Die ganze Welt beschäftigt sich mit Wladimir Putin. Am Mittwoch kommt der russische Präsident zum Gipfeltreffen mit Joe Biden in die Schweiz. Wie wird sich der Mann, der im Westen als Antiheld gilt, verhalten? Was wird er sagen?
Auch ich muss mich immer wieder mit Putin befassen. Ob ich will oder nicht. Denn meine russische Herkunft gibt den Menschen um mich herum oft den Anlass, mich zu ihm zu befragen. Alleine der Umstand, dass ich in der Sowjetunion geboren bin, verpflichtet mich in ihren Augen offenbar zu einer Stellungnahme.
Wobei die meisten auf die Frage «Und, was hältst du eigentlich von Putin?» gar keine ausführliche Antwort erwarten. Sie gehört zum Small-Talk-mit-einem-Russen-Einmaleins einfach dazu.
Würde ich nicht heissen, wie ich heisse, würde kaum jemandem in den Sinn kommen, meine Schweizer Identität anzuzweifeln. Es ist mein Name, der mich «enttarnt».
Es passiert nie, dass mein Name nichts auslöst. Stattdessen dient er meinem Gesprächspartner oft direkt als Beweis für meine angebliche Trinkfestigkeit oder meine Kälteresistenz. In den Reaktionen schwingt manchmal ein Misstrauen mit. Besonders Frauen müssen sich mit abfälligen Stereotypen rumschlagen. Attribute wie Geldgier und Promiskuität führen die Klischeeliste an.
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Um mein voreingenommenes Gegenüber von meinen Qualitäten zu überzeugen, hing ich früher immer ein «Aber ich bin im Engadin aufgewachsen» an, wenn es um mein Herkunftsland ging. Als wäre es eine Bringschuld. Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Minderheiten, sich von schwarzen Schafen permanent abgrenzen zu müssen, um nicht in den gleichen Topf geworfen zu werden.
Für meine Schweizer Freunde bin ich das Paradebeispiel der Integration. «Du bist doch gar keine typische Russin, du bist wie wir», bekam ich immer zu hören. Ein Kompliment, das jedoch impliziert, dass «typisch russisch» zu sein, etwas ist, von dem man sich lösen sollte.
Ein Interesse an Russland, das über Putins Politik hinauswächst, könnte helfen, den Denkfehler der Vergangenheit angehören zu lassen. Antiheld hin oder her.