Auf einen Blick
- Am nächsten Sonntag finden in Belarus Wahlen statt. Der Sieger steht schon fest: Diktator Alexander Lukaschenko
- Das Regime hat drei Schweizer Politiker für Propaganda angeworben
- Minsk zahlt ihnen Reise- und Hotelkosten, die Politiker schwärmen
Der Diktator von Belarus ruft zur Urne. Wenn sich Langzeitherrscher Alexander Lukaschenko (70) am nächsten Sonntag erneut zum Sieger von Scheinwahlen ausrufen lässt, werden in Minsk auch Schweizer Politiker vor die TV-Kameras treten.
Dokumente zeigen: Das belarussische Aussenministerium hat hierzulande mindestens drei Wahlbeobachter angeworben. Das Regime zahlt ihnen die Reise- und Hotelkosten, erwartet im Gegenzug aber freundliche Worte über den Diktator. Erste Termine für TV-Interviews sind bereits in Vorbereitung.
Mit dabei: Politquerulant Eric Weber
Ernst zu nehmende Oppositionskandidaten sind zur Wahl am nächsten Sonntag nicht zugelassen. Lukaschenko weigert sich auch, unabhängige Wahlbeobachter ins Land zu lassen – etwa solche der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Er bevorzugt selbst rekrutierte Ausländer, die ihm wohlgesinnt sind.
Drei von ihnen stammen aus der Schweiz. Es handelt sich um den Basler Politquerulanten Eric Weber (61), den Zuger SVP-Kantonsrat Patrik Kretz (31) und den Baselbieter Wilhelm Wyss (25), ehemaliges Vorstandsmitglied der SVP Münchenstein und Gründer des Vereins Russisch-Schweizerische Freundschaft (VRSF).
Blick liegt ein persönliches Schreiben des belarussischen Aussenministers Maxim Ryschenkow an Weber vor, in dem er den Basler Grossrat zur Wahl einlädt: «Ich hoffe, dass es Ihnen möglich ist, unser Land zu besuchen.» Und: «Bitte seien Sie meiner höchsten Wertschätzung versichert.»
Wahlfälscher, der Wahlen beobachtet
Dass ausgerechnet Weber von der «Volksaktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat (VA)» als Wahlbeobachter nach Belarus eingeladen wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Gegen den Basler Politiker läuft ein Verfahren wegen Wahlfälschung, 2014 wurde er bereits einschlägig verurteilt. Er hatte mehrere Personen dazu gedrängt, ein zweites Wahlkuvert zu beziehen und ihn zu wählen.
Weber bestätigt, dass er am Montag für eine Woche nach Minsk reisen wird. Er behauptet: «Die Medien haben ein falsches Bild von Belarus. Dort ist vieles moderner als in der Schweiz.»
Haben Sie Hinweise zu brisanten Geschichten? Schreiben Sie uns: recherche@ringier.ch
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Erfahrungen mit Reisen nach Minsk haben zwei weitere von Belarus angeheuerte Politiker aus der Schweiz. SVP-Kantonsrat Kretz und Russlandversteher Wyss versuchten als angebliche Wahlbeobachter bereits die belarussischen Parlamentswahlen vor einem Jahr reinzuwaschen. «Nach allem, was wir heute gesehen haben, können wir sagen, dass alles gut organisiert ist», wurde Kretz damals von belarussischen Medien zitiert. Die Bürger des Landes gingen «motiviert und gut gelaunt» zur Wahl.
Gegenüber Blick wollte der SVP-Kantonsrat keine Stellung nehmen. Anders Wilhelm Wyss. Er schwärmt: «Minsk ist eine extrem saubere, gut organisierte Stadt.» Und behauptet: «Man kann seine Meinung frei äussern.»
Die Fakten sprechen gegen Wyss: Lukaschenko sperrt Kritiker ein, lässt Gegenkandidatinnen und Gegenkandidaten verhaften. Nach den Präsidentschaftswahlen 2020, bei denen nachweislich manipuliert wurde, liess er Proteste der Opposition immer wieder brutal niederknüppeln.
Wyss blendet das aus. «Die Wahlen sind frei und fair», sagt er, die Proteste «vom Westen eingefädelt». Der Jung-Politiker bewundert nicht nur den Diktator von Belarus, sondern auch seinen mächtigsten Unterstützer, den russischen Machthaber Wladimir Putin (72). Am 7. Oktober 2023 posierte er auf Instagram mit einem Putin-Porträt. Dazu schrieb er: «Ich wünsche dem Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Wladimirowitsch Putin, alles Gute und Gottes reichen Segen zu seinem 71. Geburtstag!»
Treffen mit Schweizer Botschafterin
Schweizer Politiker im Dienst von Diktatoren. Das Aussendepartement (EDA) betont, der Bund sei in die Angelegenheit nicht involviert. Kontakte bestehen aber offenbar. Als Politquerulant Eric Weber im Sommer nach Minsk reiste, wurde er von der Schweizer Botschafterin Christine Honegger Zolotukhin persönlich begrüsst. Ein EDA-Sprecher sagt dazu: «Es ist üblich, dass gewählte Volksvertreter aus der Schweiz von Schweizer Botschafterinnen und Botschaftern im Ausland für einen Höflichkeitsaustausch empfangen werden.» Mit den Wahlen in Belarus habe das Treffen jedoch nichts zu tun gehabt.