Die Zukunft von STS-Chefin Nicole Ruch (55) entschied sich in einem 4-Sterne-Hotel in Olten SO. Tierschutz-Delegierte aus dem ganzen Land waren am Samstagabend für eine ausserordentliche Versammlung in die Stadt an der Aare gereist, um über das Schicksal ihrer Präsidentin zu bestimmen.
Medienschaffende durften beim Krisentreffen im Hotel Arte nicht dabei sein. Blick weiss aber: Eine Mehrheit hat sich hinter verschlossener Türe dafür ausgesprochen, Präsidentin Nicole Ruch (55) abzusetzen.
Es kam zum Eklat: Eine Sektion stellte den Antrag, dass entgegen dem offiziellen Programm schon am Anfang der Versammlung über das Schicksal der Präsidentin abgestimmt wird. Doch Ruch weigerte sich und verwies auf den Rechtsweg. Nach Buh-Rufen verliess sie den Saal. Die Versammlung musste vorübergehend unterbrochen werden.
Eine knappe Stunde später ging die Delegiertenversammlung weiter. Die Stimmung blieb aufgeheizt, die Diskussionen zogen sich hin. Um punkt 19 Uhr dann der Knall: Ruch wird per sofort abgesetzt! Eine Mehrheit stimmte gegen die Credit-Suisse-Bankerin.
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Die Absetzung der Bieler Credit-Suisse-Bankerin markiert das Ende eines wüsten Machtkampfs an der Spitze der grössten Tierschutz-Organisation des Landes. Der STS mit seinen rund 70 Sektionen steckt seit Monaten in der Krise. Im vergangenen Juni machte Blick grobe Missstände beim STS publik. Interne Dokumente ergaben das Bild einer millionenschweren Organisation, geprägt von einem autoritären Führungsstil, einer Kultur der Intransparenz – und Streitereien an der Verbandsspitze.
«Wie eine Alleinherrscherin»
Zwei prominente Vorstandsmitglieder packten aus: SP-Nationalrätin Martina Munz (68) und ETH-Agraringenieur Michel Roux. Sie erhoben schwere Vorwürfe gegen Credit-Suisse-Bankerin Nicole Ruch, die seit rund zwei Jahren an der Spitze des Schweizer Tierschutzes steht. «Sie verhält sich wie eine Alleinherrscherin. Ruch und ihre Leute führen den Verband autoritär und intransparent», sagte SP-Nationalrätin Munz zu Blick. Auch ETH-Agraringenieur Roux griff die Tierschutz-Chefin frontal an: «Sie verletzt sämtliche Good-Governance-Regeln.»
Der Verband wies die Vorwürfe vehement zurück. Ruch entgegnete: «Ich führe vernünftig, partizipativ, zukunftsorientiert und kollegial.»
Die Schlammschlacht eskalierte weiter. Der STS suspendierte Munz und Roux. Durch ihren Gang an die Öffentlichkeit hätten sie das «Kollegialitäts- und Loyalitätsprinzip» verletzt. SP-Nationalrätin Munz sprach von einem «Racheakt».
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Ausgestanden war die Krise mit der Suspendierung nicht. Nach und nach kamen weitere Missstände ans Licht. Überrissene Spesenabrechnungen der Präsidentin, massenweise Personalabgänge und fragwürdige Immobiliengeschäfte – die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf.
Der Tiefpunkt der Krise folgte kurz vor Jahresende: Die Schweizer Zertifizierungsstelle Zewo setzte den Tierschutz auf die schwarze Liste und riet von Spenden an die Organisation ab. «Der Tierschutz ist uns wegen fehlender Transparenz schon lange negativ aufgefallen», sagte Zewo-Geschäftsführerin Martina Ziegerer gegenüber den Zeitungen von «CH Media».
Spätestens da war klar: Die Querelen um die Präsidentin werden für den Tierschutz existenzgefährdend. Es droht ein massiver Spendeneinbruch und ein irreparabler Imageschaden.
Nicole Ruch selbst sagt zu Blick: «Ich nehme mit Bedauern zur Kenntnis, dass die Mehrheit der Delegierten eine neue Führung will. Ich akzeptiere den Entscheid und wünsche dem STS alles Gute.» Sie unterstütze den Schweizer Tierschutz weiterhin. Er sei eine ausgezeichnete Organisation. «Ich bedanke mich bei allen Kolleginnen und Kollegen für das enorme Engagement.»