Spital Zweisimmen
Kanton Bern zahlt privater Gruppe Millionen für marodes Spital

Die Klinikgruppe Medaxo will das Spital Zweisimmen übernehmen. Die Berner Regierung sichert ihr grosse finanzielle Unterstützung zu und will die bisherige Betreiberin ausschalten.
Publiziert: 24.03.2024 um 00:13 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2024 um 10:51 Uhr
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Das Spital in Zweisimmen muss bald erneuert werden.
Foto: Keystone
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Andreas SchmidInlandredaktor

Wie aus dem Nichts trat plötzlich eine neue Interessentin an die Öffentlichkeit: Die Medaxo AG, die in Thun eine Privatklinik betreibt, unterbreitete ein Angebot für den Betrieb des Spitals in Zweisimmen – das seit jeher von der Spital Simmental-Thun-Saanenland (STS) AG geführt wird. Sie versorgt das Berner Oberland auch mit einer Klinik in Thun medizinisch.

Die Berner Regierung gab bekannt, dass sie das Projekt der Medaxo gegenüber den Plänen der STS bevorzugt. Und nicht nur das: Die Gesundheitsdirektion von Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP) will der Medaxo für die Übernahme des Spitals in Zweisimmen auch beträchtliche finanzielle Hilfe aus der Kantonskasse zur Verfügung stellen. So steht es im Entwurf des Vorschlags der Gesundheitsdirektion an die Gesamtregierung.

Blick liegt das Dokument vor. Es zeigt, dass die Medaxo ab 2025 jährlich bis zu 3 Millionen Franken zur Deckung des Defizits erhalten soll, zudem ein kantonales Darlehen von 10,5 Millionen zur Sicherung der Liquidität sowie eine Bürgschaft von 20 Millionen für einen geplanten Neubau.

Erfolglose Finanzierungsanträge

Wenn es nach der Berner Regierung geht, hat die jetzige Betreiberin STS in der Übergangsphase fünf Millionen an Betriebskosten zu tragen. Aus dem Umfeld der STS wird von Ärger über diese Pläne berichtet: Die Gesellschaft habe pro Jahr zwischen zwei und fünf Millionen Franken nach Zweisimmen «geschaufelt» , um die Defizite zu decken – Finanzierungsanträge an den Kanton seien erfolglos geblieben.

Die STS habe nie Gelegenheit gehabt, das Spital in Zweisimmen zu Konditionen zu führen, wie sie jetzt dem Konkurrenz-Unternehmen offeriert würden; der Kanton habe sich nie so spendabel gezeigt wie jetzt gegenüber der Medaxo. Wegen des Fachkräftemangels und der knappen Einnahmen halte man es nicht für aussichtsreich, künftig mehr als ein ambulantes Zentrum aufrechtzuerhalten.

Ob sich die STS freiwillig der Vorgabe fügen und das Spital in Zweisimmen für einen Franken an die Medaxo abtreten wird, bleibt offen. Der Verwaltungsrat werde an seiner Sitzung in der kommenden Woche die Absicht der Berner Regierung analysieren und das weitere Vorgehen beraten, sagt STS-Sprecherin Mirjam Huber. Bis dahin nehme man zum Sachverhalt nicht Stellung.

Aber wie konnte es überhaupt so weit kommen? Als eine von sechs Gemeinden der Region im November 2023 eine Kostenbeteiligung am geplanten Gesundheitsnetz mit Akutspital ablehnte – es fehlte eine einzige Stimme – muss der Spital-Betrieb in Zweisimmen neu geregelt werden.

Nun soll also die private Medaxo in Zweisimmen übernehmen, die wenige Kilometer entfernt in Thun eine Privatklinik führt und damit in direkter Konkurrenz zum öffentlichen Spital steht. Man sei von der Medaxo kontaktiert worden und habe gesehen, dass deren Projekt realisierbar sei, sagt Gundekar Giebel, Sprecher von Gesundheitsdirektor Schnegg. Es sei vorgesehen, dass die private Gesellschaft mit Millionen vom Kanton unterstützt werde. Die Medaxo sei wie die anderen Anbieter berechtigt, Leistungen zu beantragen.

Privatklinik schweigt zu öffentlichen Geldern

Medaxo-CEO Thomas Mattmann weist darauf hin, dass seine Gesellschaft in der Übernahme des Spitals in Zweisimmen sinnvolle Synergien mit der bestehenden Privatklinik in Thun und den Arztpraxen sehe. Dass der Kanton der Medaxo Millionen an Unterstützung für Betrieb, Darlehen und Bürgschaft für einen Neubau in Aussicht stellt, möchte Mattmann nicht kommentieren: «Zu Zahlen äussern wir uns nicht.» Das Projekt orientiere sich an der Vorlage zur gesundheitlichen Versorgung der Region, die letztes Jahr zur Abstimmung gelangt sei.

Es liegt in der Kompetenz des Regierungsrats als Eigentümer und Alleinaktionär der Spitäler in Thun und Zweisimmen, dass der Kanton der STS die Übertragung an die Konkurrentin Medaxo auferlegt. Der Grosse Rat, das Kantonsparlament, hat dabei nichts mitzureden.

Während die Insel-Gruppe in Bern und Münsingen zwei Spitäler schliessen musste, investiert der Kanton nun grosse Summen in Zweisimmen. Hatte Gesundheitsdirektor Schnegg noch 2019 erklärt, es liege nicht am Kanton, Spitäler in finanzieller Not zu unterstützen, stellt die Regierung nun bis 2028 maximal 100 Millionen Franken zur Verfügung, um Spitäler und psychiatrische Kliniken vor drohender Zahlungsunfähigkeit zu bewahren.

Bereits in der Vorlage für das Spital Zweisimmen – hier sind Millionen eingerechnet – zeigt sich diese neue Grosszügigkeit.

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