Zermatter Polizei-Kader kassiert Strafbefehl für Rambo-Ausraster – Opfer sagt
«Das alles nur wegen etwas falsch entsorgtem Müll!»

David Brilla wollte in Zermatt nur etwas Biomüll entsorgen. Wegen eines übermotivierten Polizisten eskaliert die Sache aber. Brilla wird verletzt und die Angelegenheit ein Fall für die Gerichte.
Publiziert: 00:39 Uhr
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Aktualisiert: vor 11 Minuten
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David Brilla (45) wollte in Zermatt nur etwas Biomüll entsorgen.
Foto: Martin Meul

Auf einen Blick

  • Mann entsorgt Plastikbox illegal, Polizeieinsatz eskaliert – Gerichtsverfahren
  • Polizist ausser Dienst greift hart durch, verletzt Mann nach kürzlicher Schulter-OP
  • Geldstrafe von 3100 Franken für Polizisten, 300 Franken Busse für Müllsünder
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Martin MeulReporter News

Diesen Dienstagnachmittag vergisst David Brilla (45) so schnell nicht mehr. Es ist kurz nach Mittag, als der Zermatter bei einer der Abfallentsorgungsstellen im Dorf etwas Biomüll loswerden will.

Aus einem kurzen Spaziergang wird jedoch ein schmerzhafter Ausflug auf den Polizeiposten in Handschellen – und ein Gerichtsverfahren, das sich nun schon seit über drei Jahre hinzieht.

An jenem 7. Dezember 2021 hat David Brilla seine Küchenabfälle in einer der typischen grünen Plastikboxen dabei. Bei der Entsorgungsstelle stellt Brilla fest, dass der Deckel der Box festgefroren ist, immerhin ist es Winter in Zermatt VS. Er reisst den Deckel auf. «Dabei ging die Box kaputt», sagt Brilla zu Blick.

Den Biomüll entsorgt er ordnungsgemäss. «Weil die Box kaputt war, wollte ich sich nicht mehr mit nach Hause nehmen und habe sie in den grossen Müllcontainer geworfen», so Brilla. Damit beginnen die Probleme.

Der Grund: In den Container dürfen nur Abfälle, die sich in gebührenpflichtigen Kehrichtsäcken befinden. Brilla hat seine Box also illegal entsorgt.

Dieser Verstoss gegen das Zermatter Abfallreglement wird von Ignaz H.* beobachtet. H. ist damals Vize-Polizeichef von Zermatt – inzwischen hat er dieses Amt nicht mehr inne. An diesem Tag ist er nicht im Dienst und in Zivil unterwegs. Er will Brillas Vergehen nicht hinnehmen, teilt ihm mit, dass er Polizist ist, und fordert Brilla auf, seine Personalien anzugeben. Dann eskaliert die Situation, wie dem entsprechenden Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Oberwallis zu entnehmen ist.

Prellungen und blaue Flecken

Denn Brilla versteht zunächst nicht, was der Polizist von ihm will. «Immerhin habe ich am Anfang keinen Ausweis oder sonst irgendetwas Offizielles gesehen», sagt er. Deshalb will er sich entfernen, doch H. hält ihn fest. «Danach ist alles total aus dem Ruder gelaufen», sagt Brilla. Vor allem, weil er sich drei Wochen zuvor die Bizepssehne abgerissen hatte und an der Schulter operiert werden musste. «Das habe ich dem Polizisten immer wieder gesagt, doch er hat einfach weitergemacht.»

Ignaz H. drückte Brilla gegen eine Wand. So steht es im Strafbefehl. «Das hat mir sehr wehgetan. Ausserdem hat er mich auch gewürgt», sagt Brilla. Später stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass Brilla «mehrere Prellungen und blaue Flecken im Bereich der rechten Wange, Hals, Schulter und oberen Brust erlitten hat».

Inzwischen sind weitere Polizisten eingetroffen, bei Brilla klicken die Handschellen. Dieser sagt: «Das alles nur wegen etwas falsch entsorgten Mülls! Es ist unfassbar, denn ich hatte danach wirklich starke Schmerzen.»

Ein Fall fürs Gericht

Nach dem Vorfall zeigte Brilla den Polizisten H. deshalb an. «Ich wollte das einfach aus Prinzip geklärt haben», sagt er. Per Strafbefehl verurteilte die Staatsanwaltschaft im November 2023 den Polizisten wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 3100 Franken, angesetzt auf eine Probezeit von zwei Jahren. H.s Vorgehen sei «unverhältnismässig» gewesen. Doch weil der Polizist den Strafbefehl nicht akzeptiert hat, wird die Sache Ende März nun vor dem Bezirksgericht Visp VS erneut aufgerollt.

Unterdessen hatte die Sache für Brilla ebenfalls Konsequenzen. Wegen der unrechtmässig entsorgen Plastikbox musste er eine Busse von 300 Franken bezahlen. «Die Busse war gerechtfertigt, doch das Ganze kommt mir heute noch vor wie ein schlechter Traum», sagt er.

Ignaz H. wollte sich nicht zu den Vorwürfen gegen ihn äussern. Gleiches gilt für Gemeindepräsidentin Romy Biner-Hauser. Sie verweist auf das laufende Verfahren. Es gilt weiterhin die Unschuldsvermutung, da kein rechtskräftiges Urteil vorliegt.

*Name geändert

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