aktionen. Mitte September nahmen zwei Aktivisten der Organisation Renovate Switzerland Giovanni Segantinis (1858–1899) «Alpweide» im Kunsthaus Zürich ins Visier. Sie klebten sich am Rahmen fest. Das Bild wurde nicht beschädigt, der Rahmen schon. Die Restaurationskosten belaufen sich auf rund 1000 Franken, schreibt der «Tages-Anzeiger». Das Kunsthaus habe Anzeige erstattet. Zeitgleich klebten sich zwei Renovate-Aktivisten in Lausanne im Musée des Beaux-Arts an einem Bild von Giovanni Giacometti (1868–1933) fest. Auch in diesem Fall trug der Rahmen Schäden davon.
Verhältnismässigkeit statt Massnahmen-Turbo
Geht jetzt die Furcht in Schweizer Museen um, Opfer von weiteren Anschlägen zu werden? Die jüngsten Ereignisse haben die Gefahr solcher Angriffe ins Bewusstsein gerufen, heisst es von verschiedenen Institutionen. Doch erhöhte Alarmbereitschaft bestehe in vielen Museen bislang nicht.
Im Landesmuseum Zürich, das die Sammlung des Schweizerischen Nationalmuseums verantwortet, lasse man sich von solchen Protest-Aktionen nicht beirren: «Bei uns gelten immer strenge Sicherheitsmassnahmen – unabhängig von derartigen Aktionen», sagt Mediensprecher Alexander Rechsteiner zu Blick. Über die konkreten Massnahmen und allfällige Anpassungen gibt das Landesmuseum keine Auskunft.
In St. Gallen ist die potenzielle Gefahr durch Aktivismus ein Thema: «Wir haben das Sicherheitspersonal informiert», erklärt Gloria Weiss, Mediensprecherin des Kunstmuseums St. Gallen. Man wolle den Besuch aber so angenehm wie möglich halten, sagt Weiss zu Blick. «Wir machen sicher keine Razzia. Wir haben unter anderem viele Schulklassen und kontrollieren nun nicht alle Rucksäcke.»
Auch im Kunstmuseum Luzern bleibt man derweil locker: «Für grosse Sorgen sehen wir aktuell keinen Anlass», sagt Sprecherin Eveline Suter zu Blick. Deshalb verschärfe man die Massnahmen auch nicht. Man vertraue auf die geltenden Sicherheitsvorkehrungen. Darunter fallen unter anderem festgeschriebene Taschengrössen, Aufsichtspersonen in den Ausstellungsräumen oder Laser-Abschrankungen bei heiklen Werken. Sobald diese übertreten werden, ertönt ein unangenehmer Pfeifton.
Die, die verschärfen, halten sich bedeckt
Die Sicherheitsvorkehrungen verschärft hat das Kunstmuseum Bern, berichtet die «Aargauer Zeitung». Wie genau das aussieht, erklärt die Kommunikationschefin des Museums nicht. Doch auch in Bern setze man weiterhin auf gängige Massnahmen wie Taschenkontrolle und Videoüberwachung. Auch das Kunstmuseum Basel habe interne Vorkehrungen getroffen, berichtet der «Tages-Anzeiger». Konkrete Angaben bleiben auch hier aus – aus Sicherheitsgründen.
Das Kunsthaus Zürich, das erst kürzlich so eine Aktion erlebt hat, habe sich auch mit der Verschärfung der Sicherheitsmassnahmen auseinandergesetzt. Schliesslich habe man sich aber dagegen entschieden, erklärt die Medienchefin Kirstin Steiner gegenüber der «Aargauer Zeitung». Man erachte das nicht als verhältnismässig: «Wir wollen unsere Besucherinnen und Besucher nicht in dieser Weise behelligen.»
Keine 100-prozentige Sicherheit
Auch wenn viele Schweizer Kunstmuseen mit ruhigem Puls auf die aktuelle Lage blicken, ist man sich der Tatsache bewusst, dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht unüberwindbar sind. «Wenn jemand die nötige kriminelle Energie hat, findet man Wege», sagt Eveline Suter vom Kunstmuseum Luzern. «Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es leider nie.»
Selbst die Glasscheibe, die Van Goghs «Sonnenblumen» in London beschützt hat, biete keine Garantie, wendet Alexander Rechsteiner vom Landesmuseum Zürich ein: «Wenn etwa Tomatensauce auf den Rahmen kommt, zieht die Flüssigkeit in den Rahmen ein. Das Bild muss aus dem Rahmen entfernt werden und die Gefahr für eine Beschädigung ist gross.» Für Rechsteiner ist deshalb klar: «Solche Aktionen dürfen nicht verharmlost werden.»