Grieder-Verkäufer verlor Job
Diese Steinmauer sorgt für den irren Zoff mit Carmen Walker Späh

Nach über 20 Jahren beim Zürcher Modehaus Grieder wurde Francesco G. gefeuert. Er hatte sich mit Regierungsrätin Carmen Walker Späh angelegt. Jetzt ist er arbeitslos. Dabei fing alles mit einem Nachbarschaftsstreit an.
Publiziert: 21.10.2022 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2022 um 15:20 Uhr
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Die Steinmauer des Anstosses: In Seuzach ZH entbrannte ein Nachbarschaftsstreit um diese Mauer. Er sollte einen Verkäufer einige Jahre später den Job kosten.
Foto: zvg
Sebastian Babic, Sven Ziegler

Wegen eines Streits mit der Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh (64) wurde kürzlich Verkäufer Francesco G.* (52) vom Modehaus Grieder entlassen. Er habe, so die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion, Walker Späh «in einem Tram und später im Grieder verbal aufs Massivste angegriffen». Das Portal «Inside Paradeplatz» berichtete am Dienstag über den Fall.

Jetzt spricht Francesco G. mit Blick. Und tatsächlich bestreitet der Modeverkäufer nicht, dass er Walker Späh vor einigen Monaten in einem Zürcher Tram zusammengestaucht habe. «Ich habe sie lautstark mit den Taten ihres Ehemannes konfrontiert.»

Laut G. habe seine Schwester ein Grundstück im Bezirk Winterthur gekauft, direkt neben dem Grundstück, das Walker Spähs Ehemann später als Teil einer Erbengemeinschaft geerbt hatte. Schnell sei Streit mit der Besitzerin, die von Walker Spähs Ehemann vertreten wurde, ausgebrochen – weil die Steinmauer an der Grenze 30 Zentimeter zu hoch gewesen sein soll. «Er hat meiner Schwester das Leben unnötig schwergemacht», sagt G. Schliesslich sei die Steinmauer abgetragen worden. Einige Zeit später habe die Erbengemeinschaft, zu der Walker Spähs Ehemann gehört, das Grundstück verkauft.

Walker Späh meldet sich bei Grieder-CEO

Als G. die Regierungsrätin zufällig am Zürcher Hauptbahnhof traf, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. «Ich stieg ins gleiche Tram und habe sie auf die Sache angesprochen.» Dabei sei er eben auch laut geworden. «Ich habe ihr meine Meinung gesagt. Ich sagte, dass ihr Mann ein schlechter Mensch sei, weil er meiner Schwester das Leben schwergemacht hatte. Ich fragte sie sarkastisch, ob sie stolz auf ihn sei und sagte, dass er von mir aus sterben könne.» G. betont aber: Den Tod habe er ihm aber zu keinem Zeitpunkt gewünscht.

Kurze Zeit später meldet sich Walker Späh telefonisch beim CEO vom Modehaus Grieder. «Sie hat mich während der Begegnung im Tram nach meinem Arbeitsplatz gefragt. Ich habe mir nichts dabei gedacht und gesagt, wo ich arbeite. Ich glaubte, mit ihr als Privatperson zu reden», erklärt G.

Er sollte sich entschuldigen

Die Volkswirtschaftsdirektion stellt den Fall anders dar. Laut der Medienstelle habe G. sich als CEO des Modehauses vorgestellt. Deshalb habe Walker Späh in der Firma angerufen. Der Modeverkäufer bestreitet diesen Vorwurf.

Wochen später kommt es zur erneuten Konfrontation – dieses Mal direkt im Modehaus am Paradeplatz. Laut G. sei Walker Späh kommentarlos an ihm vorbei, direkt ins Büro der Geschäftsleitung gegangen. «Mein Chef verlangte anschliessend von mir, mich bei Frau Walker Späh zu entschuldigen.» Die Regierungsrätin habe seine ausgestreckte Hand ignoriert und sei kommentarlos weggelaufen.

Ob dem wirklich so war, kann nicht geklärt werden. Die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion gab keine weitergehenden Auskünfte zu dem Vorfall. Auch auf den Vorwurf, Walker Späh habe die Entschuldigung nicht angenommen, erteilte die Medienstelle keine Auskunft. Die Volkswirtschaftsdirektion hält aber fest: «Wie Grieder als Arbeitgeberin mit einem solchen Verhalten eines ihrer Mitarbeitenden umgeht, ist allein ihre Angelegenheit. Wir halten in aller Deutlichkeit fest, dass keine Strafanzeige eingereicht worden ist und Frau Walker Späh keine Entlassung gefordert hat.»

Francesco G. sei im Büro der Geschäftsleitung über seine Kündigung informiert worden, sagt er. Ihm sei gesagt worden: «Wir können uns keinen Streit mit der Politik leisten, wir bauen gerade.» Tatsächlich soll die Filiale am Paradeplatz bis 2024 umziehen. Ein entsprechendes Bauprojekt läuft gerade.

«Würde es nicht mehr so machen»

Die Firma Grieder sagt auf Anfrage von Blick, der Umzug und das Bauprojekt hätten bei der Kündigung keine Rolle gespielt. Demnach sei es wiederholt zu Vorfällen «verbaler Aggression» seitens G. gekommen. Laut Medienmitteilung wurde die Kündigung ausgesprochen, weil sich G. während des Streits im Tram «der Identität unseres CEOs bediente», was dieser allerdings bestreitet.

In der offiziellen Kündigungsbegründung, die Blick vorliegt, heisst es hingegen, dass G.s «unangebrachtes Verhalten gegenüber einer Politikerin» den Ausschlag zur Kündigung gegeben habe. Auch die Verwarnungen wegen einer Meinungsverschiedenheit mit einer Kollegin werden erwähnt – dass G. sich als Grieder-CEO ausgegeben haben soll, aber nicht.

G. ist fassungslos. «Der Streit mit Frau Walker Späh war rein privater Natur.» Mittlerweile bereut er die Konfrontation. «Ich bin geschiedener Familienvater. Ich habe andere Probleme als das. Aus heutiger Sicht würde ich es nicht mehr so machen wie damals im Tram.»

* Name geändert

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