Die letzten Wochen haben eindrücklich gezeigt, zu welchen Verheerungen Starkregen führen kann. Flüsse und Seen traten über die Ufer, überschwemmten Dörfer und Äcker, unterbrachen Strassen und Bahnlinien. In Deutschland und Belgien gab es sogar viele Tote.
Heftigkeit als auch Dauer des sintflutartigen Regens sind eng mit dem Klimawandel verbunden. Extreme Wetterlagen, wie das Tief Bernd sie mit sich brachte, gab es zwar schon immer, sie dürften aber mit der Erwärmung der Erdatmosphäre intensiver werden.
Wasserkreislauf verändert sich
Die Diagnose des Wasserforschers Klaus Lanz, Leiter des unabhängigen Forschungsinstituts International Water Affairs und Berater des Bundes, lässt keinen Zweifel: «Der menschengemachte Klimawandel verändert den Wasserkreislauf massgeblich. Die Atmosphäre erhitzt sich, kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen und entsprechend grössere Regenmengen abladen. In anderen Jahren wie 2018 fehlt der Regen ganz und die Böden trocknen aus.»
Die Statistik gibt Lanz recht: Bereits seit den 1970er-Jahren sind häufigere und heftigere Überflutungen zu beobachten. Zugleich gehen die Wasserstände im Sommer und Herbst generell zurück –sowohl in Flüssen und Seen als auch im Grundwasser.
«Die Dürreperioden werden länger und ausgeprägter», sagt Lanz. «Dass es jetzt wie aus Kübeln schüttet, bringt in der nächsten Trockenperiode nichts. Wir können dieses Wasser nicht speichern.» Kommt hinzu: Weil mit der Erwärmung auch die Schneegrenze steigt, fehlen im Sommer Schnee- und Gletscherwasser, um die Knappheit zu kompensieren.
Hitzebedingte Todesfälle
Während der Trockenperiode in den Jahren 2015 und 2018 lagen die Werte an rund 60 Prozent der Messstellen der Nationalen Grundwasserbeobachtung Naqua über Monate auf unterdurchschnittlichem Niveau. Das Absinken des Grundwassers, die tiefen Pegelstände in den Gewässern und die Hitze hatten damals dramatische Folgen für Mensch und Natur.
Zahlreiche hitzebedingte Todesfälle waren zu beklagen, Bäume vertrockneten, Bäche versiegten, im Rhein bei Schaffhausen kam es trotz Ausfischungen zu einem Fischsterben. Tierfutter und Trinkwasser wurden knapp. Einzelne Kantone verboten den Bauern, ihre Äcker aus Flüssen zu bewässern.
Landwirte gegen Wasserkraftwerke
Das Beispiel des Hitzesommers 2018 zeigte besonders deutlich: Wasser ist ein knappes und wertvolles Gut, um dessen Nutzung sogar in der Schweiz Konflikte entstehen können. «Auch wenn es angesichts der jetzigen Situation absurd scheint: Wir müssen vermehrt die Frage stellen, wer in Trockenzeiten das knappe Wasser bekommen soll», sagt Wasserforscher Lanz.
Einer der grössten Konflikte ist der zwischen Landwirten und den Betreibern der Wasserkraftwerke. Die Bauern wollen in Hitzeperioden möglichst viel Flusswasser haben, um ihre Felder zu bewässern. Und die Kraftwerksbetreiber wollen zur gleichen Zeit ihre Staubecken füllen, um die hohe Nachfrage nach Strom im Winter befriedigen zu können. Auch Industrie und Gewerbe lechzen nach Brauch- und Kühlwasser, Trinkwasser und Löschwasser müssen selbstverständlich ebenfalls bereitstehen. In trockenen Jahren können schon heute nicht mehr alle Ansprüche erfüllt werden.
«Wir müssen noch sorgfältiger mit unseren Wasserressourcen umgehen», sagt Lanz. «Angesichts des Klimawandels brauchen wir mehr Effizienz bei der Wassernutzung und einen besseren Schutz der Wasserressourcen vor Verschmutzung.»