Tausende Franken pro Monat – ohne genaue Abrechnung
Tierschutz-Chefin bezog fürstliche Spesen

Für ihr Ehrenamt als oberste Tierschützerin der Schweiz sackte Credit-Suisse-Bankerin Nicole Ruch grosszügige Entschädigungen ein – und verstiess dabei wohl gegen das eigene Reglement.
Publiziert: 10.09.2023 um 10:37 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2023 um 12:58 Uhr
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Tierschutz-Präsidentin Nicole Ruch mit ihren Hunden Attila und Aiko.
Foto: Keystone
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Die Präsidentin des Schweizer Tierschutzes (STS) gerät mehr und mehr unter Druck. Seit Monaten tobt innerhalb der grössten Tierschutzorganisation des Landes ein wüster Streit. Vorstandsmitglieder werfen ihrer Chefin Nicole Ruch grobe Verfehlungen vor, wegen finanzieller Ungereimtheiten ermittelt jetzt sogar die Justiz.

Nun kommen neue Details ans Licht. Recherchen zeigen: Die Präsidentin bezog für ihr Ehrenamt unüblich hohe Vergütungen – und verstiess damit mutmasslich gegen die eigenen Reglemente.

Dem SonntagsBlick liegt ein interner Bericht der Rotmonten Wirtschaftsprüfung AG über den Tierschutz-Dachverband vor. Datiert ist er auf den 7. Juli 2023. Demnach hat Nicole Ruch wiederholt pauschal 4000 Franken Entschädigung pro Monat erhalten. Die Bielerin verrechnete jeweils bis zu 90 Stunden, was einem 50-Prozent-Pensum gleichkommt.

Sie bezog für Doppelfunktion bis zu 4500 Franken

Das erstaunt gleich in mehrerer Hinsicht. Ruch arbeitet eigentlich Vollzeit als Credit-Suisse-Bankerin und sitzt darüber hinaus im Aufsichtsrat der Bernischen BVG- und Stiftungsaufsicht. Kommt hinzu: Das Tierschutz-Präsidium ist ein Ehrenamt. Ruch hat zwar das Anrecht auf eine Entschädigung, allerdings nur in Ausnahmefällen. Etwa dann, wenn sie «besondere Aufgaben» übernimmt, die normalerweise andere Mitarbeiter erledigen.

Auf Fragen von SonntagsBlick an den Tierschutz antwortet Jürg Wildberger. Der langjährige Topjournalist («Weltwoche», «TV3») ist heute PR-Profi bei den Konsulenten. Er hat die Krisenkommunikation für den STS übernommen. Wildberger betont, dass Ruch neben ihrem Amt als Präsidentin vorübergehend auch das Ressort Finanzen führe. Er sagt: «Nicole Ruch bezog für ihre Doppelfunktion zwischen 2500 und 4500 Franken pro Monat.» Während der Woche arbeitet sie «im Minimum zwei Stunden pro Tag» und am Samstag und Sonntag «je rund vier Stunden».

Fragen stellen sich auch zur Abrechnung von Nicole Ruch. Im Spesenreglement des Tierschutzes steht: «Die Auszahlung von Zeitentschädigungen erfolgt nur gegen transparente und detaillierte Abrechnungen, welche die ausgeführten Tätigkeiten ausweisen und die bei Stichproben durch die Revisionsstelle nachvollziehbar sind.»

Das war bei Ruch nicht der Fall. Die Wirtschaftsprüfer von Rotmonten sehen in ihrem Bericht ein «Risiko der Nichteinhaltung des Spesenreglements». Und sie schreiben: «Aufgrund der summarischen Abrechnung des angefallenen Zeitaufwandes für besondere Aufgaben kann nicht überprüft werden, ob die maximale Tagespauschale von 400 Franken überschritten wurde».

Sprecher Wildberger sagt dazu: «Die Tagespauschale von 400 Franken hat Nicole Ruch nie überschritten.» Zudem verweist er auf weitere Dokumente im Spesenreglement, die keine explizite Pflicht zur transparenten Abrechnung vorsehen. Und dass die zuständige STS-Kontrollstelle die Pauschalen stets als korrekt befunden haben. Laut Mitarbeitern des verbandseigenen Rechtsdienstes hätte Ruch ihre Spesen jedoch sehr wohl detailliert aufschlüsseln müssen. Wildberger versichert denn auch: «Seit Juni legt die Präsidentin detaillierte Abrechnungen vor.»

Tierschutz bestreitet Anschuldigungen

Die grosszügigen Spesenbezüge der Präsidentin befeuern ihre Kritikerinnen und Kritiker. Bereits im Juni machte SonntagsBlick gravierende Missstände beim STS publik. Zwei Vorstandsmitglieder packten aus, unter ihnen SP-Nationalrätin Martina Munz. Sie sagte: «Die Präsidentin verhält sich wie eine Alleinherrscherin. Sie und ihre Leute führen den Verband autoritär und intransparent.» Die Retourkutsche folgte prompt: Die Tierschutz-Führung suspendierte die Nationalrätin und einen ihrer Mitstreiter – laut Munz «ein Racheakt».

Ausgestanden ist die Krise beim Tierschutz damit nicht. Im Gegenteil: Letzte Woche machte «CH Media» publik, dass die Basler Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat. Es geht um Vorwürfe der ungetreuen Geschäftsführung, um fragwürdige Immobiliengeschäfte und Zweckentfremdung von Spenden. Der Tierschutz bestreitet die Anschuldigungen vehement. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Recherche-Hinweise

Haben Sie Hinweise zu brisanten Geschichten? Schreiben Sie uns: recherche@ringier.ch

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Aktiv geworden ist die Justiz nach einer Anzeige der mittlerweile suspendierten Vorstandsmitglieder. Diese liegt SonntagsBlick vor – sie richtet sich unter anderem direkt gegen die Präsidentin Nicole Ruch.

Am 4. November kommt es nun zum Showdown. Dann müssen die Delegierten des Verbandes über brisante Anträge entscheiden. Einer davon verlangt die Abwahl der SP-Nationalrätin Martina Munz, ein anderer die Abberufung der Präsidentin.

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