Am Freitag sah es noch so aus, als ob Missbrauchsvorwürfe an Priester Franz Sabo (69) abperlen würden. Jetzt ist klar: Der Pfarrer wirft hin. Wie das Kirchenportal kath.ch berichtet, finden die Messen künftig ohne Sabo statt.
Der Landeskirchenrat von Basel-Landschaft hatte zuvor auf die Enthüllungen von SonntagsBlick reagiert. «Als Aufsichtsbehörde haben wir am Donnerstagabend getagt. Wir haben der Kirchgemeinde in Röschenz einen Fragenkatalog mit kurzer Beantwortungsfrist geschickt», so Präsident Ivo Corvini (53) auf Anfrage. Corvini, ein erfahrener Jurist, ist überzeugt: «Sollten sich die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs erhärten, dann ist der Beschuldigte als Priester wohl nicht mehr tragbar.»
Röschenz verteidigt Franz Sabo
Ganz anders die Kirchgemeinde in Röschenz BL. In einer Stellungnahme, die am Freitag an alle Haushalte verteilt wurde, hiess es: «Der Kirchenrat stellt sich vorbehaltlos hinter Pfarrer Franz Sabo und die Kirchgemeinde Röschenz.»
Worum geht es? Letzte Woche berichtete SonntagsBlick über einen Missbrauchsfall aus dem Jahr 1982. Damals soll der Priester Franz Sabo (69), der schon länger im Bistum Basel tätig ist, in Bamberg (D) den 17-jährigen Thomas Pfeifroth mit Alkohol verführt haben. Zuvor hatte der Jugendliche dem Priester seine Homosexualität gebeichtet.
Sabos Kirchgemeinde bestreitet Übergriff
Strafrechtlich kann Sabo nicht belangt werden, weil Pfeifroth den Fall erst zur Anzeige brachte, als die Tat bereits verjährt war. Die Staatsanwaltschaft Bamberg betont jedoch: «Die Angaben des Zeugen Thomas Pfeifroth sind im vollen Umfang glaubhaft.» Zumal ein Brief von Sabo vorliege, in dem er den «sexuellen Missbrauch eingeräumt hat».
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Sabos Kirchgemeinde bestreitet den Übergriff: «Vor über 40 Jahren, gerade erst zum Priester geweiht, ist Franz Sabo ein Verhältnis mit einem jungen Mann eingegangen, den er im Rahmen einer Beichte kennengelernt hatte.» Der Geistliche habe den Vorfall «nie verheimlicht, er war sich immer dieses Fehltritts bewusst». Hunderte von Kindern und Jugendlichen hätten seither in Röschenz «eine schöne und lehrreiche Erfahrung als Kommunionkinder, Ministranten und Firmlinge erleben dürfen». Es habe «keinen einzigen Verdachtsfall, keine Reklamation» gegeben.
Erste Anzeige bereits Anfang der 2000er-Jahre
Laut «Schweiz am Wochenende» wurde Sabo bereits Anfang der 2000er-Jahre von einem «enttäuschten Verehrer» angezeigt. «Dieser behauptet, Sabo habe ihm gebeichtet, auf Sex mit Minderjährigen zu stehen», schreibt das Blatt. Daraufhin sei der damalige Bischof Kurt Koch (73), heute Kardinal in Rom, aktiv geworden und habe Sabo aus dem Amt jagen wollen. Daraus entwickelte sich ein jahrelanger Streit zwischen Röschenz und der Basler Bistumsleitung; am Ende versöhnten sich Sabo und Koch, der kurz darauf Kardinal in Rom wurde.
Laut der Kirchgemeinde Röschenz wusste Koch auch von dem Vorfall in Bamberg. «Franz Sabo hat uns über das Thema Pfeifroth informiert. Ebenso hat er Bischof Koch darüber in Kenntnis gesetzt.» Koch war für SonntagsBlick nicht zu sprechen.
Bischof Felix Gmür unter Druck
Mutmasslich gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Verhalten Kurt Kochs und seinem Nachfolger Felix Gmür (57). Zumindest behauptete 2011 der damalige Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick (74), er werde gegen Sabo keine Voruntersuchung einleiten, «weil das Bistum Basel ihn gebeten habe, nichts zu unternehmen». So steht es in der Klageschrift, die nach Rom ging und die SonntagsBlick vorliegt.
Felix Gmür (57), der Bischof von Basel, weist den Vorwurf zurück, den Fall vertuscht zu haben, und betont, gemäss dem Kirchenrecht gehandelt zu haben. Die strafrechtlich relevanten Vorfälle hätten sich 1982 im Bistum Bamberg ereignet. Weil der Übergriff des Priesters im Zusammenhang mit einer Beichte stand, sei der Vatikan für den Fall zuständig gewesen. Rom habe das Verfahren durchgeführt und abgeschlossen. «Auch in diesem Fall hielt sich Bischof Felix Gmür somit an die Urteile der staatlichen und kirchlichen Justiz», betont das Bistum Basel.
«Homophobe Klischees»
Pfeifroth bekräftigt gegenüber SonntagsBlick seine Vorwürfe gegen Gmür: «Ich habe am 15. März 2011 offiziell in Basel Anzeige erstattet. Bischof Gmür schickte jedoch erst am 4. Oktober 2012 die Akten nach Rom – also gut eineinhalb Jahre später. Gmür reagierte erst, als ich am 6. Februar 2012 mithilfe einer Kirchenrechtlerin Anzeige in Rom erstattet hatte. Gmür hat nichts aktiv unternommen.» Das Bistum Basel bestreitet diese Darstellung.
Der Jesuit Klaus Mertes (69) ist eine Art katholischer Chefaufklärer in Missbrauchsfragen. Er hat eine Vermutung, warum sich die Kirchen-Verantwortlichen von Röschenz bis Rom mit dem Fall Pfeifroth schwertun. In einem Brief an einen Kardinal kritisiert er «homophobe Klischees, von denen ich annehmen muss, dass sie bis in höchste Kreise hinein offene Ohren finden». Die Klischeevorstellung, die Mertes meint: Ein schwuler 17-Jähriger habe den Sex mit einem Priester sicher gewollt und genossen.
Gmür will sich bei Pfeifroth melden
Pfeifroth fasst zusammen: «Bischof Felix Gmür kann nicht behaupten, die Betroffenen sollen Gerechtigkeit erfahren – um dann nichts zu unternehmen.» Immerhin lässt die Pressestelle des Bistums Basel ausrichten, Bischof Gmür werde sich bald mit dem Betroffenen in Verbindung setzen. Sabos Anwalt wollte sich gegenüber SonntagsBlick nicht äussern.