Schweizer Spitäler haben finanziell schwer zu leiden. «Die aktuellen Tarife sind nicht kostendeckend», sagte Anne-Geneviève Bütikofer (51), Direktorin des Spitalverbandes H+, diese Woche im Blick. Die Folge: Viele Kliniken schreiben Verluste, einige müssen sogar Stellen abbauen.
Auf der Ausgabenseite sind die stark wachsenden Lohnkosten ein grosses Problem. Zahlen des Bundesamts für Gesundheit zeigen: Von 2012 bis 2021 ist der Personalaufwand der Spitäler um ein Drittel angestiegen, von 15,7 auf 20,7 Milliarden Franken.
Die zusätzlichen Mittel werden aber längst nicht nur für mehr Ärztinnen, Pfleger und Physiotherapeuten aufgewendet, wie eine Analyse von Blick zeigt. Die Jahresberichte der einzelnen Spitäler machen vielmehr deutlich, dass auch Mehrausgaben für das Verwaltungspersonal stark ins Gewicht fallen. Gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 hat der Lohnaufwand für die Administration bei vielen grossen Gesundheitsversorgern überproportional zugenommen.
Beim Kantonsspital St. Gallen beispielsweise wuchs der Personalaufwand zwischen 2019 und 2022 insgesamt um 7,6 Prozent. Die Gehaltskosten des Verwaltungspersonals stiegen um 29 Prozent. Die Administration verzeichnete damit auch in absoluten Zahlen einen grösseren Kostenzuwachs als die Ärzteschaft und das Pflegepersonal.
Ein Sprecher erklärt die Zunahme «zu einem grossen Teil» mit «strukturellen Grossprojekten» wie der Einführung eines neues Klinikinformationssystems in allen vier Spitalverbunden des Kantons St. Gallen. «Dies führte zu einem vorübergehenden projektbezogenen Mehraufwand, unter anderem im Bereich der Informatik sowie in der Personal- und Unternehmensentwicklung.»
12,7 Prozent mehr Lohnkosten für Administration als 2019
Aus Bern tönt es ähnlich. Der Zuwachs in der Verwaltung erkläre sich hauptsächlich durch «erhöhten Personalbedarf aufgrund mehrjähriger Grossprojekte wie zum Beispiel der Einführung des neuen Klinikinformations- und Steuerungssystems im März 2024», sagt ein Sprecher der Insel Gruppe.
Bei den Bernern schlugen die Lohnkosten für die Administration 2022 mit 157,7 Millionen Franken zu Buche – 12,7 Prozent mehr als 2019. Zum Vergleich: Der Personalaufwand für das Pflegepersonal erhöhte sich im gleichen Zeitraum um lediglich 3,7 Prozent.
Beim Universitätsspital Zürich (USZ) stieg der Aufwand für die Administration zuletzt ebenfalls überdurchschnittlich. Auch dies wird mit Umstrukturierungen begründet: «Das USZ befindet sich – wie verschiedene andere grosse Spitäler – in einer Phase der Gesamterneuerung», sagt ein Sprecher.
Davon betroffen sei nicht nur die bauliche Infrastruktur, die seit den 70er-Jahren nicht mehr gross angepasst worden sei, sondern auch die Notwendigkeit von Investitionen in die Digitalisierung. «Damit verbunden ist der Aufbau von Projektteams, um die grossen Vorhaben planen und umsetzen zu können.»
Zusätzlich nennt das USZ die «administrativen und gesetzlichen Auflagen» als Grund für den Ausbau der Administration. Ein Argument, das auch H+-Direktorin Bütikofer vorbringt: «Das Gesundheitswesen und im Speziellen die Spital- und Klinikenbranche sind ein stark regulierter Bereich.»
«Diese zusätzlichen Aufgaben werden finanziell aber nicht abgegolten»
Spitäler und Kliniken müssten nicht nur nationale Anforderungen und Gesetzgebungen wie zum Beispiel die Einführung des elektronischen Patientendossiers erfüllen, sondern auch kantonale.
«Die Zusammenhänge sind hochkomplex und erfordern ein fundiertes Fachwissen», sagt Bütikofer. Das führe zu einem grösseren Personalaufwand. «Diese zusätzlichen Aufgaben werden finanziell aber nicht abgegolten, was die Situation der Spitäler weiter erschwert.»
Laut Bütikofer unternehmen die Spitäler «grosse Anstrengungen», um die eigene Verwaltung so effizient wie möglich zu gestalten. «Doch auch dafür sind zunächst namhafte Investitionen, insbesondere in die IT-Infrastruktur, notwendig.»
Bis sich diese Investitionen auszahlten, würden Jahre vergehen, in welchen die Spitäler von ihrer Substanz zehren müssten.