Finanzielle Unregelmässigkeiten, ein Haufen Kündigungen und ein intransparenter Führungsstil: Nicole Ruch (55), die Präsidentin der grössten Tierschutzorganisation des Landes, steht unter Beschuss. Konfrontiert mit den Recherchen, packten im SonntagsBlick aktive und ehemalige Mitglieder des Zentralvorstands – eine Art Verwaltungsrat des Verbands – aus. Unter ihnen sind die SP-Nationalrätin Martina Munz, ETH-Agraringenieur Michel Roux und der TV-Talker Kurt Aeschbacher.
Letzterer legte sein Mandat nach wenigen Monaten nieder und sagte auf Anfrage: «Ich war schockiert über die Zustände.» Munz findet ebenfalls klare Worte: «An der Spitze des Verbands hat sich über die Jahre ein problematisches Machtgefüge installiert. Die Präsidentin verhält sich wie eine Alleinherrscherin. Ruch und ihre Leute führen den Verband autoritär und intransparent.» Jetzt äussert sich Ruch zu den Vorwürfen.
Blick: Sind Sie eine Alleinherrscherin, Frau Ruch?
Nicole Ruch: Über so einen grossen Verband kann man gar nicht allein herrschen. Ich habe zwei Vizepräsidenten, und insgesamt sind wir zehn Vorstandsmitglieder. Nur zwei davon sind derart unzufrieden, dass sie jetzt an die Medien gelangt sind – das bedaure ich sehr.
Warum sind diese denn so unzufrieden?
Das haben Sie ja gelesen. Die grosse Mehrheit unterstützt den Modernisierungsprozess, den ich angestossen habe. Aber einige von ihnen denken halt anders. Und es ist klar, dass nicht alle der gleichen Meinung sind – aber irgendwie müssen wir einen Weg finden.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Ich führe vernünftig, partizipativ, zukunftsorientiert und kollegial.
Und intransparent?
Keinesfalls. Ich versuche immer, die nötigen Informationen so gut wie möglich fliessen zu lassen. Aber es gibt derart viel zu tun im Verband, und es ist gar nicht möglich, jedes Detail zu kommunizieren. Alles, was wichtig ist, um Entscheidungen zu treffen, teile ich den Zentralvorstandsmitgliedern mit. Als Präsidentin schaue ich, dass sie nicht mit einer Informationsflut überfordert werden. Wenn jemand Informationen eingefordert hat, habe ich diese herausgegeben. Ich war wirklich immer transparent.
Aber Sie leiten die wichtigsten Ressorts selbst. Warum?
Zu Beginn habe ich viel Verantwortung übernommen, zukünftig will ich mehr delegieren. Es gab jedoch Rücktritte, die eine Lücke hinterlassen haben. Da nehme ich als Präsidentin meine Verantwortung wahr, diese vorübergehend zu füllen. Eine ungesunde Machtkonzentration abzuleiten, ist eine irreführende Verdrehung der tatsächlichen Verhältnisse.
Sie sagen also, die Ressortleitungen durch Sie seien vorübergehend?
Unbedingt! Das habe ich schon von Beginn weg auch dem Zentralvorstand so kommuniziert.
Es gab diverse Abgänge in den letzten Monaten. Warum?
Im Zentralvorstand haben wir Abgänge gehabt, aber es hat auch viele, die geblieben und neue Mitglieder, die hinzugekommen sind. In den Zeitungen wurde das aber nicht erwähnt, sondern es wurde nur das Negative nach aussen getragen. Jetzt sind zwei Zentralvorstandsmitglieder an die Medien gegangen, das finde ich sehr unkollegial.
Hat der Gang an die Medien für diese beiden Mitglieder nun Konsequenzen?
So weit haben wir noch gar nicht überlegt.
Es gab die Forderung durch den Zentralvorstand nach einer internen Untersuchung zur Aufarbeitung der Probleme. Kam diese zustande?
Ich war schon zuvor in Kontakt mit zwei grossen Beratungsfirmen. Es ist mein Ziel, den Verband transparenter zu gestalten. Ausserdem werden wir alles untersuchen, was gewünscht wird. Aber man muss Schritt für Schritt vorgehen. Es ist wirklich eine grosse Aufgabe, das braucht Zeit. In etwa zwei oder drei Monaten dürften die Untersuchungen abgeschlossen sein.
Einer Ihrer Kritiker ist Kurt Aeschbacher. Was führte Ihrer Meinung nach zu seinem Rücktritt aus dem Vorstand?
Ich beteilige mich nicht an einer öffentlichen Schlammschlacht. Er geht mit alten Vorwürfen an die Öffentlichkeit, anstatt direkt auf mich zuzukommen – das bedaure ich sehr.
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