Mitarbeiter erheben schwere Vorwürfe gegen Protz-Chef (29) von St. Galler Solar-Firma
«Mit unseren Löhnen kaufte er sich einen Lamborghini!»

Der Chef (29) der Photovoltaik-Bude Viva Solar verprasst die Einkünfte seiner Firma, statt die Angestellten zu bezahlen. Diese wissen nicht mehr weiter.
Publiziert: 00:52 Uhr
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Aktualisiert: 12:57 Uhr
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Robert Godlewski (47) arbeitete als Monteur bei der Viva Solar AG – bislang umsonst!
Foto: Helena Graf

Auf einen Blick

  • Viva Solar-Chef Ivan H. prellt Mitarbeiter um Löhne und Sozialabgaben
  • Mit Firmeneinkünften leistet er sich Luxus: Rolex-Uhren, Lamborghini und Wochenendtrips in den Süden
  • Die Viva Solar hat über eine Million Franken Schulden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Helena GrafReporterin

Die meisten Angestellten der Photovoltaik-Firma Viva Solar in Rebstein SG sind Monteure, die finanziell gerade so durchkommen. In den vergangenen Monaten warten mehrere von ihnen vergeblich auf ihren Lohn, während sich Chef Ivan H.* (29) Luxusferien gönnt. «Ich weiss nicht, wie ich meine Wohnung, die Krankenkasse, mein Essen bezahlen soll», sagt ein Mitarbeiter zu Blick.

Seit der Gründung der Viva Solar im Juni 2023 hat ihr Inhaber Ivan H. zahlreiche Angestellte verärgert, manche in die Verzweiflung getrieben. Robert Godlewski (47) zum Beispiel, der sich Ende 2024 erstmals auf dem Sozialamt anmelden musste. Er hat letzten September als Monteur bei der Viva Solar angefangen. Godlewski (47) arbeitete fünf Wochen bis zur Kündigung – ohne Bezahlung. «Ich habe keinen Rappen gesehen», sagt er.

Ivan H. gönnt sich scheinbar Kurztrips und Luxusferien.

Ivan H. gründete Viva Solar im Juni 2023. Einer seiner ersten Angestellten war Gabriel L.* «Ich habe jeden Tag Überstunden gemacht», erzählt der Monteur. «Mein Chef drohte mir mit der Kündigung, wenn ich mit einer Baustelle nicht fertig wurde.»

Überstunden nicht bezahlt

Im November 2023 erlebte Gabriel L. einen Unfall: Während der Fahrt zwischen Büro und Baustelle rutschte die Leiter vom Autodach auf die Strasse. Sein Chef kündete ihm fristlos – und zog L. für die Verkehrsbusse 3000 und für die Leiter 1800 Franken vom Lohn ab.

Der Monteur ist irritiert: «Ich hatte die Busse bereits erhalten und bezahlt.» Zudem hätte er noch den Lohn für seine 111 Überstunden zu Gute gehabt: rund 4100 Franken. «Dieses Geld habe ich nie bekommen», sagt er.

Mehrere Angestellte berichten, dass Ivan H. die Sozialabgaben für sich behält. Sofija V.*, einst Betriebsassistentin, beschreibt chaotische Zustände: «Ivan führte keine Buchhaltung, sondern stapelte Forderungen und Dokumente in einer Kiste.»

Ivan H.s «Buchhaltung»: Eine Kiste voller Rechnungen, Urkunden und Forderungen.
Foto: zVg

Derweil scheint Ivan H. ein Luxusleben zu führen. Er protzt mit Rolex-Uhren, seinem Lamborghini und verschickt Fotos von seinen Wochenendtrips. Robert Godlewski, der bisher umsonst für die Viva Solar gearbeitet hat, ärgert sich: «Mit unseren Löhnen kaufte er sich einen Lamborghini!»

Betreibungsregisterauszug gefälscht?

Währenddessen ertrinkt die Viva Solar in Schulden: Kurz vor Weihnachten hatte die Firma Zahlungsbefehle, Betreibungen und Pfändungen im Wert von über 1,3 Millionen Franken offen. Ein entsprechender Betreibungsregisterauszug liegt Blick vor.

Seinen Kunden schicke H. jeweils einen blanken Betriebsregisterauszug vom Juni 2024, erzählt Sofija V. weiter. Dieser liegt Blick vor, ebenso Zahlungsbefehle und Konkursandrohungen, die im Juni 2024 bereits offen waren. Heisst: Der Auszug scheint nicht echt zu sein.

«Manchmal wird Ivan gegen Ende des Monats nervös, weil er kein Geld mehr hat. Dann kündigt er willkürlich einigen Mitarbeitern», erzählt Sofija V. Auch ihr schickt er Ende letzten Novembers die Kündigung. Darin behauptet er, Sofija V. habe selbst gekündigt und sei nicht mehr zur Arbeit erschienen. Sie habe also kein Anrecht auf ihren November-Lohn. «Eine dreiste Lüge!», sagt V.

Dasselbe erlebt ihre Arbeitskollegin Dunja L.* – auch sie hat ihren Lohn nicht erhalten. «Ich versuchte, Ivan zu erreichen. Nun hat er meine Nummer blockiert», so L.

Ivan H. schwänzt Gerichtstermine

Lukas Auer vom Rechtsdienst der Gewerkschaft Unia vertritt viele Ex-Mitarbeiter vor Gericht. «Wöchentlich melden sich neue Betroffene», sagt er. Einige Verfahren wurden bereits vor der Schlichtungsstelle verhandelt. Auer erzählt: «Ivan H. ist bislang nie erschienen.»

Lukas Auer berät sich mit seinem Klienten Gabriel L. vor dem Bezirksgericht Münchwilen TG.
Foto: Helena Graf

Anfang Dezember hätte er erneut vor dem Bezirksgericht Münchwilen TG antraben müssen. Monteur Gabriel L., dem die Leiter vom Dach gefallen war, forderte nämlich seine Überstunden ein – und die Lohnabzüge für die Busse und Leiter zurück. Doch auch diesmal schwänzt Ivan H. Die Verhandlung findet ohne ihn statt.

Gemäss der Unia-Zeitung «Work» habe das Gericht entschieden, dass Ivan H. dem Monteur sowohl die Überstunden begleichen, als auch den Lohnabzug zurückzahlen müsse. Total ergibt das knapp 9000 Franken. Überdies erhalte Gabriel L. vom Viva-Solar-Boss 800 Franken ausserrechtliche Entschädigung. H. habe noch die Möglichkeit, Rekurs einzulegen, schreibt die Zeitung.

Staatsanwaltschaft bestätigt Anzeige

Einige Vorwürfe gegen Ivan H. könnten ausserdem auch strafrechtlich relevant sein: etwa das Zurückbehalten der Sozialversicherungsbeiträge oder das Fälschen des Betreibungsregisterauszugs. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Die Viva Solar ist in St. Gallen angemeldet. Gegenüber Blick bestätigt die Staatsanwaltschaft, dass eine Anzeige gegen den Inhaber eingegangen ist.

Ivan H. hat auf keine der Anfragen von Blick reagiert. Ende November stritt er in einem Artikel der Unia-Zeitung «Work» sämtliche Vorwürfe ab. Die Löhne seien «korrekt bezahlt» und «frühere Versäumnisse» mit den Behörden «prompt geklärt» worden. Weiter sagte er: «Wenn einer ein Problem hat, soll er mit mir sprechen. Meine Tür steht allen offen.»

Der Solar-Boss hat sich seit Anfang Dezember kaum noch in seinem Geschäft blicken lassen. Der Vermieter der Geschäftsautos hat die Fahrzeuge zurückgefordert. Die meisten verbliebenen Angestellten haben ihren Dezember- und 13. Monatslohn nicht erhalten. Inzwischen gehen sie nicht mehr ins Geschäft, haben die Hoffnung aufgegeben, dass Ivan H. ihre Arbeit noch bezahlen wird.

*Namen geändert

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