«Parkiert nicht auf diesem Parkplatz in Lyssach BE»
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Betroffener warnt Blick-Leser:«Parkiert nicht auf diesem Parkplatz in Lyssach BE»

Dieser Autofahrer wehrt sich gegen den fiesesten Parkplatz der Schweiz
«Ich lasse mich nicht so einfach abzocken»

Zehn Minuten parkierte S. I. auf dem Park-and-ride-Parkplatz in Lyssach BE und soll dafür nun über 300 Franken zahlen. Der Betreiber findet seine Forderung gerechtfertigt, droht mit einer Anzeige. Doch laut einem Experten hat I. gute Chancen, ungeschoren davonzukommen.
Publiziert: 16.07.2024 um 01:30 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 09:20 Uhr
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Über ein Dutzend verschiedener Parkplätze gibt es in der Lyssacher Einkaufsmeile. Viele davon teilen sich eine Einfahrt und sind nur durch einen Fussgängerweg oder eine Durchfahrt vom nächsten getrennt – so auch der Park-and-ride (rot). Einige Parkplätze sind für Kunden gratis, andere nicht.
Foto: Screenshit Google Maps
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Gina KrücklReporterin

Blick-Leser S. I.* (39) aus dem Kanton Luzern wollte im Januar 2023 mit dem Auto ein Geschäft in Lyssach BE besuchen. Er folgte der Beschilderung zum zugehörigen Parkplatz. «Offensichtlich bin ich falsch abgebogen», erzählt er. Statt auf dem Gratisparkplatz des Geschäfts landete er auf einem gebührenpflichtigen Platz, was er jedoch nicht bemerkte. «Es gab keine Schranke, und ich habe keine Automaten oder Schilder gesehen.» Da das Geschäft bereits geschlossen war, verliess I. den Park-and-ride-Parkplatz bereits nach zehn Minuten wieder.

Dennoch erhielt I. kurz darauf per Post eine Rechnung über 52 Franken inklusive Androhung einer Anzeige. «Der Brief schien mir dubios, daher habe ich nicht gezahlt.» Eineinhalb Jahre lang passiert nichts, dann flatterte vergangene Woche plötzlich eine weitere Rechnung in seinen Briefkasten. Sechsmal höher und wieder mit Drohung: «Falls Sie den Betrag von 302.68 Franken fristgerecht bezahlen, ist die Angelegenheit für uns (…) erledigt und wir werden ebenfalls keine Anzeige gegen Sie einreichen.»

Spätestens jetzt würden wohl die meisten aus Angst die Rechnung zahlen. I. tut das aus Prinzip nicht. «Ich lasse mich nicht so einfach abzocken», sagt er. «Jeder Betroffene sollte sich dagegen wehren.»

1,1 von 5 Sternen

Das Erlebnis von S. I. ist kein Einzelfall. Der Park-and-ride-Parkplatz direkt an der Einkaufsmeile in Lyssach BE sorgt reihenweise für Gerichtsfälle. Auf Google hat der Parkplatz über 100 Bewertungen angehäuft – mit durchschnittlich 1,1 von 5 Sternen. In vielen Kommentaren stehen Worte wie «Abzocke», «Sauerei» oder «absolut kriminell». Der Vorwurf: Kunden der umliegenden Geschäfte werden auf den Parkplatz gelockt und erhalten anschliessend hohe Rechnungen – unter Androhung von Betreibung und Strafanzeige.

Im vergangenen Jahr kritisierten mehrere Gerichte das Geschäftsmodell des Park-and-rides und ähnlichen Parkplätzen. Das Fazit: Ein richterliches Parkverbot soll Unbefugte von Privat-Parkplätzen fernhalten, damit beispielsweise Mietende, Besuchende oder Kunden die Plätze nutzen können. Dagegen ist das Verbot nicht dazu gedacht, dass Betreiber von gebührenpflichtigen Parkplätzen damit Druck machen, um Parkgebühren einzutreiben.

Versteckte Sensoren statt Schranke

An der Lyssacher Einkaufsmeile gibt es über ein Dutzend verschiedene Parkplätze. Viele davon teilen sich eine Einfahrt und sind nur von einem Fussgängerweg oder einer Durchfahrt voneinander getrennt. Einige Parkplätze sind für Kunden gratis, andere nicht.

Bei vielen der gebührenpflichtigen Parkplätze muss der Kunde eine Schranke durchfahren. Die Ausnahme bildet der Park-and-ride. Statt einer Schranke investierte der Betreiber in Bodensensoren, die in jedes einzelne der knapp 120 Parkfelder eingebettet sind. Diese schlagen nach genau acht Minuten ohne Gebührenzahlung Alarm. Dann steigt ein Angestellter aus einem Container, fotografiert das Fahrzeug und klemmt eine Rechnung an die Windschutzscheibe.

Betreiber will Gerichts-Urteil nicht akzeptieren

Der Lyssacher Parkplatz-Betreiber sieht sich im Recht. Eines der Urteile gegen seine Firma zog er weiter ans Berner Obergericht. Wann es zur Verhandlung kommt, ist noch nicht bekannt. Auf Anfrage von Blick sagt er, dass er den Fall bei einer weiteren Niederlage ans Bundesgericht bringen wolle. 

Zudem weist der Betreiber den Vorwurf, dass sein gebührenpflichtiger Parkplatz nicht genügend gekennzeichnet sei, von sich. «Wir haben zwei Park-Automaten, mehrere Verbots- und Hinweisschilder sowie gelbe, nummerierte Parkfelder.»

Tatsächlich finden sich vor Ort alle vom Betreiber beschriebenen Merkmale. So wurden die Parkfelder seit Blicks letztem Besuch im Mai 2023 gelb eingezeichnet. Allerdings ist fraglich, wie viele Autofahrer wissen, dass das für «private Nutzung» steht. Zumal die Situation rundherum unübersichtlich ist, gerade wenn man im Kopf bereits die Einkaufsliste durchgeht.

Beobachter-Jurist rät Betroffenen zu Anzeige

Wenn das Parkieren auf einem Areal wegen eines richterlichen Parkverbots grundsätzlich verboten ist, sollte man laut Daniel Leiser (53), Jurist vom Beobachter-Beratungszentrum, die sogenannte Umtriebsentschädigung zahlen. Damit bezahlt man quasi den Aufwand der geschädigten Person. Dagegen darf gemäss Bundesgericht bei Rechnungen wegen unbezahlten Parkgebühren keine Umtriebsentschädigung verlangt werden.

Bei einem Parkplatz wie dem «Park & Ride Lyssach» rät Leiser Betroffenen, eine Strafanzeige wegen Nötigung einzureichen. «Wenn jemand die Unwissenheit von Automobilisten ausnützt, um diese abzuzocken, sollte man sich dagegen wehren. In der Hoffnung, dass irgendwann die Politik oder das Bundesgericht solchen Machenschaften einen Riegel vorschiebt.»

* Name bekannt 

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