Kaltblütig richtete Günther Tschanun (†73) 1986 als Chef der Zürcher Baupolizei vier seiner Mitarbeiter hin – einen fünften verletzte er schwer. Wegen «guter Führung» wurde er im Jahr 2000 vorzeitig in die Freiheit entlassen. Mittlerweile ist der Vierfachmörder seit sechs Jahren tot, wie diese Woche bekannt wurde. Gestorben bei einem Velounfall im Tessin, wo er bis zuletzt unerkannt lebte.
Dass er seine letzten 15 Jahre unbehelligt als Rentner im Süden verbringen konnte, verdankt der Ex-Chef-Beamte besonders einer Person: seiner Bewährungshelferin. Sie kümmerte sich um Tschanun, versorgte ihn mit einer IV-Rente und beschützte ihn mit einem neuen Namen vor neugierigen Nachfragen.
Wie Blick-Recherchen nun zeigen, handelt es sich bei der Beamtin um Vreni L.* (66). Sie hat die Arbeit im Zürcher Strafvollzug vor einiger Zeit an den Nagel gehängt.
L. ist nicht nur Vertrauensperson für den Vierfachmörder – sie setzt sich auch dafür ein, dass der Name Günther Tschanun für immer aus dessen Pass verschwindet. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, jammert der Killer nämlich bei seiner Bewährungshelferin über die Last und das Leben mit dem berühmt-berüchtigten Namen.
Wohlfühl-Programm für den Vierfachmörder
Vreni L. überlegt sich für ihren Schützling, wie es weitergehen soll, und notiert in den Akten: «Umschulung, Eingliederung in die IV? Deutschschweiz?» Im Herbst 2000 lassen sich die Behörden endlich erweichen. Der prominente Straftäter kriegt eine neue Identität.
Das nächste Problem folgt schon wenige Wochen nach der Haftentlassung: Tschanun ist quasi mittellos, hat nicht viel an Erspartem. Auch seine erste Bleibe nach der Haft, das Kloster Convento dei Cappuccini in Lugano TI wird ihm nicht mehr gerecht, vermerkt die Bewährungshelferin: «Langsam wird ihm bewusst, dass er eine eigene Wohnung brauchen wird.» Sein Geld reiche dazu jedoch nicht.
IV-Rente über Umwege
Vreni L. kämpft sich durch die Instanzen und organisiert Tschanun, der mittlerweile Claudio Trentinaglia heisst, eine IV-Rente mit Ergänzungsleistung von 2500 Franken. Ausgezahlt über Appenzell Ausserrhoden, um seine neue Identität zu wahren. Auch dank diesem Kniff kann er in Ronco s. Ascona TI eine Wohnung beziehen.
2008 passiert dann das Horror-Szenario für den Ex-Architekten. Ein Regisseur plant die Verfilmung von Tschanuns Morden. Der Killer ist ausser sich, betrachtet das Projekt als Angriff.
Selbst Fluchtpläne wurden ausgearbeitet
Doch seine Bewährungshelferin ist einmal mehr rechtzeitig zur Stelle, orchestriert gar einen Fluchtplan. Der Rentner sollte (falls die Presse plötzlich vor der Türe stehen würde) durch die Garage abhauen und dann nach Como (I) fliehen. Dafür schickt sie ihm sogar 500 Franken, die er jedoch beleidigt ablehnt – und zurückschickt.
Warum Vreni L. sich derart für den Vierfachmörder eingesetzt hat, wird aus den Akten nicht ersichtlich.
* Name geändert
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