Den fast zwei Meter grossen Juri Garawski (44) plagen Gewissensbisse: Er war Mitglied einer Sondereinheit, die mehrere Entführungen und Morde beging – im Auftrag des belarussischen Diktators Alexander Lukaschenko.
Nun wird Juri Garawski in der Schweiz der Prozess gemacht: Vor dem Kreisgericht Rorschach – aber in den Räumen des Kantonsgerichts St. Gallen – muss er sich am 19. September für seine mutmasslichen Taten verantworten, berichtet der «Tages-Anzeiger». Doch warum hier? Garawski lebt seit Jahren im Kanton St. Gallen, hat nach seiner Flucht aus Belarus Asyl beantragt.
Ex-Innenminister entführt und getötet
Garawski war in den 90er-Jahren Mitglied der schnellen Spezialeingreiftruppe Sobr. Die Truppe entführte vor über 20 Jahren im Auftrag des belarussischen Innenministeriums mehrere Oppositionelle, liess diese verschwinden. Prominentestes Opfer: Der ehemalige Innenminister Juri Sacharenko.
Der Hüne schilderte in einem Interview mit der «Deutschen Welle» und später auch in einem Treffen mit Sacharenkos Tochter, was er und sein Team im Mai 1999 mit Sacharenko taten. Sie hätten ihn gepackt, gefesselt und in ein Auto gezerrt. In der Nähe eines Waldstücks habe sich das Opfer auf den Boden legen müssen.
Der Gründer der Sondereinheit Sobr habe dann zweimal geschossen – zwei Kugeln in den Rücken. «Er lag mit seinem Gesicht zum Boden, genauso war es bei Gontschar und Krassowski. Ihnen allen wurde in den Rücken geschossen», sagt Garawski der «Deutschen Welle». Danach sei die Leiche eingeäschert worden.
«Ich war damals 20 Jahre alt»
Garawski will büssen für seine Taten, auch wenn er beteuert, nie selbst abgedrückt zu haben. Er sei nur ein Zahnrad im System gewesen. «Ich war damals 20 Jahre alt. Ich habe den Mord an ihrem Vater nicht initiiert», sagte Garawski beim Treffen zu Sacharenkos Tochter.
2018 flüchtete Garawski aus Belarus und sorgte mit seinem Geständnis für internationales Aufsehen. Laut dem «Tages-Anzeiger» reichte daraufhin die Organisation NGO Trial International eine Strafanzeige gegen Garawski ein, der danach verhaftet wurde und auch bei den St. Galler Behörden ein umfassendes Geständnis ablieferte.
Laut der Zeitung beantragt die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren, wovon ein Jahr zu vollziehen sei. Dabei wird sich die Anklage auf die Aussagen von Garawski stützen. Reichen diese für eine Verurteilung nicht aus, sei er stattdessen wegen Irreführung der Rechtspflege zu verurteilen. (neo)
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