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33 Jahre nach Amoklauf
Tschanuns Witwe entschuldigte sich bei Walter Beller

Nach 33 Jahren Funkstille meldete sich die damalige Frau von Günther Tschanun bei dem Zürcher Baulöwen Walter Beller. Ein Gespräch, von dem nur Blick weiss, da sie auf Anonymität bestand.
Publiziert: 15.04.2021 um 15:32 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2021 um 15:37 Uhr
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Der Zürcher Baulöwe Walter Beller überlebte das Massaker von Günter Tschanun nur knapp.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG
Flavia Schlittler

Sieben Monate bevor der Zürcher Baulöwe Walter Beller (†71) am 19. Mai 2020 verstarb, bekam er einen mysteriösen Anruf. «Es war eine weibliche Stimme am Telefon. Sie stellte sich mir als die Ex-Frau von Günther Tschanun vor. Sie wolle mich für ein Gespräch treffen.» Er habe ihr vorgeschlagen, dass sie sich in der Lounge des Zürcher Nobelhotels Baur au Lac treffen.

Dieser Anruf hat ihn sehr beschäftigt. Beller erlebte Tschanuns Blutbad vom 16. April 1986 hautnah mit. Er war zu dem Zeitpunkt zu einer Besprechung im Zürcher Bauamt, sass dem Kreis-Architekten gegenüber, als Tschanun diesem in den Kopf schoss. Die Waffe richtete er auch auf Beller, liess ihn aber am Leben. «Trotz meinem Schock und Trauma sagte ich 33 Jahre nach dem Massaker dem Treffen zu», so Beller.

Beller hatte Angst, alleine zu gehen

Beller, der sich im Blick immer wieder mitteilte, hatte ein mulmiges Gefühl, sie alleine zu treffen. Den schlimmsten Tag in seinem Leben hatte er verdrängt, Erinnerungen daran liess er öffentlich nur einmal zu – als er im SonntagsBlick über das Blutbad sprach.

«Ich fragte sie vor dem Treffen, ob Blick mitkommen kann», so Beller, der froh gewesen wäre, nicht alleine zum Treffen gehen zu müssen. Doch Tschanuns Ex-Frau wollte absolute Anonymität, nicht einmal seine Gattin Irina (48) durfte dabei sein. Es sollte ein Gespräch nur zwischen ihr und ihm sein.

Die Bitte um Verzeihung

Danach erzählte er: «Sie bat mich um Verzeihung. Für die grausame Tat, die ihr damaliger Mann begangen hatte. Für all das Leid und den Schaden, die er so vielen Menschen zugefügt hat.» Ihn habe diese späte Entschuldigung sehr berührt, doch er fand, man müsse das Vergangene hinter sich lassen. «Ich habe ihr gesagt: Ist schon gut.» Nach einer Stunde hätten sie sich verabschiedet. Bis zu Bellers Tod hatten sie keinen Kontakt mehr.

Wortkarg hat ihn auch Irina Beller im Nachgang des Gesprächs erlebt. «Walter sagte mir lediglich, vor ihm sei eine alte Frau gesessen. Sie sei sehr unscheinbar gewesen, habe eingeschüchtert gewirkt», erinnert sich die Witwe. Auch wenn er gerührt gewesen sei, dass sie ihn um Verzeihung gebeten habe – für ihn sei die Tschanun-Geschichte schon lange ‹abgehakt› gewesen.

Nur: An diesem Abend und den folgenden Tagen sei ihr Ehemann ungewöhnlich still und immer wieder betrübt gewesen.

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