Cagla Oezmen (35) aus Buchs AG erlebt nach Badeunfall kleines Wunder
«Ärzte sagten, ich werde nie mehr gehen können»

Ein Badeunfall in der Türkei endet für die Aargauerin Cagla Oezmen (35) im Drama: Ein Jugendlicher landet auf ihrem Rücken. Ein Unfall, den die Mutter dreier Kinder beinahe für immer an den Rollstuhl gefesselt hat.
Publiziert: 17.03.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2025 um 11:09 Uhr
Cagla Oezmen hatte einen Badeunfall in der Türkei – und kämpfte sich zurück.
Foto: zVg

Darum gehts

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Sebastian BabicReporter Blick

«Es machte platsch – und im selben Augenblick konnte ich meine Beine nicht mehr bewegen», erzählt Cagla Oezmen (35) aus Buchs AG den Tränen nahe. Ein Badeunfall hätte sie beinahe für immer an den Rollstuhl gefesselt. Ein Teenager sprang vom oberen Stock eines Bootes und landete direkt auf Oezmens Rücken. Ihre Wirbelsäule brach. Einer glücklichen Fügung, ihrer Beharrlichkeit und einer richtigen Entscheidung im richtigen Moment verdankt sie es, dass sie auch heute noch mit ihrem geliebten Hund Gassi gehen kann. Ein kleines Wunder.

«Eigentlich wollten wir gar nicht aufs Boot», beginnt Oezmen ihre Schicksalsgeschichte, die 2022 im türkischen Badeort Bodrum ihren Lauf nahm. Weil sich aber gerade eine Gelegenheit bietet, die Buchten der Gegend auf einem Ausflugsboot zu erkunden, macht sich die fünfköpfige Familie auf den Weg.

Bei einer Pause in einer der Buchten steigt Oezmen mit ihren Kindern ins Wasser: «Plötzlich spürte ich einen Schlag und wurde unter Wasser gedrückt. Als ich an mir heruntersah, merkte ich, dass ich meine Beine nicht mehr bewegen konnte.» Wieder an Bord realisiert sie erst, was passiert ist.

«Plötzlich hörte ich mich selber schreien»
2:20
Cagla Oezmen zum Unfall:«Plötzlich hörte ich mich selber schreien»

Die Verantwortlichen reagieren falsch

Die Oezmens bitten die Bootscrew um Hilfe. Diese weigert sich, die Ambulanz zu verständigen. Oezmen vermutet: Die Betreiber hatten keine Bootslizenz. So vergeht auf dem Rückweg eine Stunde, in der Oezmen unbeweglich auf dem Deck liegt, bis das Boot wieder im Hafen ist.

Eine schlechte Entscheidung, wie der Chefarzt und medizinische Direktor des Schweizer Paraplegikerzentrums (SPZ) in Nottwil LU, Björn Zörner, auf Blick-Anfrage erklärt: «Falls eine Fraktur der Wirbelsäule vorliegt, muss diese oft operativ versorgt werden. Dies sollte idealerweise so früh wie möglich nach dem Unfall geschehen, sofern der allgemeine Zustand der Patientin oder des Patienten es zulässt.»

Schlechtes Bauchgefühl, richtige Entscheidung

Sie wird ins nahe Spital nach Bodrum gebracht – der siebte Brustwirbel ist gebrochen! «Meine ersten Gedanken waren: Wie machen wir das mit den Kindern? Und: Ich muss doch mit meinem Hund Gassi gehen können!»

Währenddessen wird die OP vorbereitet. «Mehrere Mediziner sagten, ich werde nie mehr gehen können», erinnert sich Oezmen. «In diesem Moment dachte ich mir, dass ich mich nicht von jemandem operieren lasse, der nicht den leisesten Funken Hoffnung für mich hat», sagt sie. «Da erinnerte ich mich an meine Cousine, die von einem Experten in Istanbul an der Wirbelsäule operiert wurde!» Ein Geistesblitz mit entscheidender Wirkung.

Ihr Ehemann erreicht den Istanbuler Arzt, der sich spontan bereiterklärt, die OP durchzuführen. Der Transport gestaltet sich kompliziert. Entscheidende Stunden vergehen. Oezmens Ehemann muss eine Ambulanz und einen Jet organisieren und die Kosten dafür im Voraus zahlen – 9000 Dollar in bar! Er leiht sich Geld bei seinen Verwandten und schafft es tatsächlich, den Betrag zu besorgen.

Erster Optimismus

Bei der Ankunft in der Spezialklinik macht sich ein erstes Mal verhaltener Optimismus bei Oezmen breit: «Der Professor ging auf mich ein und meinte, dass wir das hinkriegen würden. Ich hatte grosses Vertrauen in ihn.»

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Cagla Oezmen (35) aus Buchs AG war nach einem Badeunfall vor rund 30 Monaten von der Brust abwärts gelähmt. Heute steht sie wortwörtlich wieder «mit beiden Beinen» im Leben.
Foto: Sebastian Babic

Was bei einer solchen Operation passiert, erklärt Björn Zörner: «Dabei stabilisiert man die Wirbelsäule, um ihre Tragfähigkeit wiederherzustellen. Sollte das Rückenmark durch eine Fraktur eingeengt oder gequetscht werden, wird durch eine Operation Platz geschaffen, um weitere Schädigungen zu verhindern.»

Die Operation verläuft erfolgreich. Ihre Beine kann Oezmen aber weiterhin nicht bewegen. Bis heute stecken acht lange Schrauben in ihrem Rücken.

«Die Rega wartete auf uns am Flughafen»

Einige Zeit später wird es Zeit für den Rücktransport in die Schweiz. «Die Rega wartete auf uns am Flughafen. Sie sagten mir, ich solle mir keine Sorgen machen, sie würden jetzt übernehmen. Ich war noch nie so glücklich, Menschen Schweizerdeutsch reden zu hören!», kann sie heute darüber lachen. «Es war ein heimatlich-wohliges Gefühl der Sicherheit.»

Zurück in der Schweiz machen ihr die Mediziner aber wenig Hoffnungen, je wieder laufen zu können. Nachvollziehbar, aus Sicht von Zörner: «Bei einer inkompletten Paraplegie werden zwar noch einige Signale durch das Rückenmark geleitet, eine funktionelle Geh- oder zumindest Stehfähigkeit wird aber nur in etwa der Hälfte der Fälle zurückerlangt.»

Der lange Weg zurück

Doch auf die schlechten Prognosen gibt Oezmen wenig. Ihr Ziel: Wieder gehen können, egal was es kostet! Eine Woche später wird sie ins Paraplegikerzentrum verlegt und beginnt mit der Physiotherapie: «Ich bat die Mitarbeiter um zusätzlich Physiotherapie und trainierte auch alleine.» Ihre Beharrlichkeit sollte sich auszahlen.

Wie wichtig der Wille des Patienten bei der Rehabilitation ist, könne nicht genug betont werden, wie Zörner erklärt: «Die Motivation spielt eine riesige Rolle. Patienten, die sich aktiv in den Rehabilitationsprozess einbringen, einen starken Willen haben und hart trainieren, haben deutlich bessere Chancen auf Fortschritte als solche, die das nicht wollen oder können, wobei aber auch das Ausmass der Rückenmarkverletzung selbst biologische Grenzen setzt.»

Über ein halbes Jahr verbringt Cagla Oezmen im SPZ. Heute, rund 30 Monate nach ihrem Unfall, würde man nicht denken, dass sie jemals gelähmt war. Sie will bald wieder arbeiten. Das Gehen sei zwar anstrengend und auch Schmerzen habe sie noch, aber sie könne sich «fast» normal bewegen. Eines werde ihr aber fehlen: «Ich wünschte mir, ich könnte mit meinen Kindern noch Skifahren.»

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