Man stelle sich vor: Nebst dem Zugticket kontrollieren die Zugbegleiter auch das Covid-Zertifikat. Passagiere zücken ihre Handys mit dem QR-Code, ihre negative Test- oder die Impf-Bestätigung.
Über dieses Szenario denkt derzeit die Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (67, CDU) nach. Sie will die 3G-Regel auch in Zügen durchsetzen. Künftig sollen bei unserem grossen Nachbarn nur noch Geimpfte, Genesene oder getestete Personen mit der Bahn reisen dürfen. Diese würde laut der «Bild-Zeitung» nicht nur Passagiere der Bahn betreffen. Auch Inlandsflüge sollen unter die 3G-Regelung fallen!.
Die Deutschen kennen zwar eine Beförderungspflicht. Uneingeschränkte Beförderungspflicht besteht jedoch nur im Bus- und Strassenbahnverkehr.
«Das würde viele Menschen vom Zugfahren ausschliessen»
Eine Zertifikatspflicht wäre in der Schweiz aber kaum durchsetzbar, meint Ueli Stückelberger (52), Direktor Verband Öffentlicher Verkehr VÖV: «Wir haben eine Transportpflicht für alle ÖV-Kunden, das gilt auch für die Bahn. Die Zertifikatspflicht in den Zügen würde viele Menschen vom Zugfahren ausschliessen. Dabei denke ich vor allem auch an Kinder und Jugendliche.»
Laut Stückelberger habe sich die Maskenpflicht in den Zügen und im ÖV bewährt. «Eine Ausweitung ist nicht notwendig.» Er stehe dieser Idee aus Deutschland sehr skeptisch gegenüber. Und Stückelberger beruhigt: «In der Branche wurde noch nicht einmal über so eine Idee diskutiert.»
«Maskenpflicht wohl der bessere Schutz»
«Aus unserer Sicht ist eine Zertifizierungspflicht keine praktikable Lösung und auch nicht zielführend. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man das umsetzen sollte», sagt auch Karin Blättler, Präsidentin von Pro Bahn. «Die bisherige Maskenpflicht reicht aus. Sie ist deshalb die beste Lösung, weil ja auch Geimpfte Corona weitergeben können, weshalb die Maskenpflicht wohl sogar der bessere Schutz ist.»
Blättler sagt klar, dass der öffentliche Verkehr – damit sei auch der Nahverkehr wie Bus und Tram gemeint – für jeden zugänglich bleiben muss. «Ohne den ÖV könnten viele ihr Leben nicht mehr organisieren, zum Beispiel zum Einkaufen gehen oder zur Arbeit und zum Arzt fahren. Das muss ein Grundangebot bleiben, das für jeden weiterhin nutzbar ist.»
Bei Freizeitangeboten wie ins Kino oder Restaurant zu gehen könne man sich ja noch anpassen – aber die Mobilität mit Öffentlichen Verkehrsmitteln sei für viele unverzichtbar, um ihren alltäglichen Verpflichtungen nachzugehen. (ct/koh)
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