Im April 2023 berichtete Blick über Missstände in der Bülacher Polizei: Innert sieben Monaten hatte ein Drittel der Belegschaft gekündigt – wegen des Polizeichefs. Die Rede war von einem toxischen Führungsstil und einem «Klima der Angst».
Eineinhalb Jahre, drei Untersuchungsberichte und viele politische Streitereien später gab die Stadt Bülach nun bekannt, dass der Kommandant das Korps per Ende Jahr verlasse.
Was die Stadt nicht sagt: Auch der stellvertretende Kommandant B. F.* verlässt das Korps – per Ende Januar 2025. Wie mehrere Quellen bestätigen, ist der Stellvertreter seit Ende September per sofort freigestellt. Seine Aufgaben übernehmen der Kommandant sowie die Teamleiter, schreibt die Stadt auf Anfrage.
Offiziell heisst es, Kommandant und sein Stellvertreter verlassen die Polizei auf eigenen Wunsch. Doch deutet vieles darauf hin, dass den Kommandanten die Einstellung seines Stellvertreters nun eingeholt hat.
Denn bereits vor B. F.s Stellenantritt im April 2023 kam es zu Unruhen im Korps: Die Teamleiter informierten den Chef, dass gegen seinen Wunschkandidaten eine interne Untersuchung betreffend sexueller Belästigung laufe.
B. F. arbeitete damals als Sachbearbeiter bei der Stapo Zürich. Es steht der Vorwurf im Raum, dass er mehreren Polizistinnen anzügliche SMS geschrieben hat. Die Vorwürfe betreffen das Jahr 2022.
Sowohl im Bülacher als auch im Zürcher Korps waren die Vorwürfe gegen den Stellvertreter bekannt. «Unsere Frauen machten sich Sorgen», sagt ein Insider aus Bülach.
Stapo Zürich führte Abklärungen
In einem offiziellen Schreiben betitelt mit «Personelle Information» vom Frühjahr 2023, das dieser Redaktion vorliegt, werden die Vorwürfe thematisiert. Der Kommandant schreibt darin, dass er aufgrund der «massiven Anschuldigungen» im Januar eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben habe. «Fakt ist, dass sämtliche Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen.» Es liege absolut nichts gegen B. F. vor. Sowohl der Polizeichef als auch Abteilungsleiter Roland Engeler sprechen B. F. ihr «vollstes Vertrauen» aus. Am Schluss macht der Chef deutlich, dass jeder, der solche «Anschuldigungen» weiterverbreite, mit «juristischen Konsequenzen» rechnen müsse.
Die Stadtpolizei Zürich bestätigt, dass gegen B. F. interne Abklärungen wegen mutmasslicher sexueller Belästigung getätigt wurden. Den Ausgang dieser Abklärungen nennt sie nicht, aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes. Nur so viel: Die Abklärungen hatten keine strafrechtlichen Konsequenzen. Wie mehrere Quellen berichten, soll B. F. aufgrund der Vorfälle in Zürich freigestellt worden sein.
Die Stadt Bülach hingegen bestreitet sowohl die externe Untersuchung als auch das Wissen um die Untersuchung in Zürich. Man habe lediglich bei B. F.s Referenzen nachgefragt, was an «den Gerüchten» dran sei.
Ehemaliger Polizeichef soll federführend sein
Was Ende September 2024 nun zum endgültigen Bruch zwischen B. F.* und der Stadt geführt hat, ist unklar. Die Stadt beteuert weiterhin, dass alles in bester Ordnung sei.
Federführend hinter dem Ganzen dürfte jedoch Abteilungsleiter Roland Engeler sein. Seit der Berichterstattung im April 2023 hat er einen Teil der operativen Führung übernommen, bis ein neuer Kommandant ernannt ist, wird er als Chef fungieren. Sein Umgang mit Kritikern löste schon öfter Missfallen aus. Engeler war bis 2015 selbst Kommandant in Bülach. Er war es auch, der den jetzigen Kommandanten 2015 ins Amt gehievt hatte – ohne Ausschreibung, was damals viele vor den Kopf stiess.
106’000 Franken Kosten für Steuerzahler
Die Suche nach einem neuen Kommandanten hat bereits begonnen, ein entsprechendes Jobinserat ist seit Oktober online. Insgesamt sind bei der Stapo Bülach wieder 250 Stellenprozente offen.
Der scheidende Kommandant führt derweil mit Unterstützung der Stadt weiterhin ein Verfahren gegen die eigenen Leute wegen mutmasslicher Amtsgeheimnisverletzung, die Anwaltskosten belaufen sich auf 25’000 Franken. Insgesamt hat die Bülacher Polizeiaffäre die Steuerzahlenden bisher 106’000 Franken gekostet.
* Name geändert
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