Der Schweizer Tierschutz (STS) kommt nicht zur Ruhe. Seit Monaten streiten prominente Vorstandsmitglieder um Ausrichtung und Einfluss – jetzt eskaliert der Machtkampf. Zum ersten Mal äussert sich Vizepräsident Piero Mazzoleni (72) öffentlich zu den Missständen innerhalb des Verbands – und legt seiner Chefin Nicole Ruch (55) den Rücktritt nahe.
Gegenüber SonntagsBlick sagt der Tessiner Rechtsanwalt: «Die beste Lösung wäre, wenn die Präsidentin von sich aus gehen würde.» Es brauche jetzt einen Neuanfang – dem Tierwohl zuliebe. «Mit Nicole Ruch geht das nicht mehr, sie hat zu viel Vertrauen zerstört.»
Mit der Rücktrittsforderung ihres eigenen Vizes steigt der Druck auf die Tierschutz-Chefin weiter. Mazzoleni ist nicht der Erste, der die Bieler Credit-Suisse-Bankerin öffentlich angreift. Im Juni packten im SonntagsBlick bereits SP-Nationalrätin Martina Munz und ETH-Agraringenieur Michel Roux aus. Die beiden Vorstandsmitglieder warfen der Präsidentin vor, den Verband intransparent und autoritär zu führen. «Die Präsidentin verhält sich wie eine Alleinherrscherin», sagte Munz.
Zum Streit beim Tierschutz
STS-Chefin Nicole Ruch wies die Vorwürfe von Beginn weg zurück. Auch nachdem bekannt wurde, dass die Basler Justiz wegen finanzieller Unregelmässigkeiten ermittelt, klammerte sie sich an ihrem Amt fest. «Mir sind keinerlei Hinweise auf strafrechtlich relevante Vorgänge bei uns bekannt», sagte sie im Interview mit SonntagsBlick. Ruch holte zum Gegenschlag aus: Der Verband suspendierte die beiden Kritiker und beantragte ihre Abwahl.
Entscheid in vier Wochen
Am 4. November kommt es nun zum Showdown. An der Delegiertenversammlung müssen die Vertreterinnen und Vertreter der Lokalsektionen sowohl über die Abwahl von Munz und Roux befinden, als auch über einen Antrag, der die Abberufung der Präsidentin verlangt.
Für Vizechef Piero Mazzoleni ist der Fall klar: «Ich wünsche mir, dass die beiden bleiben können und dass Nicole Ruch Platz für eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten macht.» Der Tessiner geht noch weiter: Er macht sein eigenes Schicksal vom Resultat der Versammlung abhängig: «Wenn die Präsidentin im Amt bleibt, werde ich aus dem Vorstand zurücktreten.» Aufgrund der Differenzen nimmt er schon jetzt nicht mehr an Vorstandssitzungen teil. «Meine Vorschläge werden von der Präsidentin sowieso nicht akzeptiert.»
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Oder kommt am Ende alles ganz anders? Innerhalb des Verbands machen Gerüchte die Runde, wonach die Delegiertenversammlung vom 4. November kurzfristig verschoben werden könnte. Offenbar sind viele Sektionen verunsichert über die Vorgänge im Dachverband, der Unmut über Präsidentin Ruch, die sämtliche Vorwürfe abschmettert, ist gross. Laut Insidern spielen erste Sektionen mit dem Gedanken, nicht an der Delegiertenversammlung teilzunehmen.
Auch Berner Tierschutz fordert Rücktritt
In den Regionen brodelt es. Vor wenigen Wochen forderte etwa der Dachverband der Berner Tierschutzorganisationen Nicole Ruch zum Rücktritt auf. In einer Medienmitteilung schrieb der Verband: «Wir legen der Präsidentin nahe, im Interesse der Tiere, des Tierschutzes und der für das Wohl der Tiere mit grossem Engagement arbeitenden Sektionen des STS, umgehend selbst zurückzutreten.» Kurz zuvor wurde publik, dass sich die Tierschutz-Chefin fürstliche Spesen auszahlen liess und dass bei der Staatsanwaltschaft Basel eine Anzeige wegen mutmasslich ungetreuer Geschäftsführung und fragwürdige Immobiliengeschäften eingegangen war. Der STS bestreitet die Anschuldigungen vehement.
Für den aus dem Vorstand suspendierten ETH-Ingenieur Michel Roux ist klar: «Nicole Ruch ist weder fachlich noch menschlich fähig, diesen Verband weiterzuführen.» Ob Roux und seine Mitstreiter mit der angestrebten Absetzung der Chefin durchkommen, ist allerdings mehr als unklar. Die Mehrheit der Delegierten dürfte zurzeit noch immer hinter ihrer Präsidentin stehen.
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