Hohe Spesen, autoritärer Führungsstil, zu wenig Kontrolle
Jetzt wehrt sich die Tierschutz-Chefin

Im Interview mit SonntagsBlick nimmt STS-Präsidentin Nicole Ruch Stellung zu den Vorwürfen gegen ihre Person und kündigt an, sich in Zukunft auf strategische Aufgaben zu beschränken.
Publiziert: 16.09.2023 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2023 um 08:20 Uhr
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Tierschutz-Präsidentin Nicole Ruch steht in der Kritik.
Foto: Rolf Neeser
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Frau Ruch, wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?
Nicole Ruch: Partizipativ, zielorientiert, kollegial. Ich mag nicht nur Tiere, sondern auch Menschen.

Mitarbeiter von Ihnen sagen: autoritär, forsch, aufbrausend.
Das stimmt nicht. Ich kann manchmal temperamentvoll sein. Aber ich höre den Leuten immer zu, bringe ihnen Empathie entgegen.

Sie seien eine «Alleinherrscherin», klagen viele.
Dieser Vorwurf ist absurd. So etwas lassen allein schon unsere Strukturen nicht zu. Wir teilen uns die Arbeit im Zentralvorstand auf.

Aber Sie leiten die wichtigsten Ressorts selbst. Warum?
Ich musste nach Rücktritten vorübergehend einspringen und einzelne Bereiche selbst übernehmen. Ein Dauerzustand ist das aber nicht. Es ist geplant, die Ressortleitungen möglichst bald wieder zu delegieren.

Zwei Vorstandsmitglieder prangerten im SonntagsBlick Missstände im Verband an. Es gebe weder eine aussagekräftige Erfolgsrechnung noch ein internes Kontrollsystem.
Als ich 2021 das Präsidium übernahm, bestand tatsächlich Aufholbedarf. Ich habe nun aber einen Modernisierungsprozess angestossen. Dazu gehören auch eine systematische Rechnungslegung und ein internes Kontrollsystem. Wir wollen transparenter werden.

Gleichzeitig haben Sie die beiden Vorstandsmitglieder nach der Kritik suspendiert und ihre Abwahl beantragt. War das die Retourkutsche?
Der Zentralvorstand hat diesen Entscheid mit einer Zweidrittelmehrheit gefällt. Die beiden haben mit unhaltbaren Vorwürfen wiederholt gegen das Kollegialitäts- und Loyalitätsprinzip verstossen. Die Basis für eine Zusammenarbeit ist nicht mehr gegeben.

Gehen Sie auch rechtlich gegen die beiden vor?
Nein.

Die Streitereien in Ihrem Verband schaden am Ende doch vor allem dem Tierschutz.
Ja, das Image des Verbandes leidet. Die ganze Geschichte führt zu viel Unsicherheit. Bei den Mitarbeitenden, aber auch bei unseren Mitgliedern. Das bedaure ich sehr.

Der Tierschutz lebt von Spenden. Spüren Sie da bereits Auswirkungen?
Aktuell sehen wir keinen Einbruch. Die traditionellen Spenden gehen seit Jahren kontinuierlich leicht zurück, Legate und Zuwendungen von Stiftungen legen hingegen zu. Es könnten aber durchaus Spenderinnen und Spender abspringen. Auch deshalb will ich jetzt wirklich Ruhe in den Verband bringen.

Wie wollen Sie das schaffen?
Ich ziehe mich aus dem operativen Geschäft zurück und werde mich als Präsidentin künftig auf strategische Aufgaben beschränken. Die offenen Posten werden wir möglichst schnell besetzen.

Reicht das?
Wir treiben die Modernisierung weiter voran. Dieser Prozess ist aber nicht nach wenigen Monaten abgeschlossen. So etwas dauert einige Jahre. Aber wir sind auf gutem Weg.

Sie haben auch juristische Probleme. Die Basler Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen eingeleitet. Es geht um mutmasslich ungetreue Geschäftsführung beim STS und um fragwürdige Immobiliengeschäfte. Was ist dran an den Vorwürfen?
Ich weiss ja nicht einmal, was genau uns vorgeworfen wird. Ich weiss nur, dass die zwei suspendierten Vorstandsmitglieder eine Strafanzeige eingereicht haben. Gesehen habe ich diese nie.

Offenbar besteht zumindest ein Anfangsverdacht. Sonst wäre kein Verfahren eingeleitet worden.
Mir sind keinerlei Hinweise auf strafrechtlich relevante Vorgänge bei uns bekannt.

Externe Wirtschaftsprüfer kamen erst kürzlich zum Schluss, dass der Verband seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Die Abwicklung von Bauaufträgen sei «finanziell fahrlässig» gewesen und es gebe «Hinweise, dass der Aufwand der Unternehmer kleiner war als die verrechneten Pauschalen».
Vieles davon betrifft die Zeit, bevor ich das Präsidium übernommen habe. Aber noch einmal: Wir sind an einer umfassenden Modernisierung dran.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft Ihre Spesen. Bis zu 4000 Franken beziehen Sie pro Monat – ganz schön viel für ein Ehrenamt.
Ich bin vorübergehend operativ tätig, leite Ressorts und bin viel unterwegs. Ich erhalte 50 Franken pro Stunde. Die Entschädigung bewegt sich im üblichen Rahmen.

Das ist ein 50-Prozent-Pensum. Daneben arbeiten Sie Vollzeit bei der Credit Suisse. Wie geht das auf?
Ich arbeite täglich und auch an Wochenenden mehrere Stunden für den Tierschutz. Meine Vorgänger erhielten übrigens mindestens so viel.

Also gar keine Selbstkritik?
Der Verband besteht nicht nur aus mir. Entscheide werden vom Zentralvorstand als Ganzes gefällt.

Würden Sie im Rückblick etwas anders machen?
Nicht unbedingt, nein. Ich will jetzt nach vorne schauen, nicht zurück.

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