Irrer Streit vor Bezirksgericht Uster
Frau soll Nachbarn bespuckt haben – Freispruch

Ein Nachbarschaftsstreit eskaliert: Die Betroffenen wollen ihre Probleme vor dem Bezirksgericht Uster aus der Welt schaffen. Die Frau, die ihre Nachbarn malträtieren soll, wird aber freigesprochen.
Publiziert: 16.11.2022 um 19:12 Uhr
Die Verhandlung am Bezirksgericht Uster rund um den Nachbarschaftsstreit dauerte viereinhalb Stunden.
Foto: Blick

Mit der Nachbarschaft ist es wie am Roulettetisch: Manchmal hat man Glück, manchmal nicht. Kein Glück hatten die Nachbarn in einem Quartier einer Gemeinde im Zürcher Oberland. Seit Jahren tobt ein intensiver Nachbarschaftsstreit, der nun am Bezirksgericht Uster seinen vorläufigen Höhepunkt fand.

Wie der «Tages-Anzeiger» schreibt, musste sich eine Frau (54) wegen Nötigung und diverser weiterer Delikte verantworten. Im Jahr 2018 ist eine Familie ihr gegenüber in einen Neubau eingezogen. Seither komme dieses Ehepaar mit zwei Kindern und einem Hund nicht mehr zur Ruhe. Ähnlich ergeht es einer weiteren Familie, die oberhalb der 54-Jährigen lebt. In der Anklage ist die Rede von einer «psychisch enorm belasteten Familie» und einem «enormen Verlust an Lebensqualität».

Sie flucht, spuckt und zeigt sich nackt

Die Liste der Vorwürfe ist lang: Die alleinstehende Frau habe die Familien mehrfach beschimpft und bedroht. Rücksichtslos drehe sie im Garten die Musikanlage voll auf oder verursache mit Pfannen und Glocken grossen Lärm auf der Strasse. Sie fluche und zeige den Mittelfinger. Sie fotografiere die spielenden Kinder, verscheuche den Hund, spucke in Richtung der Mutter. Selbst vor den Kindern soll sie sich am geöffneten Fenster nackt und in aufreizender Manier gezeigt haben, heisst es in der Anklageschrift.

Vor Gericht erzählt eine Mutter, dass sie «täglich in unerträglicher Weise angegangen wird». Eine andere Mutter bezeichnet die Beschuldigte als «unvorhersehbar». Durch die Vorfälle seien die Familien gezwungen gewesen, sich enorm einzuschränken. Ausgedehnte Aufenthalte auf der Terrasse oder dem Balkon seien unmöglich geworden. Das Motiv der Frau: Sie wolle ihre Ruhe haben.

Gerichtsverhandlung ist der falsche Weg

Ein völlig anderes Bild vermittelte der Verteidiger, berichtet der «Tages-Anzeiger» weiter: In Wirklichkeit sei seine Mandantin diejenige, die unter der Nachbarschaft leide. Sie werde gestalkt und sei Opfer des «abscheulichen Verhaltens» der Nachbarn. Der Verteidiger sprach von «widerlichsten Belästigungen», Schikanen und Provokationen. Was die Nachbarn erzählen, seien «Lügengeschichten».

Am Ende der Verhandlung, die viereinhalb Stunden dauerte, sprach der Richter die Frau frei. Es galt der Grundsatz «im Zweifel für die Angeklagte». Des Weiteren fehle es am nötigen Strafantrag und das Beweismaterial – Videos und Fotos, die von den Nachbarn aufgenommen wurden – sei widerrechtlich erstellt worden. Auch die Ereignisprotokolle der Nachbar-Familien seien nur wenig konkret gewesen. Schliesslich meinte der Richter, dass eine Gerichtsverhandlung nicht der richtige Weg sei, um einen Nachbarschaftsstreit zu lösen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (bab)

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