Die Liste an Kritik der Chefärztinnen und Chefärzte des Insel-Spitals in Bern ist lang. Ihr erster Punkt: Das Universitätsspital befände sich zunehmend in einer schwierigen Lage, die Zukunft des Spitals sei «ernsthaft gefährdet». Zweiter Punkt: Die Leitung des Universitätsspitals, die medizinische Fakultät sowie die Ärzteschaft würden immer mehr auseinanderdriften. Und zuletzt: Die Ärzteschaft sei zu wenig in die Entscheidungsfindung eingebunden, wie die «Berner Zeitung» berichtet.
Der Brief ist an die Leitung des Spitals gerichtet, spezifisch an den CEO der Insel-Gruppe, Uwe Jocham, an Verwaltungsratspräsident Bernhard Pulver und an den Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni, Claudio Bassetti. Der Verein fordert einen stimmberechtigten Vertreter aus der Ärzteschaft in der Spitaldirektion, im Verwaltungsrat und in der Fakultätsleitung. Die Insel-Gruppe schreibt auf Anfrage der «Berner Zeitung», dass sie den Brief erhalten haben und die aufgeführten Punkte studieren werde. Die Leitung erklärt sich die zunehmende Unzufriedenheit mit dem Umstand, dass nach jahrelanger Steigerung das Forschungsbudget dieses Jahr kleiner ausfällt.
Leitung ist «Mobbingkultur» nicht bekannt
Schon vor zwei Wochen hatte das Spital einen Rekordverlust von 113 Millionen Franken für das Jahr 2023 verzeichnet. Immer mehr Vorwürfe einer «Mobbingkutur» wurden von den Ärztinnen und Ärzten laut, wie Radio SRF berichtete. «Äussert man Kritik, muss man mit Nachteilen rechnen», erklärte der Hämatologe Nicolas Bonadies. Feedbackkultur auf Augenhöhe gäbe es nicht.
Solche Anschuldigungen wollte die Insel-Gruppe nicht auf sich sitzenlassen. So rechtfertigten sie sich umgehend gegenüber SRF: In letzter Zeit habe es viele Herausforderungen gegeben. «Die Folge davon: Viele Themen konnten wir jeweils mit der Ärzteschaft nicht ausreichend klären.» In einer Mail des medizinischen Direktors wies dieser jegliche Vorwürfe zurück. Die angebliche «Mobbingkultur» schädige den Ruf des Spitals und verunsichere Kunden. «Uns ist in der Insel-Gruppe keine ‹Mobbingkultur› bekannt.» Doch auch ehemalige Mitarbeiter und Starchirurgen wie Thierry Carrel bestätigen gegenüber SRF, dass ihnen dieses Mobbing durchaus nicht fremd sei.
Nicht das einzige Spital
Das Universitätsspital Bern ist nicht das Einzige mit Problemen. Vielen Spitälern in der Schweiz fehlt es an allen Ecken und Enden. Bereits das Spital in Freiburg schlug zu Beginn des Jahres Alarm. Dies aufgrund von roten Zahlen, die sich partout nicht bessern wollten, trotz eingeleiteten Massnahmen der Leitung. Das Universitätsspital Basel hat mit Personalmangel zu kämpfen. Und auch das Spital Einsiedeln sorgte Ende 2023 für Schlagzeilen — wegen Fachkräftemangels und prekären Zuständen. (mgf)