Die Schweiz solle dem Regime des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko unangenehme Fragen stellen, sagte Tichanowskaja in einem am Montag veröffentlichten Interview mit Tamedia. «Die Schweiz hat das diplomatische Personal», sagte sie.
Von der Schweizer Botschafterin in Minsk, Christine Honegger Zolotukhin, würde sich Tichanowskaja wünschen, «dass sie sich aktiver für die Freilassung von Menschen einsetzt, die aus politischen Gründen unter schlimmsten Bedingungen inhaftiert sind».
EDA verteidigt seine Arbeit
Das Interview entstand vor dem Besuch von Tichanowskaja Anfang dieser Woche in der Schweiz. Sie reist am Montag für ein Treffen mit den Botschaftern der Vereinten Nationen (Uno) nach Genf. Am Dienstag will sie Vertreterinnen und Vertreter des Schweizer Parlaments und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) treffen, darunter Staatssekretär Alexandre Fasel.
Die Schweiz setze sich sowohl im bilateralen als auch im multilateralen Rahmen für willkürlich inhaftierte Personen in Belarus ein, betonte das EDA am Montag. Die Schweizer Botschafterin in Minsk leiste diesbezüglich einen wichtigen Beitrag.
«Was macht die Uno? Nichts»
Der Uno warf die Politikerin Untätigkeit vor: «Menschen werden willkürlich verhaftet, Menschen sterben in Gefängnissen. Was macht die Uno? Nichts.» Der Tod des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny solle ein Weckruf für die Vereinten Nationen sein. «Wir dürfen solche eklatanten Menschenrechtsverletzungen nicht länger dulden», sagte sie.
Kurz nach dem Tod Nawalnys traf sich Tichanowskaja mit der Frau des russischen Oppositionsführers, Julia Nawalnaja. Die Oppositionsbewegungen würden nicht häufig zusammenarbeiten, sagte Tichanowskaja. Die Bedingungen in Belarus und Russland seien unterschiedlich.
«2020 fanden in Belarus Präsidentschaftswahlen statt, die ich laut unabhängigen Auszählungen gewonnen habe», sagte die ins Exil geflohene Politikerin. Die Wahlen hätten ihr das Recht gegeben, eine Schattenregierung zu bilden, so Tichanowskaja. Die Europäische Union erkennt Lukaschenko nicht mehr als Staatschef an. (SDA)