Nun ist es doch so weit gekommen: Am Dienstag wurde der Lebensbaum von Rita (83) und Ernst Rufli (†87) nach einem langwierigen Nachbarschaftsstreit gefällt. Über 50 Jahre zierte die 15 Meter hohe Thuja ihr Einfamilienhaus in Seon AG.
Ein Nachbar hatte sich an dem Baum gestört, weil er zu nahe an seinem Grundstück stand und die gesetzlich festgelegte Maximalhöhe von sechs Metern überstieg. Das Bezirksgericht Lenzburg hatte ihm recht gegeben.
«Es hat sehr weh getan, als sie den Baum gefällt haben. Es sind viele Tränen geflossen», sagt Rufli zu Blick. «Ich bin froh, musste mein Mann das nicht mehr miterleben. Er ist vor Kurzem verstorben.» Die Thuja war sein Lieblingsbaum.
Plötzlich fielen zwei Schüsse
An dem «schwarzen Tag», als der Baum gefällt wurde, schaute Rufli gebannt dem Förster zu, der den Baum Stück für Stück zersägte. Plötzlich fielen Schüsse. «Es schiesst jemand mit einem Gewehr», sagt der Förster zu Tele M1. «Er hat schon zwei Mal geschossen. Gopfertammi.»
Dank seiner Schutzausrüstung blieb der Förster unverletzt. Es wird davon ausgegangen, dass jemand mit einem Luftgewehr auf ihn zielte. Rufli ist entsetzt: «Wir haben die Knalle deutlich gehört und waren sofort alarmiert, konnten aber keine Person mit einem Gewehr ausfindig machen. Ich kann nicht begreifen, wie man so etwas machen kann.»
Der Förster verzichtete auf eine Anzeige, da er nicht verletzt worden war. Die Kantonspolizei Aargau bestätigt: Bis jetzt sei keine Anzeige eingegangen, sagt ein Polizeisprecher zu Blick.
Aus der Thuja soll Kunst entstehen
Nach der Aufregung um die Schüsse konnte das Baumfällen schliesslich zu Ende gebracht werden. Auch wenn die Thuja laut Rufli dem grössten Teil der Nachbarschaft als Schattenspender und Zuhause für Vögel fehlen wird, kann aus ihr dennoch etwas Neues entstehen: «Die Spitze hat die Nachbarin mitgenommen, um daraus Salben und Cremes zu machen.»
Ein sechs Meter langer Teil des mächtigen Stammes wurde einem Künstler zur Verfügung gestellt. «Er möchte daraus eine Skulptur schnitzen», sagt Rufli. «Er möchte mir ein Foto von dem fertigen Werk schicken. Das wird dann ein schönes Andenken an unseren Lebensbaum.»