In den beiden Thurgauer Gemeinden Müllheim und Wigoltingen hat man Grosses vor. Nahe beim Bahnhof soll der «Wigoltingen Innovation Park» entstehen. Zudem sind zwei weitere grosse Projekte geplant. Die Dimensionen sind gigantisch: 80'000 Quadratmeter Wiesen und Felder sollen in den nächsten 30 Jahren praktisch komplett überbaut werden.
Die Verantwortlichen der Eckhaus AG präsentierten der Bevölkerung dafür mehrere Pläne, sogenannte Visionen. Im Dezember letzten Jahres versammelten sich dafür knapp 150 Bürgerinnen und Bürger in der Mehrzweckhalle Wigoltingen.
Auch Einwohnerin Caroline Roat (60) besuchte die Veranstaltung – und erlebte einen Schock. Auf dem Plan «Entwicklung bis 2025» ist ihr Haus noch eingezeichnet. Bei der Visualisierung «Entwicklung bis 2040» hingegen ist es einfach verschwunden. Stattdessen ist auf ihrem Grundstück ein gigantisches neues Gebäude eingezeichnet (siehe Grafik).
«Ich dachte nur: ‹Hallo?! Hilfe, mein Haus ist weg›», sagt die ehemalige Postangestellte zu Blick. Sie wohnt zusammen mit ihrem Mann (63) und dem gemeinsamen Sohn (29) im Einfamilienhaus. Dieses gehört seit Mitte der 80er-Jahre der Familie. Es liegt zwischen Mühlen und Silos am Chemebach. Nur: Was wird daraus?
Die Verantwortlichen hätten ihre Sorgen entkräftet und ihr entgegnet, dass der Plan nicht final sei, erzählt Roat. Eine Enteignung sei kein Thema. Doch bei Roat blieb ein ungutes Gefühl.
Zukunftsplan hat bis jetzt schon 120'000 Franken gekostet
Wigoltingens Gemeindepräsidentin Sonja Wiesmann (56), die auch für das Bauwesen in der Gemeinde zuständig ist, beschwichtigt im Gespräch mit Blick: «Es handelt sich hier um nichts Rechtsgültiges.» Bei der vorliegenden Vision gehe es lediglich darum, einschätzen zu können, inwiefern sich der Innovationspark und die anderen Projekte auf den Verkehr auswirken könnten. Dieser «Gedanke in die Zukunft» hat die Stimmbürger bis dato schon 120'000 Franken gekostet.
Sie könne zwar den Unmut einzelner Bürger verstehen, sagt sie. Trotzdem: «An dieser Infoveranstaltung waren 150 Leute. Nur drei davon haben ein Problem damit.» Nebst Roat noch zwei weitere Hausbesitzer, die einer grossen Überbauung eigentlich lieber nicht weichen möchten.
Caroline Roat traut den Beruhigungsversuchen der Gemeinde nicht. Sie hat Angst, bald gezwungen zu sein, ihr Haus aufzugeben. Angesichts der Aussagen Wiesmanns dürfte sich Roat in ihrer Aussage bestätigt sehen. Sie sagt: «Ich fühle mich von der Gemeinde nicht wahrgenommen!»